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„Eine Aufgabe für beide Seiten - Informatiker*innen & Kommunikator*innen“

16. September 2021

  • Erstellt von Claudia Neumeier
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  • B Wissenschaft im Dialog
Prof. Dr. Günter Neumann Array

Prof. Dr. Günter Neumann ist Wissenschaftler am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz Foto: privat

„Auf den Punkt gebracht“ – unter diesem Motto rückt das Forum Wissenschaftskommunikation 2021 das Zusammenspiel von Wissenschaftskommunikation und Sprache in den Fokus. Prof. Dr. Günter Neumann vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz spricht beim Forum in der Session „Die Suche geht weiter – Einsatz von KI-Tools in der Wissenschaftskommunikation“. Wir haben mit ihm über Deep Learning und KI in der Wissenschaftskommunikation gesprochen – und darüber, warum Informatiker*innen und Kommunikator*innen miteinander reden sollten.

Herr Neumann, bitte erklären Sie einmal so knapp wie möglich: Was ist KI?

KI - Ja, das ist nicht einfach zu sagen. Aus einer praktischen Sicht heraus ist es die Implementation von Computerprogrammen, die in gewissem Sinne intelligentes Verhalten simulieren. Sie kommen bei Aufgaben zum Einsatz, bei denen man in der Regel davon ausgeht, dass menschliche Intelligenz nötig ist, um sie zu lösen. Das geht über normale Programme hinaus.

Welche KI-Tools kommen denn in der Wissenschaftskommunikation zum Einsatz?

Das sind aus meiner Sicht Tools, die sich im Wesentlichen mit der Verarbeitung von natürlicher Sprache beschäftigen. Darin bin ich auch Experte. Kommunikation geht ja eigentlich über Sprache hinaus, sie funktioniert auch über Bilder und andere Dinge. Eine vollständige KI-Technologie würde auch Körperhaltung in Betracht ziehen, würde Gestik und Mimik betrachten. Im Moment ist aber noch die Sprache – also Spracherkennung und Semantikanalyse – im Vordergrund.

Haben Sie ein Lieblingstool? Oder vielleicht eine Lieblingsanwendung der KI in der Wissenschaftskommunikation?

Als Wissenschaftler entwickle ich meine Tools quasi selbst. Ich bin zwar promovierter Informatiker, aber ich habe auch Computerlinguistik studiert. In dem Sinne sind meine Tools einerseits Linguistik, die Sprachwissenschaft, andererseits die maschinellen Lernverfahren. Aktuell beschäftige ich mich viel mit maschinellen Lernverfahren, die auf der Basis von neuronalen Netzen funktionieren. Deep-Learning ist da ein Buzzword. Dabei arbeitet man mit komplexen, neuronalen Netzwerken, die wiederum aus Kaskaden von einfachen neuronalen Netzwerken aufgebaut sind. Und wir versuchen, die Sprachverarbeitung möglichst datengesteuert zu machen und damit auch lernfähige Programme zu erforschen. Datengesteuert bedeutet, dass Algorithmen nicht vollständig programmiert werden, sondern wesentliche Teile automatisch aus anwendungsspezifischen Trainingsdaten abgeleitet werden. So entstandene Systeme kann man dann zum Beispiel auf neue Texte oder Aufgaben anwenden, ohne dass sie vorher trainiert werden müssen. Während man bisher bei der KI-gesteuerten Textanalyse zunächst eine manuelle komplexe Analyse der Daten durchführen musste, können diese Deep-Learning-Verfahren nun nur auf Basis der ursprünglichen Trainingsdaten selbst lernen.

Welche Vor- und Nachteile sehen sie bei der Verwendung von KI? Vor allem in der Wissenschaftskommunikation?

Ein Vorteil ist vielleicht, dass KI in den letzten Jahren viel praxistauglicher geworden ist. Die Tools sind so gut geworden, dass der Mensch, der Nutzer, glaubt, sie hätten wirklich ein Verständnis oder auch eine Intelligenz nahe der menschlichen Intelligenz. Ein Nachteil ist, dass diese Tools vielleicht überinterpretiert werden können. Andererseits wird es auch schwieriger, die Ergebnisse kritisch zu beurteilen. Es gibt heute Technologien, die Texte erzeugen können, bei denen es schwierig ist zu unterscheiden: Ist das jetzt ein Text, der von einer Maschine erzeugt wurde oder von einem Menschen. Es passiert ja schon, dass man Fake News automatisch generieren kann. Diese Nachteile machen - sagen wir mal - die Evaluation komplexer.

