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Aus analog mach digital! Erfahrungen aus unseren Schulprojekten

11. August 2020

  • Erstellt von Ursula Resch-Esser
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  • B Wissenschaft im Dialog
Teilnehmer*innen der Präsentationsakademie vom Projekt Jugend präsentiert kommunizieren per Videokonferenz-Tool Array

Die Präsentationsakademie des Projektes Jugend präsentiert fand in diesem Jahr als digitale Veranstaltung statt. Foto: Jugend präsentiert

Die Corona-Krise stellt viele vor die Frage ob und wie analoge Veranstaltungen in die digitale Welt verlegt werden können. Betroffen waren auch zwei Schulprojekte bei Wissenschaft im Dialog.

„Der Wettbewerb lief schon, die besten Bewerbungen waren ausgesucht, die Einladungen zu den Länderfinalen verschickt – und dann kam Corona“, erinnert sich Friederike Gräßer, stellvertretende Projektleiterin bei Jugend Präsentiert. Das Projekt will Präsentationskompetenz im Bereich der Naturwissenschaften vermitteln; dazu gibt es auch einen Wettbewerb für Schüler*innen.

Den letzten Schliff für das große Finale in Berlin holen sich die Gewinner*innen der Vorrunden bei der Präsentationsakademie. Drei Tage, randvoll mit Präsentationstrainings, Wissenschaft, Rahmenprogramm und viel Spaß beim Austausch untereinander. In diesem Jahr stellte der Ausbruch von Corona all das in Frage. Das Team von Jugend präsentiert reagierte früh. „Wir wollten uns von der Pandemie nicht das weitere Vorgehen diktieren lassen sondern in unseren Entscheidungen unabhängig bleiben“, sagt Friederike Gräßer. 

Bei Make Your School, einem weiteren Jugendprojekt von Wissenschaft im Dialog, wurde spätestens bei Schließung der Schulen deutlich, dass die vom Projekt organisierten dreitägigen Hackdays in diesem Halbjahr nicht wie gewohnt vor Ort stattfinden konnten. „Wir mussten eine Alternative finden“, sagt Peppi Boesler, Projektmanagerin bei Make Your School. 

Beide Projekte beschlossen ihre Aktionen ins Digitale zu verlegen. So unterschiedlich die Projekte auch sind, haben sie dabei ähnliche Erfahrungen gemacht – und Chancen entdeckt, die sich bei analogen Veranstaltungen so wohl nicht ergeben hätten.

Veranstaltungen nicht eins zu eins ins Digitale übertragen

Von Anfang an war klar: Man kann eine Veranstaltung nicht eins zu eins ins Digitale übertragen – weder strukturell noch inhaltlich. „Wir haben die Länderfinale abgesagt und uns dafür entschieden bei der Präsentationsakademie das Thema Online-Präsentation in den Vordergrund zu stellen“, erklärt Gräßer. „Grundlegende Themen, wie etwa die rhetorische Situationsanalyse waren natürlich weiterhin Bestandteil der Trainings. Andere Inhalte mussten neu entwickelt und auf Online-Präsentationen zugeschnitten werden“. Viel Arbeit für die Kolleg*innen, aber auch ein Mehrwert für die rund 130 teilnehmenden Schüler*innen, die dieses Wissen in Zukunft sicher häufig nutzen können.

Neben dem Inhalt wurde auch der Ablauf der Präsentationsakademie neu konzipiert. Anstelle der zweieinhalbtägigen Veranstaltung vor Ort entstand ein zweiwöchiges Programm mit gemeinsamer Auftakt- und Abschlussveranstaltung, Präsenzveranstaltungen, Kleingruppenarbeit und Selbstlernphasen. Hinzu kam ein digitales Rahmenprogramm, um Austausch und Vernetzung zu ermöglichen und das Gemeinschaftsgefühl unter den Teilnehmer*innen zu stärken. Dazu gehörten Escape Games und das Gesellschaftsspiel "Die Werwölfe von Düsterwald", das unter den Teilnehmer*innen längst Kultstatus erlangt hat. „Die erste Runde wurde noch vom Projektbüro organisiert, aber schon bald trafen die Schüler*innen untereinander Verabredungen ganz ohne uns,“ erinnert sich Friederike Gräßer. Auch Vernetzen kann also im Digitalen funktionieren. 

