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Kommunikationsschwierigkeiten

09. Dezember 2014

  • Erstellt von Elisabeth Hoffmann
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  • A Wissenschaftskommunikation
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Vorab ein wunderbarer Satz von Herrn Professor Bromme. Ich möchte ihn Journalisten empfehlen, die an der Umständlichkeit unserer Wissenschaftler verzweifeln: „Kommunikationsschwierigkeiten sind Risiken und Nebenwirkungen der Entwicklung von Expertise.“

Jetzt aber zur Session:

Wissenschaft und Öffentlichkeit als Forschungsfeld

Wie gehen Laien mit sich widersprechenden wissenschaftlichen Thesen um? Das ist eine Ausgangsfrage der Session, die ich heute Vormittag besuche. Es geht um Ergebnisse aus dem DFG Schwerpunktprogramm „Wissenschaft und Öffentlichkeit“. Unsere Gesellschaft ist wissensbasiert, und Wissen ist immer leichter zugänglich.

Emotionen versus Argumente?

Was sind die Vor- und Nachteile eines bestimmten Medikaments? Zwei Forscher mit gegensätzlichen Auffassungen werden in einem Zeitungsartikel erwähnt, ihre Sachargumente zu ihrem Forschungsthema werden in der Berichterstattung gegenübergestellt. So weit so gut – das ist die übliche Situation, wenn ich Zeitung lese. Ich mache mich schlau anhand von redaktionell aufbereiteten Sachargumenten. Aber wie weit wird meine Meinungsbildung dadurch beeinflusst, dass die Wissenschaftler emotional agieren, wenn sich auch dies in der Berichterstattung niederschlägt? Dr. Dorothee Kienhues von der Universität Münster hat dies empirisch untersucht. Wenn wir lesen, dass jemand hitzig argumentiert, lobend hervorhebt oder geduldig erklärt, beeinflusst dies tatsächlich unser Urteil, allerdings in einem differenzierten Wechselspiel zwischen kognitiven und emotionalen Informationen. Habe ich das richtig verstanden? Eine wichtige Erkenntnis: Vertrauensurteile sind eine Möglichkeit für Laien, sich in komplexen und anspruchsvollen Themen zu orientieren.

Wie lesen wir Bilder?

Katja Knuth-Herzig, Uni Frankfurt, hat untersucht, wie Abbildungen im Web unser Verstehen von Texten beeinflussen. Natürlich ist auch das eine gute Frage. Wieder lesen Probanden Texte zum Beispiel über Handy-Strahlung. Wie wirkt hier ein karges Diagramm im Vergleich zu einem Foto, wenn beide relativ wenig Informationen über die eigentliche Kontroverse enthalten? Abbildungen werden als Hinweisreize für die Plausibilität von Texten verwendet. Mehr noch: Wenn ich ein Diagramm in den Text einfüge, sind die Leser eher bereit, sich in der Tiefe mit dem Text auseinanderzusetzen als bei einem Foto. Das Diagramm, so Knuth-Herzig, weist mich schon vor der Textlektüre ein, dass ich mir bei der Verarbeitung des Textes mehr Mühe geben muss.

Schade, dass beide Forscherinnen viel mehr Wert darauf legen, das jeweilige Studiendesign zu erläutern, als die Forschungsergebnisse darzustellen, die für uns ja durchaus wichtiger sein könnten. Eventuell ja auch für sie selbst, denn etwas mehr Emotionalität und ein paar mehr (aussagekräftige) Bilder in den Präsentationen hätten unser Verständnis vielleicht auch beeinflusst.

Wissenschaftsanwendung ist Wissenschaftskommunikation

Wissenschaftskommunikation ist ein Modul im Masterstudiengang Psychologie an der Universität Münster. Warum das so ist, erklärt Prof. Rainer Bromme. Für mich besonders spannend: Das Modul ist gar nicht mal so sehr motiviert in der Wissenschaftskommunikation wie wir sie verstehen, sondern adressiert die Studierenden selbst in ihrer Lernfähigkeit: „Nur wer sich selbst versteht, wie er oder sie sich auf dem Weg vom „Laien“ zum „Experten“ verändert hat, kann über seine Wissenschaft mit Bürgern kommunizieren,“ meint Bromme. Und: Auch Experten seien gut informierte Laien in anderen Teilbereichen oder bei Nachbarfächern. Insofern sei ein gutes Verständnis von  Wissenschaftskommunikation eine Voraussetzung für lebenslanges Lernen.

Tatsächlich betreiben Psychologen im Patientengespräch, aber auch Ingenieure oder Chemiker in ihren Teams täglich Wissenschaftskommunikation. „Es gibt wenig Situationen, in denen die berufliche Anwendung nicht auch Wissenschaftskommunikation ist.“ Das sitzt. „Die draußen – also die Laien - sind die Mehrheit,“ sagt Bromme seinen Studierenden, die an der Uni oft den Eindruck erhielten, es gäbe hauptsächlich Psychologen in der Welt. Und: „Ihr seid nur eine Stimme in einem häufig sehr dissonanten Chor.“

Die Diskussion im Anschluss scheint mir anfangs vor allem für Menschen gemacht, die gerade einen Studiengang einrichten oder verändern wollen – das dürften wohl die wenigsten hier im Saal sein.

Beatrice Lugger fragt zum Glück noch mal nach der Rezeption von Abbildungen und bekommt eine gute Antwort: „Man muss tatsächlich überlegen, ob ein Bild, das man einem wissenschaftlichen Text hinzufügt, den Text unterstützt oder ihm vielleicht schadet.“ Das gelinge am besten, je besser die Rezipienten bekannt sind.

 


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