Auch im Hinblick darauf, dass man teilweise nicht mehr unterscheiden kann, was von der Maschine kommt und was vom Menschen - Wie wird KI die Wissenschaftskommunikation in Zukunft verändern?

Ich glaube KI-Tools werden weiter genutzt werden. Das ist aber eine Aufgabe für beide Seiten - Informatiker*innen und Kommunikator*innen. Und deswegen bin ich so am Forum Wissenschaftskommunikation interessiert. Einerseits muss aus der Perspektive derjenigen, die die Technologie entwickeln, transparent gemacht werden, was die Tools machen und wie sie funktionieren. Auf der anderen Seite nutzen Wissenschaftskommunikator*innen diese Technologien und sollten vielleicht auch ein bisschen mehr Interesse für die Technik entwickeln. Meine Erfahrung ist oft: In dem Moment, in dem es technisch wird, schalten die Leute ab, wenn sie nicht vom Fach sind. Weil sie das nicht interessiert oder weil das vielleicht zu schwierig ist. Dann wird gleich auf einer Metaebene diskutiert und man kommt gar nicht dahin zu diskutieren, wie das Tool funktioniert. Und genau das ist wichtig! Damit die Nutzer selber in der Lage sind, zu beurteilen, was da eigentlich passiert.

Da ist die Session beim Forum Wissenschaftskommunikation eine tolle Gelegenheit, um darüber ins Gespräch zu kommen.

Das sehe ich auch so. Dass man versucht, diesen Kommunikationskanal zu nutzen, um zueinander zu finden. Vor allem auch wegen des Feedbacks. Dass man lernen kann, wie wird eigentlich die Technologie gesehen, wie wird sie benutzt, was fehlt oder welche Erwartungen entstehen.

Was erwartet die Teilnehmenden beim Forum in Ihrer Session zum Thema Einsatz von KI-Tools in der Wissenschaftskommunikation?

Ich hoffe auf ein interessantes Forum und ein lebhaftes Forum. Wir sind noch in der Ausarbeitung der konkreten Inhalte. Die Idee ist, dass wir einerseits von der Seite des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz vermitteln wollen, welche Technologien gibt es und was kann man machen. Und wir wollen auch die Diskussion anstoßen, die ich gerade beschrieben habe. Das mache ich zusammen mit meinem Kollegen von der Unternehmenskommunikation Reinhard Karger.

Herr Frühwirth wird aus seinem Erfahrungsbereich berichten, wie die Textgenerierung im Sportbereich schon wirkt. Und Frau Niescken vom Informationsdienst Wissenschaft wird sich auf ein praktisches Beispiel beziehen, in welche Richtung der IDW sein Datenangebot mit KI verbessern kann. Auf dieser Basis wird, hoffe ich, eine Diskussion stattfinden.

Von den Teilnehmer*innen erwarten Sie also rege Beteiligung an der Diskussion. Was erhoffen Sie sich selbst von der Teilnahme?

Neues Feedback, auch für mich selbst. Zu verstehen, wie KI gesehen wird, was man von ihr erwartet, was man nicht erwartet. Manchmal denken wir, die Tools können etwas nicht und dann funktioniert es in der Praxis doch. Über diese Praxistauglichkeit möchte ich mehr lernen.

Mit Praxistauglichkeit meinen Sie, dass zum Beispiel auch Laien mit KI umgehen können?

Mit Praxistauglichkeit meine ich nicht, dass die Technologien funktionieren, das geht im Alltag ja irgendwie immer. Aber, dass eine positiv kritische Betrachtung der Anwendungen stattfindet. Bezüglich Praxistauglichkeit möchte ich lernen, wie die KI benutzt wird, aber auch Feedback bekommen über die Scheu, die man vielleicht hat, bei der Anwendung solcher Technologien und dass man da einen Dialog führt um die Technologie besser zu verstehen.

Das diesjährige Forum Wissenschaftskommunikation findet vom 4. bis 6. Oktober 2021 online statt. Weitere Informationen zum Forum und zur Anmeldung finden sie hier.


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