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Grundsätzlich richtig und wichtig

14. November 2019

  • Erstellt von Online-Redaktion
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Foto: Christof Rieken/WiD

 

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat heute ein Grundsatzpapier zur Wissenschaftskommunikation veröffentlicht. Im Interview gibt unser Geschäftsführer, Markus Weißkopf, eine Einschätzung zum Papier ab.

Wie schätzt du das Grundsatzpapier generell ein?

Erst einmal ist es begrüßenswert und ein sehr positives Zeichen, dass es ein solches Grundsatzpapier zur Wissenschaftskommunikation von Seiten des BMBF gibt. Das ist insbesondere wichtig, da wir vor großen gesellschaftlichen und technologischen Transformationsprozessen stehen, bei denen der Wissenschaft eine wichtige Rolle zukommen wird. Diese Veränderungen schließen auch die Art unserer öffentlichen und privaten Kommunikation ein und haben einen Einfluss darauf, welche Inhalte wir konsumieren.

Angesichts dieser Herausforderungen müssen wir in der Wissenschaft, aber auch in der Wissenschaftskommunikation, schnellstmöglich Ansätze finden, wie wir die Grundlagen für eine wissenschaftsmündige Gesellschaft legen können. Eine Gesellschaft, in der die Bürgerinnen und Bürger informierte Entscheidungen zu wissenschaftlichen und wissenschaftsnahen Themen auf privater und gesellschaftlicher Ebene treffen können und in der es einen produktiven Austausch zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit gibt.

Das Grundsatzpapier des BMBF ist vor diesem Hintergrund ein wichtiger Schritt. Auch weil es viele der positiven Entwicklungen, die es in den letzten 20 Jahren seit dem PUSH-Memorandum gab, anerkennt und hervorhebt. Die Wissenschaftskommunikation hat in Deutschland seither einiges erreicht und vor allem hat sie sich professionalisiert. Ob das vom Ministerium angestoßen wurde wie im Falle der Wissenschaftsjahre oder bottom-up passierte wie bei den Science Slams: Die Vielfalt an Formaten ist enorm und es wurden viele spannende Projekte erfolgreich umgesetzt.

Basierend auf diesen Erfahrungen gilt es nun den nächsten Schritt zu gehen und dafür ist das Grundsatzpapier des BMBF als Anstoß wertvoll. Wichtig wird es allerdings sein, neben dem Fokus auf strategischen Überlegungen auch Raum für Innovationen und Kreativität zu lassen. Gerade wenn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die zentralen Akteure der modernen Wissenschaftskommunikation sind und noch stärker werden sollen, müssen wir ihnen den Spaß an der Kommunikation vermitteln, sie dazu motivieren. Es müssen Kapazitäten für Kommunikation bei Forschenden geschaffen werden und sie müssen Anerkennung für Engagement in der Wissenschaftskommunikation erhalten. Gerade beim letzten Punkt habe ich die Hoffnung, dass das BMBF-Papier hilft, entsprechende Strukturen und Anreizsysteme zu schaffen.

Gibt es inhaltliche Punkte, die du für besonders wichtig hältst?

Ich finde es gut und wichtig, dass im Papier klargemacht wird, dass es bei guter Wissenschaftskommunikation nicht um persuasive Kommunikation geht, mit der im Sinne von „wir erklären euch das mal – dann versteht ihr schon” auf die Menschen zugegangen wird. Natürlich braucht es vertrauenswürdige Information als Basis, aber es muss dann eben auch das Angebot für Dialog und Beteiligung geben. Das ist seit Jahren ein wichtiger Grundsatz unserer Arbeit bei Wissenschaft im Dialog.

Um zu verstehen, welche Formate mit welcher Intention bei welchen Zielgruppen funktionieren, brauchen wir mehr Empirie zu Wissenschaftskommunikation. Und natürlich sollten die Ergebnisse aus der Forschung wieder Einzug in die Praxis erhalten. Deshalb finde ich es auch richtig und wichtig, dass ein Fokus des Papiers auf dem Thema Qualität in der Wissenschaftskommunikation liegt. Insbesondere angesichts der Komplexität der aktuellen Herausforderungen brauchen wir eine Art von Wissenschaftskommunikation, die Wirkungen im Sinne unserer Zielformulierungen entfaltet und die nicht verpufft. Dafür brauchen wir Forschung über unser Feld und gut gemachte, wirkungsorientierte Evaluationen in der Praxis. Beide Punkte sind im Papier ebenso angesprochen, wie die wichtige Tatsache, dass Wissenschaftskommunikation grundsätzlich in Forschungsförderrichtlinien integriert werden soll.