Das Team von Make Your School konzipierte in einer Pilotphase Remote-Hackdays und testete diese zusammen mit drei Schulen. Ähnlich wie bei Jugend präsentiert gab es gemeinsame digitale Einheiten per Videokonferenz-Software für die jeweils rund 15 bis 30 Teilnehmer*innen, Gruppenarbeiten in Breakout Räumen und Phasen, bei denen jeder zu Hause für sich tüftelt. Mentor*innen, die normalerweise die Schüler*innen vor Ort unterstützen, taten dies nun in den Breakout Räumen. Statt drei Tage wurde nur zwei Tage getüftelt. Im Mittelpunkt stand nicht mehr die Frage, was allgemein im Schulalltag stört und geändert werden soll, sondern es rückten Corona-bedingte Themen in den Vordergrund.

Zur Gestaltung der Hackdays vor Ort erhalten die Schulen eine umfangreiche Ausstattung mit Materialien zum Programmieren, Basteln und Tüfteln. Für die Remote Hackdays schickte Make Your School für jede*n einzelnen Teilnehmer*in ein Paket. „Natürlich war das Materialset, viel kleiner als bei den live Veranstaltungen“, sagt Peppi Boesler. Dadurch waren die Möglichkeiten für die Hacks eingeschränkt. Doch das war nicht die einzige Auswirkung des geänderten Konzepts.

Laptop und Materialset für die Remote Hackdays von Make Your School.
Mit Laptop und Materialset konnten Schüler*innen an den Remote-Hackdays von Make Your School teilnehmen. Foto: Make Your School

„Vor Ort ist es oft so, dass sich die Schüler*innen in ihren Kompetenzen ergänzen. Die eine kann gut programmieren, der andere baut in der Zeit schon mal ein Gehäuse zusammen – jeder macht das, was er gut kann“, erläutert Peppi Boesler. Wenn jeder alleine arbeitet, muss er alles selbst machen. „Dann geht es nicht mehr so sehr darum, sich zu ergänzen, sondern viel mehr darum, sich gegenseitig zu helfen“. Und dann können auch die Schüler*innen, die Erfahrung machen, dass Programmieren gar nicht so schwer ist, die das sonst gar nicht erst versucht hätten. 

Anfänger*innen können in Ruhe ihre Fähigkeiten entwickeln

„Es war schön zu sehen, wie manche plötzlich Teile des Programmiercodes verstanden haben“ erinnert sich Boesler. Remote-Hackdays, so ihr Fazit, seien ein perfektes Format für Anfänger*innen auf diesem Gebiet. „Sie können in Ruhe ihre eigenen Fähigkeiten entwickeln und viel Neues lernen“. Nebenbei erlernen die Schüler*innen auch noch den Umgang mit digitalen Tools zur Kommunikation untereinander und mit den Mentor*innen - für die Schüler*innen eine weitere Möglichkeit, ihre digitalen Kompetenzen zu erweitern.

Gute technische Voraussetzungen waren sowohl bei Jugend präsentiert als auch bei Make Your School eine Grundvoraussetzung für das Gelingen der digitalen Veranstaltungen. Beide Projekte nutzen Video-Konferenz-Tools, die Beachtung von Datenschutzbestimmungen spielte dabei eine wichtige Rolle. Für Auftakt- und Abschlussveranstaltung wurde in den Räumen von Jugend präsentiert ein Studio eingerichtet. Die Teilnehmer*innen konnten über eine eigens aufgesetzte Lernplattform Informationen downloaden und Arbeitsblätter hochladen. Zusätzlich schaltete das Team eine Technikhotline und bot den Teilnehmer*innen vorab einen Technikcheck an. 

