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Eine Gratwanderung

27. Juli 2018

  • Erstellt von Agnes Schulze
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Wissenschaftler Christian Schiffer beim Fotoshooting für den KlarText-Preis für Wissenschaftskommunikation. Foto: Beatrice Jansen/Klaus Tschira Stiftung Array

Wissenschaftler Christian Schiffer beim Fotoshooting für den KlarText-Preis für Wissenschaftskommunikation. Foto: Beatrice Jansen/Klaus Tschira Stiftung

„Forscherinnen und Forscher im Fokus der Wissenschaftskommunikation“, lautet der thematische Schwerpunkt des 11. Forum Wissenschaftskommunikation in Bonn. Festgelegt hat ihn der Programmbeirat, der aus den eingereichten Vorschlägen auch die Beiträge für das Tagungsprogramm auswählt.

Warum ist dieses Thema relevant? Welche Fragen ergeben sich daraus für die Diskussion beim Forum? In den nächsten Wochen kommen Mitglieder des Programmbeirats in Gastbeiträgen zu Wort. Sie erläutern ihre Perspektiven zum Schwerpunkt und erzählen von ihren persönlichen Erfahrungen aus dem Arbeitsalltag in der Wissenschaftskommunikation.

Unsere nächste Gastautorin ist Agnes Schulze. In der Kommunikationsabteilung der Klaus Tschira Stiftung betreut sie unter anderem den KlarText-Preis für Wissenschaftskommunikation. Sie beschäftigt vor allem die Perspektive der Wissenschaftler: Was motiviert sie, über ihre Forschung zu kommunizieren? Und was hält sie davon ab? Wie kann gute Wissenschaftskommunikation gelingen, sodass die Wissenschaftler sowohl von der Öffentlichkeit als auch von der Fachwelt gehört und geschätzt werden?

Eine Gratwanderung

Keine Wissenschaftskommunikation ohne Wissenschaft. Und Wissenschaft funktioniert bekanntlich nur, weil es Menschen gibt, die Ideen entwickeln und vorantreiben. Deshalb ist es folgerichtig, dass es beim diesjährigen Forum Wissenschaftskommunikation verstärkt um die Perspektive der Forschenden geht. Was treibt Wissenschaftler an, zu kommunizieren? Was hält andere davon ab? Und wieso stellen öffentlichkeitswirksame wissenschaftliche Themen eine große Herausforderung dar?

Vor einigen Wochen fanden die Foto-Shootings für die neuen Flyer zur Ausschreibung des KlarText-Preises für Wissenschaftskommunikation statt, der jedes Jahr von der Klaus Tschira Stiftung ausgeschrieben wird. Eins der Gesichter, das die neue Kampagne ziert, gehört Christian Schiffer. 2017 hat er einen allgemein verständlichen Artikel über seine Doktorarbeit geschrieben und dafür den KlarText-Preis erhalten.

Christian Schiffer hat Biochemie in Düsseldorf studiert und wechselte für seine Masterarbeit nach Bonn zum Forschungszentrum caesar der Max-Planck-Gesellschaft. In seiner Doktorarbeit hat er dort untersucht, wie sich Umweltchemikalien und körpereigene Hormone auf Spermien auswirken. Ein spannendes Thema, ein Hingucker. Manchmal auch unfreiwillig komisch. Gleichzeitig birgt jegliche Kommunikation über das Forschungsthema die Gefahr, Menschen zu verunsichern.

„Ein solches Forschungsthema zu kommunizieren, ist immer eine Gratwanderung. Man muss es schaffen, einerseits wissenschaftlich präzise über das Thema zu sprechen, es andererseits aber doch so weit fassen, dass es allgemein verständlich ist, gesunde Neugier weckt und zum Nachdenken anregt“, sagt Christian Schiffer und warnt vor Schnellschüssen: „Man darf sich weder zu pauschalen Aussagen oder überspitzten Formulierungen hinreißen lassen, die über das wissenschaftlich Belegbare hinausgehen, noch wissenschaftliche Erkenntnisse mit eigenen Interpretationen vermischen. Das Gleiche gilt natürlich auch für Bilder. Ich sollte mich als Wissenschaftler schon fragen, ob ich eine bestimmte Inszenierung meines Forschungsthemas auch in einem Jahr noch gut und angemessen finde.“

Deshalb haben wir uns innerhalb der Klaus Tschira Stiftung vor dem Shooting auch das Hirn zermartert, wie wir Christian Schiffer als nahbaren, jungen Menschen und seriösen Wissenschaftler zeigen. Denn wenn Wissenschaftler über ihre Forschung sprechen, schreiben, sich fotografieren oder filmen lassen, dann wirkt sich das immer auch auf das persönliche Image aus – positiv wie negativ. In der Allgemeinbevölkerung und im Fachzirkel.

Beide Formen der Wissenschaftskommunikation – die interne und die externe – wachsen seit der Jahrtausendwende. Intern durch neue Open Access-Entwicklungen und Plattformen wie Researchgate. Extern durch neue Publikations- und Interaktionsmöglichkeiten. Wissenschaftler wie Christian Schiffer können sich in beiden Feldern bewegen, durch Fachpublikationen, Vorträge auf Konferenzen, Beiträge in sozialen Netzwerken, über Pressetermine, Interviews, und, und, und.

Wie stark sie dies tun, in welchem Umfang und in welchen Abständen, hängt einerseits von institutionellen Vorgaben und Gepflogenheiten, vor allem aber von der persönlichen Motivation der Wissenschaftler ab. Und die speist sich aus unterschiedlichen Motiven: etwa aus dem Interesse heraus, das eigene Thema bekannt zu machen, weil es eine gesellschaftliche Relevanz besitzt. Oder weil der Wissenschaftler der Ansicht ist, der Steuerzahler habe ein Recht darauf zu erfahren, was mit den Geldern in der Forschung passiert. Oder aber, um sich selbst besser zu vermarkten.

Christian Schiffer hat im vergangenen Jahr über sein Thema geschrieben, weil er ein Bewusstsein dafür schaffen wollte, dass Chemikalien aus unserer Umwelt ganz bestimmte Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit haben könnten. Dabei wollte er aber auch zeigen, wie ambitioniert es ist, die Funktionsweise von Spermien zu verstehen, und wie viel Arbeit die Wissenschaftler hier noch vor sich haben – eine Arbeit von großer Tragweite.

Um dies zu versinnbildlichen, haben wir Christian Schiffer vor einem Spermien-Graffito abgelichtet und lassen ihn in einem Zitat seine Forschung erklären. Weil Christian Schiffer zu denen gehört, die ihre Ideen entwickeln und vorantreiben – und dabei die Möglichkeiten moderner Wissenschaftskommunikation gezielt nutzen.


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