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Der richtige Dreh?

05. Mai 2015

  • Erstellt von Paul Saint-Paul, Katja Machill
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  • A Wissenschaftskommunikation
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Facebook will ins Videogeschäft einsteigen, Fachbilder müssen wie Fachbegriffe erklärt werden und wissenschaftliche Publikationen werden immer häufiger durch ein kurzes Video komplettiert, in dem der Wissenschaftler seine neuesten Ergebnisse erklärt. Das sind mit die spannendsten Erkenntnisse, die wir vom NaWik-Symposium „Der richtige Dreh – wie Wissenschaft verständlich wird“ am 27. April 2015 mit nach Hause genommen haben. Das Symposium des Nationalen Instituts für Wissenschaftskommunikation war ausgebucht: Rund 140 Teilnehmer - darunter Wissenschaftler, Kommunikatoren und Videomacher - diskutierten auf dem Podium, in Workshops und bei Kaffee und Kuchen.

AutoPlay heißt die Funktion, die Facebook-Nutzer seit April in den Wahnsinn treibt, die Bedeutung von Facebook als Videoplattform aber vermutlich steigern wird. Sobald Videos im Newsfeed erscheinen, starten sie, wenn auch stumm. Die Klickzahlen sind immens, übertreffen mitunter die des Video-Pendants auf YouTube. So richtig einzuschätzen weiß noch niemand, was da gerade in punkto Video auf Facebook passiert. Fakt ist, dass man Facebook im Auge behalten sollte. Das findet auch Christoph Krachten vom YouTube-Kanal Clixxoom, der für seine YouTube-Videos gerade 30-45 sekündige Clips produziert, die er dann auf Facebook stellt. Nach dem Motto: Lust machen auf mehr und auf YouTube locken.

Welche Macht in Bildern steckt, stellte sich in der Session zu Visualisierung von großen Datenmengen in der Wissenschaft heraus. Zum Beispiel bei der Visualisierung von Klimaerwärmung: Je nachdem, ab welchem Temperatur-Wert die Darstellung von Orange auf Rot wechselt, wirkt der Klimawandel weniger oder mehr bedrohlich. Im Raum stand außerdem die Vertrauensfrage: Wie kann man die Vertrauenswürdigkeit wissenschaftlicher Bilder kontrollieren? Schwierig – und ziemlich komplex. Fachbilder müssten wie Fachbegriffe öffentlich erläutert werden, forderte Heike Leitte,  Professorin für Computergrafik und Visualisierung an der Universität Heidelberg. Zudem bliebe einem oft gar nichts anderes übrig, als auf die Redlichkeit und Kompetenz Daten visualisierender Wissenschaftler zu vertrauen. Daher gehöre die Vermittlung einer Grundkompetenz, Daten zu visualisieren, eigentlich in alle Studiengänge, so Heike Leitte.

Videos scheinen auch in der Fachkommunikation mehr und mehr an Bedeutung zu gewinnen. So berichtet Frauke Gräter vom Heidelberger Institut für Theoretische Studien, dass sie an jede wissenschaftliche Publikation ein Video anfügen. Offenbar gehört es vor allem  im englischsprachigen Ausland mittlerweile zum guten Ton zu wissenschaftlichen Papers ein Video-Abstract zu produzieren, das einen Versuchsaufbau veranschaulicht oder in dem der Wissenschaftler das entsprechende Experiment erklärt. Zum Beispiel das Video Modeling Cancer with Stem Cells / Cell, April 9, 2015 (Vol. 161, Issue 2) 

Die Kommunikation wissenschaftlicher Themen per Video scheint zunehmend auch der eigenen wissenschaftlichen Karriere zu nützen.  In einer noch nicht abgeschlossenen Studie hat das NaWik internationale Spitzennachwuchswissenschaftler in der Post-Doc-Phase zu ihrem Kommunikationsverhalten befragt. Von den Befragten hat ca. jeder Achte (12,8%) bereits ein Video zur Kommunikation seiner Forschung produziert. Zudem hält ein Großteil (ca. 65%) der Nachwuchswissenschaftler eine solche Tätigkeit nicht nur für die persönliche Erfahrung, sondern auch für die wissenschaftliche Karriere für förderlich.

Wie gut, wenn sich Kommunikatoren und Wissenschaftler dann auch darüber einig sind, welche Kriterien bei der Beurteilung der Qualität eines Videos anzusetzen sind. Einigkeit herrschte definitiv bei dem, was „gar nicht geht“, nämlich PowerPoint-Orgien, strukturloses Labern und Sensationsgeilheit. Spannend war die Frage nach der Authentizität: Echte Wissenschaftler, Ehrlichkeit und Emotionen machen Wissenschaftsvideos authentisch. So weit, so gut. Aber bezieht sich diese Authentizitätsforderung auch auf die Institution, die das Video veröffentlich? Sprich: Muss ein NaWik-Video authentisch als „NaWik-Video“ rüberkommen und auch die Identität des NaWiks widerspiegeln? Oder hat Authentizität immer nur etwas mit Menschen zu tun? Die Kunst eines Kommunikators liegt wohl darin, als Protagonisten für ein Video den passenden Wissenschaftler mit passendem Charakter zu finden. Einen echten Sciencetuber eben, der ehrlich ist, begeistert von seiner Forschung berichtet und Humor besitzt, der massentauglich ist.

Deutschsprachige Wissenschaftsvideos sichtbar zu machen und ihre Produktion zu fördern sind übrigens auch zentrale Aufgaben des Webvideo-Wettbewerbs Fast Forward Science. Alle Forscher, Kommunikatoren und auch Künstler, die auf dem NaWik-Symposium Lust auf Videos bekommen haben, sind herzlich dazu eingeladen, in diesem Jahr mitzumachen. Der Wettbewerb ist ein Projekt von Wissenschaft im Dialog und dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, wird von der Schering Stiftung unterstützt und startet Mitte Mai. Alle weiteren Informationen auf www.fastforwardscience.de 

Und noch ein Tipp zum Weiterlesen: Das Storify vom NaWik-Symposium


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