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Bist du schon Zuhause angekommen?

16. Dezember 2019

  • Erstellt von Marie Niederleithinger und Annie Voigt
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Marie und Annie auf dem Heimweg: Zeit, über den letzten Forumstag zu reflektieren. Foto: Igor Shubin/Pixabay

Marie an Annie, 13:33, BlablaCar in Richtung München, 12.12.2019

Coucou, aus dem Blablacar gen Südosten. Ich erzähl dir jetzt von heute morgen und von Speculative Design. Du darfst es auch Design Fiction nennen. Fiktiven Zukünften wird dabei eine konkrete Form gegeben. Die Idee dahinter: die Leute früh ins Entstehen neuer Technologien einbeziehen. Da dann alles noch so offen ist, können Objekte der Vorstellungskraft helfen.

In unserer Gruppe kam die Frage auf, ob das Technologie sein muss, die es noch nicht gibt. Ich habe da das Beispiel von Emilia Tikka gebracht, die in der Residency von State Studio eine Arbeit zu Crispr geschaffen hat. Du erinnerst dich bestimmt. Die Technik gibt es – auch nicht erst seit letzter Woche – und trotzdem müssen wir noch erkunden, was wir damit als Gesellschaft anfangen wollen.

Lynn Harles hat die Ergebnisse spekulativen Designs deshalb als „Triggerobjekte" bezeichnet. Die können uns auch helfen, herauszufinden, welche Szenarien wir abstoßend finden.

Bei Fraunhofer gab es in der Kategorie wohl u.a. eine Mikrobiomkapsel, die unsere Erfahrungen aufnehmen soll. Wenn die unseren Verdauungstrakt fertig passiert hat, könnten wir unser Erlebtes einer Person ganz direkt weitergeben. Der Gedanke hinter dem Projekt: Wie können sich Menschen durch Technologie besser verstehen? Ich finde die Kapseln erstmal ziemlich cool!

Sind Kleidungen aus Algen die Zukunft? Foto: Marie Niederleithinger

Wir wollten als Gruppe phantasieren, wie wir CO2 verwerten könnten. Dabei kam unter anderem Kleidung aus Algen heraus. Ich hab mir dann vorgestellt, wie der leichte Frühlingsmantel zum Winter hin mitwächst. Das habe ich dir oben skizziert. :)

In der großen Runde empfand ich dann folgende Fragen als zentral: Wie akquiriert man für so eine Design-Session Leute? Was, wenn die entstehenden Szenarien total unrealistisch sind – und was, wenn ein Design abgelehnt wird?

Menschen im ländlichen Raum sind oft sehr engagiert, wenn es ums Gestalten ihrer Lebensumwelt geht, erzählten die Moderatorinnen. Dort ist es total wichtig, vorab ortskundige Multiplikatorinnen zu finden. In der Stadt: ab in den Kiez!

Sind die Teilnehmenden beisammen, dann sollten vor Ort Expertinnen und Experten zu der jeweiligen Technologie dabei sein. Die sollten sich aber nicht einmischen; sondern Rat geben, wenn sie von den Gruppen in deren Schaffen reingeholt werden. So sahen das zumindest meine Sitznachbarin und ich. Die Objekte eines Speculative Designs müssen sowieso nicht realistisch – oder noch nicht realisierbar – sein. Zum Diskutieren wird es wohl anregen – und dabei darf auch ein „Das möchten wir nicht!" herauskommen.

Marie an Annie, 14:28, BlablaCar in Richtung München, 12.12.2019

Das war es von mir über den Vormittag. Ich musste ja so früh los – und mag deshalb in den kommenden Wochen noch einige Gespräche weiterführen. Es war schön für mich, so viele wiederzusehen. Das Forum hat mir definitiv neue Impulse gebracht. Was die Kommunikation durch uns Jungspunde angeht, bin ich nicht schlauer geworden. Das war ja ein zentrales Thema im vergangenen Jahr. In 2019 bleibt es also bei Inspirationen aus der Wissenschaft/Kunst. Jetzt erzähl du mal, wie es bei dir war! Komm sicher zurück nach Berlin!

