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Ich würde uns gerne als „Ermöglicherin“ sehen

10. Mai 2022

  • Erstellt von Ursula Resch-Esser
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  • A Wissenschaftskommunikation
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Austausch und Vernetzung haben für die Arbeit der Transfer Unit große Bedeutung. Foto: Volodymyr Hryshchenko/Unsplash

Gemeinsam mit der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften richtet Wissenschaft im Dialog die Transfer Unit Wissenschaftskommunikation ein. Sie will den Austausch zwischen Praxis und Forschung der Wissenschaftskommunikation fördern. Über die Ziele und Angebote der Transfer Unit sprachen wir mit der stellvertretenden Projektleiterin und wissenschaftlichen Mitarbeiterin, Liliann Fischer.

Stellen für Wissens- und Techniktransfer kennt man von verschiedenen Einrichtungen. Jetzt soll es eine Transfer Unit für die Wissenschaftskommunikation geben. Warum, und warum ausgerechnet jetzt?

Drei Entwicklungen sind dafür ausschlaggebend. Wissenschaftskommunikation ist sehr wichtig geworden, das hat sich in der Corona-Pandemie gezeigt, und das zeigt sich auch bei anderen Themen wie dem Klimaschutz. Hinzu kommt, dass sich die Praxis der Wissenschaftskommunikation immer stärker professionalisiert hat. Die Kommunikator*innen haben sehr viele Erfahrungen gesammelt und es gibt ein großes Spektrum an verschiedenen Formaten. Parallel dazu hat sich das weite Feld der Wissenschaftskommunikationsforschung ausgebildet. Es beschäftigt sich damit, wie Wissenschaftskommunikation funktioniert, was sie erreicht und was die zugrunde liegenden Mechanismen sind. Es gibt also einerseits viel Praxis, es gibt sehr viel Forschung und gleichzeitig gewinnt die Wissenschaftskommunikation zunehmend an Bedeutung. Damit sie gut sein kann und auch die Ansprüche und Erwartungen erfüllen kann, die an sie gerichtet werden, müssen Forschung und Praxis sich untereinander austauschen und vernetzen.

Welche Rolle spielt dabei die Transfer Unit?

Ich würde uns gerne als „Ermöglicherin“ sehen: Wir wollen ermöglichen, dass Forschung und Praxis der Wissenschaftskommunikation sich zusammenfinden, sich austauschen, vernetzen. So wollen wir der Praxis ermöglichen, sich an Forschungserkenntnissen zur Wissenschaftskommunikation zu orientieren, um so ihre Arbeit und ihre Formate fundiert planen und entwickeln und so effektiv über Wissenschaft kommunizieren zu können. Es geht uns nicht darum, einfach auf Forschungsergebnisse und Veröffentlichungen hinzuweisen. Vielmehr wollen wir die Informationen für die Praktiker*innen zusammenfassen und aufbereiten. Dabei sprechen wir primär die Community der professionellen Kommunikatoren*innen an. Der Forschung wollen wir es ermöglichen, mehr über die Bedarfe und offenen Fragen zu erfahren, die es in der Praxis gibt, diese Fragestellungen zu verfolgen und dazu neue Erkenntnisse zu generieren. 

Wer ist denn eigentlich gemeint, wenn es heißt: die Forschung?

Das ist eine gute Frage – und gar nicht so einfach zu sagen. Wissenschaftskommunikationsforschung ist ja keine konsolidierte Disziplin, wie Politik oder Jura, mit Journalen, die jeder kennt, einer fest umrissenen Methodik und einer fest umrissenen Theorie. Ganz im Gegenteil, die Forschung ist sehr divers und multidisziplinär. Es gibt Erkenntnisse aus der Psychologie, der Soziologie, den Kommunikationswissenschaften, den Erziehungswissenschaften. Darüber wird in vielen unterschiedlichen Journalen publiziert. Das hat den Vorteil, dass viele Perspektiven zusammenkommen. Andererseits ist das Feld vielfach noch relativ fragmentiert. Die Impact Unit, die sich mit Fragen der Evaluation und Wirkung von Wissenschaftskommunikation auseinandersetzt, hat zum Beispiel eine Analyse durchgeführt zur Frage: Wie wirkt Wissenschaftskommunikation? Dabei stellte sich heraus, dass es unfassbar viele Erkenntnisse gibt, die aber häufig Einzelbefunde oder Fallbeispiele sind. Und es gibt relativ wenig, von dem man sagen könnte, das ist jetzt der konsolidierte Korpus an Wissen. Da möchte die Transfer Unit ansetzen.

Welche konkreten Angebote wird die Transfer Unit machen?

