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20 Jahre PUSH und die Frage nach dem politischen Engagement der Wissenschaft – das Jahr 2019 in der Wissenschaftskommunikation

19. Dezember 2019

  • Erstellt von Markus Weißkopf und Rebecca Winkels
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Bei der PUSH-Jubiläumsveranstaltung auf dem #fwk19 blicken WiD-Geschäftsführer Markus Weißkopf und Dr. Ekkehard Winter, Geschäftsführer der Deutschen Telekom Stiftung zurück auf große und kleine Meilensteine der Wissenschaftskommunikation. Foto: WiD

Das Jahr 2019 war ein ereignisreiches Jahr für die Wissenschaftskommunikation in Deutschland. Vielleicht am Ende sogar ein wegweisendes: WiD-Geschäftsführer Markus Weißkopf und die Projektleiterin von wissenschaftskommunikation.de, Rebecca Winkels, im Gespräch über ihre Wisskomm-Höhepunkte.

Markus: Der Januar ist ja fast immer ein bewegter Monat in der Wissenschaftskommunikation, allein schon, weil mit dem Jahreswechsel auch das neue Wissenschaftsjahr beginnt – im Jahr 2019 zum Thema Künstliche Intelligenz. Ein vor allem auch aus kommunikatorischer Sicht sehr spannendes Thema, wie sich im weiteren Verlauf des Jahres immer wieder gezeigt hat. Nicht zuletzt durch die Verleihung des Communicator Preises an Katharina Zweig.

Außerdem wurde im Januar 2019 auch das Siggener Papier veröffentlicht. Ein Papier, das aus meiner Sicht leider nicht in seiner inhaltlichen Tiefe diskutiert wurde, sondern eher eine definitorische Debatte über den Begriff Wissenschaftskommunikation nach sich zog. Dabei enthielt das Papier zwei Themen, die viel mehr Beachtung verdient hätten und auch im späteren Verlauf des Jahres noch zu Debatten geführt haben. Erstens ging es darum, dass Wissenschaftskommunikation Chefsache werden soll und zweitens darum, inwieweit sich Wissenschaft in politische Diskussionen einbringen sollte. 

Rebecca: Das ist sicherlich eine der großen Debatten des Jahres gewesen. Angestoßen vor allem durch das Statement der Scientists for Future im März. Damit hat diese Diskussion ordentlich an Fahrt gewonnen und sich eigentlich bis zum Jahresende durchgezogen. Gleiches gilt für zwei andere Themen, die ich eher unter “negative” Höhepunkte einordnen würde, nämlich die Feinstaubdebatte und der Bluttestskandal. Wie siehst du diese beiden Ereignisse im Bezug auf ihre Auswirkungen für die Wissenschaftskommunikation?

Markus: Das sind zwei Beispiele, die zeigen, wie schnell etwas schief laufen kann und zwar auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Bei der Feinstaubdebatte haben Wissenschaft und WIssenschaftskommunikation es über Tage und Wochen versäumt, einem unwissenschaftlichen Statement einiger Lungenärzte entgegen zu treten. Beim Bluttestskandal wurde – ohne dass ein wirklich ausgereiftes Ergebnis vorlag – eine große PR-Kampagne aufgezogen, um einen Bluttest gegen Brustkrebs zu vermarkten. Dahinter standen wohl auch größere wirtschaftliche Interessen.

Immerhin scheinen die Presseverantwortlichen vor Ort vor einer Veröffentlichung in dieser Form gewarnt zu haben. Gebracht hat es nichts. Die Beispiele zeigen uns zwei Dinge: Die Umsetzung der Leitlinien zur guten Wissenschafts-PR in den Institutionen ist auf allen Ebenen notwendig. Und: Sobald wirtschaftliche Interessen ins Spiel kommen, steigt das Risiko von Übertreibungen und Falschdarstellungen.

Rebecca: Neben diesen Debatten haben für mich vor allem das PUSH Jubiläum und einige politische Stellungnahmen zum Thema Wissenschaftskommunikation 2019 geprägt. Dabei denke ich – gerade jetzt so kurz nach der Veröffentlichung - vor allem an das BMBF-Grundsatzpapier aus dem November. Bereits im Frühjahr gab es zu diesem Thema eine Anfrage der Grünen an die Bundesregierung , die ich sehr spannend fand. Überhaupt ist es sicherlich ein positives Signal für die Wissenschaftskommunikation, dass sie derzeit so weit oben auf der Agenda steht. 20 Jahre nach PUSH wird so viel über Wissenschaftskommunikation und die Zukunft der Branche diskutiert wie selten zuvor – und zwar endlich nicht mehr nur in der Branche selbst. Während das PUSH Memorandum und die Stellungnahme zur Anfrage der Grünen zwar kommentiert wurden, hat das Grundsatzpapier die Gemüter sehr viel stärker erhitzt und uns einen heißen Wisskomm-Winter beschert. Auch beim Forum Wissenschaftskommunikation war die Debatte darüber sehr präsent, obwohl der Fokus des Forums ja auf Kunst und Wissenschaft lag.

Markus: Ja, wobei es hier vor allem interessant war zu sehen, wer gegenüber dem Grundsatzpapier Kritik übte und wer eher nicht. Die Wissenschaftskommunikationsbranche hat eher positiv kommentiert und auf mögliche Knackpunkte hingewiesen, die es zu beachten gilt. Die Wissenschaft selbst äußerte sich etwas zurückhaltender, aber tendenziell auch positiv. Negativ sehen das Papier die Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten. Sicherlich auch, da sie ihrem Empfinden nach nur am Rande Erwähnung finden. Die Diskussion, ob und wie der Wissenschaftsjournalismus gerettet werden kann, wird, denke ich, die kommenden Jahre prägen. Dass er wichtig ist und gestärkt werden muss, steht dabei außer Frage. Ob dieses Thema in einem Grundsatzpapier des BMBF stärker auftauchen sollte, sei einmal dahingestellt.

Rebecca: Ein paar Antworten in welche Richtung all diese Debatten gehen könnten liefern ja Erhebungen wie der Global Monitor des Wellcome Trusts, die Wissenschaftsbarometer der verschiedenen Länder (für Deutschland und die Schweiz) und auch das Technikradar. Für mich ist es hier besonders spannend zu sehen , dass die Leute offensichtlich an Forschung und Wissenschaft beteiligt sein wollen, sich dafür interessieren und auch ein relativ großes Vertrauen in die Wissenschaft und in Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben. Ebenfalls spannend fand ich die hohe Zustimmung dafür, dass Forschende aktiv werden sollen, wenn die Politik ihre Ergebnisse nicht einbezieht. Ein klares Statement für politisches Engagement.

Markus: Diese Debatte wird uns, denke ich, weiter begleiten, ebenso wie die, wie wir mit Krisen umgehen. Hier müssen alle Akteure der Wissenschaftskommunikation noch besser werden – und noch besser zusammenarbeiten. Generell ist die Qualität der Wissenschaftskommunikation aus meiner Sicht eines der großen Themen für die kommenden Jahre. Wir müssen dahin kommen, dass wir qualitativ hochwertige und an den Leitlinien orientierte Wissenschaftskommunikation betreiben und dass diese auch gefördert wird. Qualitativ hochwertige Kommunikation setzt allerdings voraus, dass wir noch genauer wissen, was eigentlich wie wirkt und wie wir das erfassen können – und hier setzen wir im nächsten Jahr mit der neuen „Plattform für Qualität und Wirkung" an. Das ist ein Meilenstein für WiD, und hoffentlich entwickelt sich daraus langfristig eine Ressource für die gesamte Wissenschaftskommunikation.


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