Annie an Marie, 9:46 von Zuhause, 13.12.2019

Guten Morgähn! So, jetzt bin ich dran. In der ersten Session des Tages – zu der alle zu spät kamen, weil die Messbahn ja verspätet war – ging es bei mir um Theater und Wissenschaft. Ich liebe diese Kombination, ich kann dir gar nicht sagen, wie –

Mist.:D Zu früh abgeschickt. :D

Ich kann dir gar nicht sagen, wie wertvoll es meiner Meinung nach ist, die menschliche Seite der Wissenschaft auf einer Bühne zu zeigen. Das Panel bestand aus Wissenschaftlern der Helmholtz-Gemeinschaft und Schauspielern des Berliner Ensembles – mein Lieblingstheater in Berlin. (Für mich gab es also ein bisschen fan-girling vom Publikum aus). Wir redeten darüber, wie es sich anfühlt, eine Geschichte der Wissenschaft auf der Bühne zu sehen, darüber, welchen Effekt es haben kann. Ich erinnere mich nur zu gut an die Wissenschaftsgeschichten, die ich in meiner Kindheit gelesen, gehört, und verschlungen habe. Wie Entdecker und Abenteurer, Laborgenies und Schmetterlingsnetze-wedelnde Helden sich in meine Fantasie schmuggelten – und dort ein Leben lang geblieben sind.

Eine gut erzählte Geschichte kann deinem Leben eine ganz neue Richtung geben! Genau da liegt die Stärke, Theater und Wissenschaft auf eine Bühne zu bringen. :)

Annie an Marie, 10:32, im Labor in Berlin, 13.12.2019

Sorry, ich musste mein Handy weglegen – haben eben ein Notfallexperiment mit neuen Proben eingeschickt bekommen. Ich kümmere mich mal schnell darum.

Annie an Marie, 15:24, im Labor in Berlin, 13.12.2019

Oookay, hat alles länger gedauert. Wieder zurück zu meinem Tag! Nach der Pause bin ich schnell rübergerannt in die „Fuck-Up" Session. Vorher hatten wir beide noch den vorletzten Post rausgebracht – nach einer langen Debatte über Formulierung, Überschrift, und natürlich Inhalt. Ich bin gespannt, ob es Reaktionen geben wird.

Als ich in die Fuck-Up („Schöner Scheitern“)-Session kam, wurde gerade über ein Container-Projekt geredet. Da wurde anscheinend ein Container gestiftet („leichter, als ihn zu entsorgen!"), der leider nicht ganz so wissenschaftskommunikatorisch genutzt wurde, wie zuvor erhofft. „Wir haben jetzt eine glorifizierte Litfaßsäule da rumstehen," lacht der Sprecher.

Danach ging es weiter mit dem „Scheitern" der Social Media Präsenz der Scientists for Future. Anscheinend ist es keine gute Idee, einen Satire-Twitter-Account mit 10.000 Followern einfach mal spontan in einen neuen Umweltschutz-Account umzumodeln. Da wurden den S4F vorgeworfen, dass sie Follower kaufen würden, dass das Bots wären, und im Allgemeinen sich nicht ganz koscher verhalten.„Nie wieder einen bestehenden Account für etwas anderes als vorher nutzen!"

Foto: Annie Voigt

In dieser Session wurde viel gelacht, viel geschmunzelt – doch auch ziemlich hart mit sich selbst ins Gericht gegangen. Eine Sprecherin erzählte davon, wie ein Zusammenschnitt für einen wissenschaftlichen Filmbericht einen Forscher komplett aus dem Kontext nahm – und sie, die Journalistin, ihren Forscher nicht davor schützen konnte. Für die zukünftige Wissenschaftskommunikation aus diesem Institut war das ein fataler Fehler.

Nach der Fuck-Up Session sehe ich tatsächlich mal die Sonne über Essen – ich husche schnell raus, um noch entspannt meinen Zug zu bekommen.

In Berlin angekommen, ziehe ich nochmal Bilanz: Das meiste, was ich gelernt habe, kam aus der Fuck-Up Session. Konkrete Beispiele, konkrete Fehler, konkrete Lösungsansätze: „Gute Wissenschaftskommunikation braucht Zeit, Expertenwissen macht noch lange keinen guten Kommunikator, und KENNE DEIN PUBLIKUM." Mit diesen drei Ratschlägen im Gepäck geht's heute nun wieder zurück ins Labor. Zeit, wieder mal Wissenschaft zu machen – reden werde ich sehr bald wieder darüber. Ich hoffe, du bist gut Zuhause angekommen und wir sehen uns bald wieder!


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