Das ist am Ende der größte Hebel, um zu erreichen, was wir brauchen: Ein breites Engagement der Wissenschaft und damit der Forschenden in der Wissenschaftskommunikation. Wichtig ist natürlich, dass dann am Ende eines Forschungsprojekts nicht nur eine Broschüre produziert wird, sondern, dass „gute” Wissenschaftskommunikation von Beginn an mitgedacht wird. Und hier zeigt sich dann auch die große Aufgabe für die nächsten Jahre – nämlich zu definieren, was gute Wissenschaftskommunikation bedeutet. Wir haben ja mit den Leitlinien für gute Wissenschafts-PR bereits einen Vorschlag gemacht, der gerne als Diskussionsgrundlage für eine breitere Auseinandersetzung mit diesem Thema dienen soll.

Was bedeuten das Grundsatzpapier konkret für die Arbeit und die Strategie von WiD?

Aus unserer Sicht ist es das Ziel guter Wissenschaftskommunikation, das Bewusstsein von Bürgerinnen und Bürgern für die Bedeutung der Wissenschaft in einer demokratischen Gesellschaft zu stärken und ihnen eine reflektierte Einordnung von wissenschaftlichen Fakten sowie informierte Entscheidungen zu ermöglichen. Diese Mission ist unseren unterschiedlichen Ansätzen und Projekten gemein und ist fester Bestandteil unserer Strategie. Dieses zentrale Ziel von Wissenschaftskommunikation ist im BMBF-Papier ebenfalls erkennbar und im Interview mit der Ministerin auf Wissenschaftskommunikation.de noch deutlicher herausgestellt.

Außerdem freue ich mich sehr, dass wir bei Wissenschaft im Dialog das Thema Qualität und Wirkung nun dank einer vom Ministerium geförderten Plattform für Wirkung und Evaluation in der Wissenschaftskommunikation intensiv bearbeiten und unsere Aktivitäten in diesem Bereich verstärken können. Hier Angebote zu entwickeln, ist ein wichtiges strategisches Ziel von WiD, das auch für unsere Gesellschafter von besonderem Interesse ist. Dabei liegt mir besonders am Herzen, dass wir die Verbindung zwischen Praxis und Forschung zu Wissenschaftskommunikation stärken und unsere Partner gezielt einbinden.

Ein nächster Schritt wird uns auch zum Thema Citizen Science ermöglicht. Die Weiterfinanzierung von Bürger schaffen Wissen hat nicht nur Signalwirkung, sondern bietet auch die Möglichkeit, das bestehende Angebot für die Wissenschaft, aber auch für die Citizen Scientists weiter zu verbessern und den Bereich nachhaltig weiterzuentwickeln. WiD ist also mit Vielem bereits im Sinne des Grundsatzpapiers aktiv und wir freuen uns, wenn das Papier helfen wird, unsere Bestrebungen zu intensivieren.

Wie müsste es jetzt aus deiner Sicht weitergehen und welche Aspekte kommen in dem Papier vielleicht noch zu kurz?

Natürlich muss sich ein derartiges Papier auch auf bestimmte Punkte konzentrieren und kann nicht alles thematisieren und behandeln. Ich hätte mir vielleicht noch ein wenig mehr zur digitalen Kommunikation gewünscht. Wichtig ist außerdem, dass wir vor dem Hintergrund der Vision einer wissenschaftsmündigen Gesellschaft eben auch diejenigen mitnehmen müssen, die bisher noch nicht von uns und den Angeboten der (institutionellen) Wissenschaftskommunikation erreicht werden. Aber vielleicht sind dies Punkte, die in den jetzt geplanten Strategieprozess aufgenommen werden können. In der sogenannten #factorywisskomm muss auch der Diskurs über übergeordnete Ziele, Werte und Haltungen in der Wissenschaftskommunikation stattfinden.

Ich begrüße es sehr, dass neben den Akteuren der Wissenschaftskommunikation auch die Leitungsebenen der Wissenschaftsorganisationen mit einbezogen werden sollen, die ja auch zum großen Teil Gesellschafter bei Wissenschaft im Dialog sind. Wenn wir nicht nur über Einzelmaßnahmen der Wissenschaftskommunikation sprechen, sondern auch gesamtgesellschaftlich und im Wissenschaftssystem Veränderungen anstreben, ist es wichtig, dessen Vertreterinnen und Vertreter von Anfang an in den Prozess einzubinden. Gelingt dies, kann mit der #factorywisskomm ein wichtiger Schritt hin zu einer klaren Zielsetzung, Rollenverteilung und vor allem auch eines effektiven Ressourceneinsatzes in der Wissenschaftskommunikation gelingen.

Wir freuen uns, dass das BMBF mit dem nun veröffentlichten Grundsatzpapier einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Wissenschaftskommunikation leistet. Die Community wird sicherlich in vielen Diskussionen darauf Bezug nehmen und das BMBF an den formulierten Ansprüchen und Zielen messen. Ich bin optimistisch, dass ein gemeinsamer Strategieprozess der Wissenschaftskommunikation in Deutschland zuträglich ist und wir, wenn wir die Ziele klären und Fragen von Qualität und Wirkung stärker in den Fokus nehmen, in Zukunft noch bessere Wissenschaftskommunikation machen werden.


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