„Bei den Schüler*innen haben wir vor der Veranstaltung die technischen Voraussetzungen abgefragt. Diejenigen, die nicht gut ausgestattet waren, wurden unterstützt, etwa mit Webcams und Laptops“, erklärt Friederike Gräßer. „Das war uns wichtig, damit die Chancengleichheit beim Wettbewerb gewährleistet ist.“ Bei den Remote-Hackdays von Make Your School konnten Schüler*innen, die zu Hause nicht die erforderliche Ausstattung hatten, die Ressourcen in ihren Schulen nutzen

Digitale Formate haben auch ihre Grenzen

Natürlich haben digitale Formate auch ihre Grenzen. „Der persönliche Austausch hat funktioniert, aber vor Ort doch eine andere Qualität. Die Kommunikation ist schwieriger und vor Ort ist man anpassungsfähiger und kann besser reagieren“, fasst Gräßer zusammen. Aber es gibt auch Vorteile. So sei etwa für Auslandsschulen die Teilnahme am digitalen Wettbewerb wesentlich einfacher möglich und neue Themen, wie die digitale Präsentation, in den Fokus gerückt.

Der Gang ins Digitale hat sich gelohnt. „Von Eltern und Lehrern kamen durchweg positive Reaktionen, dass wir so schnell etwas auf die Beine gestellt haben und dass die Schüler*innen einen Mehrwert haben“, fasst Friederike Gräßer zusammen. Auch bei Make Your School waren die Lehrer*innen begeistert über das Format und eine weitere Möglichkeit, digitale Schule zu gestalten.

Und die Schüler*innen? „Bis auf wenige Ausnahmen sind alle dabeigeblieben, sie haben die digitalen Veranstaltungen besucht und auch die Aufgaben gemacht“, sagt Friederike Gräßer. Ähnlich sieht das Peppi Boesler von Make Your School. Niemand habe sich einfach verdrückt, etwa mit der Ausrede „mein Internet geht nicht“. Den Erfolg der Remote-Hackdays erkenne man auch an den Ergebnissen, zum Beispiel einem „Fieberthermometerhut“, der die aktuelle Temperatur seines Trägers auf einem bunt leuchtenden Bildschirm anzeigt oder einen „digitalen Freund“, der singen, reden und „nerven“ kann. Wichtig für den Erfolg war bei beiden Projekten, die Teilnehmer*innen immer wieder zum aktiven Mitmachen zu motivieren. Durch interaktive online-Angebote, aber auch analoge Aktionen zu Hause. Dazu bekamen auch die Teilnehmer*innen der Präsentationsakademie Post von ihrem Projektbüro: Neben Block und Stift enthielt es beispielsweise auch Fotosolarpapier, auf dem die Teilnehmer*innen das Thema des Finales „Zeit“ visualisieren und ihre Ergebnisse einreichen konnten.

Auf lange Sicht, da sind sich Boesler und Gräßer einig sind, soll wieder vor Ort präsentiert und gehackt werden. Doch es gibt auch Erfahrungen und Entwicklungen, die weiterhin genutzt werden. Video-Tutorials oder Module zum Thema digitale Präsentation etwa. Auch die Möglichkeit von digitalen Alumni-Treffen wird bei Jugend präsentiert diskutiert. „Veranstaltungen vor Ort werden, wenn möglich, Priorität haben“, fasst Peppi Boesler für Make Your School zusammen. „Die Pilotphase hat aber gezeigt, dass Hackdays auch im virtuellen Raum erfolgreich sein können. Sie könnten vielleicht sogar eine Möglichkeit bieten, mehr Schulen am Projekt zu beteiligen“.

Weitere Informationen:
Ticker zur ersten digitalen Präsentationsakademie von Jugend präsentiert
Remote-Hackdays – neue Zeiten, neue Formate (Blogbeitrag auf der Website von Make Your School)


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