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Wie Bürger die Wissenschaft verändern

25. Januar 2016

  • Erstellt von Artur Krutsch
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  • A Wissenschaftskommunikation
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Grafik: Yasmine Cordes/WiD

Expertenworkshop in Berlin 

Moderne Wissenschaftskommunikation versteht die Kommunikation zwischen Bürgern und der Wissenschaft als Dialog, nicht als Monolog. Wenn man diesen Dialog ernst nimmt und die Wünsche, Forderungen, Ideen der Gesellschaft an Wissenschaft und Wissenschaftspolitik weitergibt, kann aus Kommunikation Beteiligung werden.

Dass diese Beteiligung an Wissenschaft und Forschung gewünscht ist, zeigt das Wissenschaftsbarometer 2015: Mehr als 40 Prozent der Befragten wünschen sich, dass die Öffentlichkeit stärker in Entscheidungen über Wissenschaft und Forschung einbezogen wird. Und auch die Politik fordert die Beteiligung von Bürgern in allen Bereichen, auch in der Forschung und Wissenschaft, wie im Koalitionsvertrag festgelegt wurde:

“Wir wollen Bürgerinnen und Bürger und die Akteure der Zivilgesellschaft konsequent in die Diskussion um Zukunftsprojekte und die Ausgestaltung von Forschungsagenden einbinden. Wir wollen neue Formen der Bürgerbeteiligung und der Wissenschaftskommunikation entwickeln und in einem Gesamtkonzept zusammenführen.”

Doch wie sieht Bürgerbeteiligung in der Wissenschaft konkret aus? Welche Methoden, Formen gibt es? Wo sind noch Leerstellen, wo aber auch Grenzen? Was ist der Unterschied zwischen Bürgerbeteiligung an Forschungspolitik, Citizen Science und Open Innovation? Wie können die Stakeholder aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft zusammengebracht werden, um die Bürgerbeteiligung in der Wissenschaft zu fördern?

Am 15. und 16. Januar luden wir Experten aus diesen Bereichen zum Workshop „Der Bürger und die Wissenschaft“ nach Berlin ein, um diese Fragen zu diskutieren und Erfahrungen und Erkenntnisse aus diesem Bereich zusammenzutragen.

In einer Keynote stellte Prof. Dr. Ortwin Renn von der Universität Stuttgart wissenschaftliche Hintergründe, Forschungsergebnisse, Methoden zur Bürgerbeteiligung in Infrastrukturprojekten vor, und zeigte beispielsweise, dass erfolgreiche Partizipation echte Optionen aufzeigen muss und man Information nicht als Beteiligung verkaufen darf. Innerhalb von Infrastrukturprojekten ist Bürgerbeteiligung gut erforscht und es gibt bereits erprobte Formate. Renn lud ein, diese Erkenntnisse auch auf die Bürgerbeteiligung in der Wissenschaft anzuwenden.

Nach der Keynote folgten Diskussions-Blöcke zu zwei Themen:

  • Die Beteiligung von Bürgern in Bezug auf Forschungsstrategien und Forschungspolitik
  • Die Beteiligung an konkreten Forschungsprojekten

Im ersten Block wurde sowohl in den Kurz-Impulsen als auch in der späteren Diskussion deutlich, unter welchem Spannungsverhältnis die Wissenschaft zwischen Legitimation und Freiheit steht. 

Matthias Graf von Kielmansegg vom BMBF fasste es in seinem Kurz-Impuls so zusammen:

“Die Wissenschaft ist in besonderem Maße frei, aber nicht privat. Sie ist öffentlich, aber zu den allergrößten Teilen nicht staatlich. Sie ist zu wesentlichen Teilen staatlich finanziert, aber nicht der unmittelbaren demokratischen Kontrolle unterworfen.”

Dr. Steffi Ober von der Plattform Forschungswende betonte, dass es bereits jemanden gibt, der großen Einfluss auf Forschung und Wissenschaft hat: Die Wirtschaft. Daher forderte sie, dass die Beteiligung der zivilgesellschaftlichen Organisationen (ZGOs) als Vertreter der Öffentlichkeit organsierter und stärker werden sollte,– sowohl am Agendasetting, als auch in der Programmentwicklung und Projektdurchführung. Dass so breit über die Grundsätze von Wissenschaft, Wissen und Erfahrung diskutiert wurde, zeigt, wie kontrovers dieses Thema ist, und dass Bürgerbeteiligung die Wissenschaft möglicherweise stärker verändern kann, als von einigen angenommen.

Im zweiten Block des Tages ging es um konkrete Projekte, die Bürgerinnen und Bürger an Forschungsprozessen beteiligen. Sie wurden vorgestellt, analysiert und diskutiert. Beispiele reichten von den, an diesem Tag immer wieder erwähnten Vogelzählungen durch Freiwillige bis hin zur Makerbewegung, in deren Open Innovation-Laboren neues Wissen ganz ohne die klassischen Institutionen entsteht.

In der Diskussion entstand der Eindruck, dass Menschen einfach Lust haben, wissenschaftlich zu arbeiten und dies dann auch tun. Doch wird den institutionalisierten Wissenschaften und der Politik einiges an Innovation, Impulsen und Möglichkeiten entgehen, sollten diese die “Bürgerwissenschaftler” nicht stärker in ihre Prozesse einbinden.

Das Programm des Workshops kann hier eingesehen werden. In einigen Wochen werden wir außerdem eine Gesamtdokumentation mit den Inhalten und Diskussionen zu den einzelnen Programmpunkten veröffentlichen.

Update 

Die Dokumentation des Workshops, sowie ein Videorückblick kann hier eingesehen werden.


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