Unsere Kolleg*innen von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften haben ihren Fokus bei der Forschung zur Wissenschaftskommunikation. Sie werden vor allem Forschungserkenntnisse zu relevanten Themen systematisch zusammenstellen und Überblicksstudien sowie Sekundäranalysen verfassen. Wir bei WiD sind im Lead, wenn es um den Bereich der Praxis geht. Wir werden mit den Kommunikatoren in den Austausch gehen und herausfinden, was sind Bedarfe und Fragen seitens der Praxis. Die Erkenntnisse, die es dazu in der Forschung gibt, wollen wir nutzergerecht aufbereiten und für die Praxis zur Verfügung stellen. Im Sommer werden wir unsere Website launchen. Geplant sind dazu Science Briefs aber auch andere Angebote wie Leitfäden oder eine Toolbox sind denkbar. Konkretere Ideen dazu werden wir zusammen mit der Community entwickeln. Zusätzlich wird es Austauschformate geben, etwa gemeinsame Workshops. Wir werden zum Beispiel beim Forum Wissenschaftskommunikation im Oktober einen Workshop veranstalten, bei dem wir Forschung und Praxis zusammenbringen wollen. Für 2024 ist dann eine große Transferkonferenz geplant. Nicht zuletzt wollen wir Forschungsprojekte anstoßen, wenn möglich auch partizipative Vorhaben, bei denen Forschende und Praktiker*innen zusammenarbeiten.

Gibt es Beispiele für einen gelungenen Transfer von Forschung zu Praxis?

Ein Beispiel gibt es für mich im Bereich der Forschung zu Zielgruppen. Für die Praxis sind Forschungsarbeiten zu Zielgruppen wahnsinnig wertvoll: also zum Beispiel zur Frage, wie bestimmte Zielgruppen erreicht werden können, wie eine Ansprache auf bestimmte Zielgruppen wirkt oder wie man eine Information so mit Alltagsrelevanz verbinden kann, sodass man auch wirklich die erreicht, die man ansprechen will. Ein Beispiel für gelungenen Transfer, also dafür wie Analysen und Erkenntnisse in diesem Bereich den Kommunikator*innen zur Verfügung gestellt werden können, ist für mich die Infografik des Projektes Wissenschaft für alle. Sie zeigt 31 Exklusionsfaktoren, deren Nichtberücksichtigung dazu führen kann, dass Menschen von Angeboten der Wissenschaftskommunikation ausgeschlossen werden. Über solch eine Grafik werden die Erkenntnisse verständlich, zugänglich und nutzbar aufbereitet.

Viel diskutiert ist die Kommunikation in der Corona-Pandemie. Was wäre besser gelaufen, wenn es eine Einrichtung wie die Transfer Unit schon vorher gegeben hätte? 

Das lässt sich so nicht beantworten. Aber die Corona-Pandemie ist vielleicht ein Beispiel dafür, wie hilfreich es sein kann, wenn man auf systematisch aufbereitete Informationen für effektive Wissenschaftskommunikation zurückgreifen kann. Wenn man sich bei ganz konkreten Fragen, wie dem Ziel der Kommunikation oder der Erreichbarkeit bestimmter Zielgruppen, an Forschungserkenntnissen orientieren kann. Denn auch hier ist ja der Hauptpunkt: Das Wissen über effektive Wissenschaftskommunikation muss verfügbar sein, es bringt wenig, wenn es versteckt, verstreut und schwer zugänglich ist und man erst aufwändig danach suchen muss. Vor allem in der Pandemie, wo wenig Zeit war und kurzfristig reagiert werden musste. 

Wird die Transfer Unit im deutschsprachigen Raum aktiv sein oder gibt es auch Pläne international zu arbeiten? 

Natürlich ist Wissenschaftskommunikation ein globales Thema. Gleichzeitig ergibt es auch Sinn, sich aufgrund von nationalen Besonderheiten und Umständen zu fokussieren. In dem Teil, den vor allem unsere Kolleg*innen an der BBAW bearbeiten, also der Systematisierung und Aufbereitung von Forschungserkenntnissen ist es ganz wichtig, den internationalen Forschungskorpus aufzubereiten. Wenn es darum geht, ein Netzwerk und einen Austausch zu etablieren, werden wir uns dagegen eher auf den deutschsprachigen Raum konzentrieren. Aber wir wollen uns natürlich auch internationalen Input holen und uns auch europäisch vernetzen. 

Die Transfer Unit Wissenschaftskommunikation ist ein gemeinsames Projekt von Wissenschaft im Dialog und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Sie wird für drei Jahre vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.


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