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Food for thought

30. November 2015

  • Erstellt von Josef Zens
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  • A Wissenschaftskommunikation
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Vor einiger Zeit saß ich mit meinem Chef im Büro einer Bundestagsabgeordneten (Männer mitgemeint) der großen Koalition. Die Person wollte sich über Gesundheitsthemen und unsere Forschung informieren. Sie empfing uns mit dem Hinweis ihrer Kardiologin, die gesagt hatte: Wenn man das ganze Forschungsgeld in Präventionskampagnen gegen Rauchen und fett Essen stecken würde, wären mehr Menschenleben gerettet als mit der Forschung an irgendwelchen biologischen Mechanismen.

Was sagt man da? So gesehen stimmte das ja. Nur, und das sagten wir dann: Die Impfungen beispielsweise basieren auf Grundlagenforschung und ersparen jetzt weltweit jede Menge Leid und dem Gesundheitswesen eine Menge Kosten. Heutige Krebstherapien basieren auf Grundlagenergebnissen von vor 20, 30 oder 40 Jahren. Später fiel mir noch ein: Woher wissen wir überhaupt, dass Rauchen schädlich ist und dass eine fettreiche Ernährung auch nicht gesund ist? Aus der Grundlagenforschung. Und dann, aber so ist das ja immer, fiel mir noch später ein Beispiel oder ein Gleichnis ein: Ein Bergdorf am Ende des Winters. Die Mehlkisten sind fast leer, das Eingemachte aufgebraucht, und die Leute haben Hunger. Und alle wissen: In der Scheune lagert zentnerweise Getreide. Warum also nicht daraus Mehl mahlen und alle haben Brot? Weil dann nichts mehr für die Saat übrig ist. Klar. Und so ist es auch mit dem Geld für Grundlagenforschung.

Jetzt, wo mir am Flughafen langweilig ist, kann ich den Gedanken ein bisschen weiterspinnen: Wenn Grundlagenforschung also wie Nahrungsmittelproduktion ist, was ist dann Wissenschaftskommunikation? Die Basisprodukte veredeln, würde ich sagen, genießbar machen (Wissen anwendbar machen). Also vielleicht ein bisschen wie kochen oder verarbeiten.

Je nach Zugehörigkeit zu den Subsystemen lassen sich Rollen verteilen: Die PR in Hochschulen und Forschungseinrichtungen ist dann wie der Hofladen und das Restaurant, die zu einem Bauernhof gehören. Das eigens erzeugte Essen wird vor Ort aufbereitet und verkauft. Die Hofläden werden schön gemacht, sie haben professionelle Auslagen und bieten richtige Menüs an.

Es gibt daneben natürlich eigenständige Restaurants, in denen die Küchen auf die Zutaten aus den Höfen und Läden zurückgreifen. Das sind Medien. Da gibt es Fastfoodketten mit Billignahrung („Zehn Tipps der Wissenschaft für gesunden Schlaf“) und Edelrestaurants mit Sterneküche – zehn Seiten Reportage aus dem CERN.  Um in dem Bild zu bleiben: Die Rolle des Journalismus war traditionell, sich eben die einen Zutaten zu besorgen und die anderen liegen zu lassen. Die Auswahl der Themen war quasi die Rückmeldung an Produzenten. Meisterschaft in der journalistischen Küche konnte bedeuten, scheinbar Unverdauliches nicht nur genießbar, sondern sogar schmackhaft zu machen.

Es gibt nun auch Wissen, das vermittelt werden muss, weil es zur Grundlage unserer Gesellschaft gehört. Das passiert in Schulen. Und in Schulbüchern gab es oft das Äquivalent von Kantinenessen.

Und die Medienkrise? Restaurants gehen pleite, die Köchinnen wechseln zu den Bauernhöfen oder Agrargenossenschaften, um dort zu kochen. Konkurrenz erwächst den klassischen Essenszubereitern noch dazu aus Streetfood-Anbietern (das sind dann Wissenschaftsbloggerinnen).

Ich würde ja alle Leserinnen gerne ermuntern, das weiterzuspinnen: Wer wäre denn Produzentin von, sagen wir, Safran oder Trüffel? Und wer baut Kartoffeln an?

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