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Wissenschaftskommunikation in der Corona-Pandemie – ein Stimmungsbild

29. Mai 2020

  • Erstellt von Ursula Resch-Esser
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  • A Wissenschaftskommunikation
Auf Papier gezeichnete Strichmännchen stehen in kleinen Gruppen auf einem Holztisch. Unter ihnen zeigen Papierpfeile in unterschiedliche Richtungen. Array

Die Corona-Pandemie hat den Arbeitsalltag grundlegend verändert - auch in der Wissenschaftskommunikation. Mit einer Umfrage haben wir das Stimmungsbild in der Branche erfasst. Foto: congerdesign/Pixabay

 

Wie arbeiten Wissenschaftskommunikator*innen während der Corona-Pandemie? Wie gut ist die Zusammenarbeit mit Wissenschaft und Medien? Und wie wirkt sich die aktuelle Krise auf die Zukunft der Wissenschaftskommunikation aus? Vom 13. April bis zum 13. Mai 2020 hatten wir alle Interessierten aus der Branche eingeladen, an einer Online-Umfrage teilzunehmen. Ziel war es, anhand der Antworten auf 14 teils offene, teils geschlossene Fragen ein Stimmungsbild der Wissenschaftskommunikation in Zeiten der Corona-Pandemie zu erstellen. Einige Ergebnisse dieser – nicht repräsentativen – Umfrage stellen wir nun vor.

Insgesamt nahmen 207 Menschen an der Umfrage teil. Der weitaus größte Anteil der Teilnehmer*innen kommt aus dem Bereich der institutionellen Wissenschaftskommunikation (73%). Außerinstitutionelle Wissenschaftskommunikator*innen sind mit rund 9% vertreten. Etwa 10% der Teilnehmenden sind aktive Wissenschaftler*innen und gut 3% Wissenschaftsjournalist*innen.

Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen

Für viele in der Wissenschaftskommunikation Tätige haben sich durch die Corona-Pandemie die Arbeitsbedingungen geändert. Das betrifft die Arbeitsbelastung ebenso wie die inhaltliche Arbeit und die Gestaltung des Arbeitsalltags. Mehr als die Hälfte der Befragten (58%) gab an, dass die Arbeitsbelastung höher oder deutlich höher ist als in der Zeit vor der Corona-Pandemie. 29% berichten von einer unveränderten Arbeitsbelastung. 13% der Befragten schätzen ihre Arbeitsbelastung als niedriger oder deutlich niedriger ein. 

In die Kommunikation rund um Corona waren 61% der Befragten regelmäßig oder durchgehend einbezogen. Nur fünf Prozent gaben an, dass das bei ihnen gar nicht der Fall war. 

Quelle: Wissenschaft im Dialog, CC BY-ND 4.0

Für fast alle Befragten waren die Auswirkungen der Corona-Epidemie im Arbeitsalltag zu spüren, etwa durch Absage von Veranstaltungen, das Organisieren digitaler Alternativen oder das Zurückstellen anderer Themen. 77% gaben an, dass sie ihren Arbeitsalltag aufgrund der Corona-Pandemie deutlich oder stark anpassen mussten, 20 % beantworteten diese Frage mit “teilweise”. 

Ihren Arbeitgebern stellten viele der Befragten ein positives Zeugnis beim Umgang mit den Erfordernissen der Pandemie aus. 77% äußerten sich damit zufrieden oder sehr zufrieden. Vor allem Maßnahmen rund um die Einführung und Organisation des Home Office wurden positiv bewertet, ebenso eine gute interne Kommunikation sowie der flexible und rücksichtsvolle Umgang mit Mitarbeitenden, die etwa aufgrund der Kinderbetreuung besonders belastet waren.”Rechtzeitiges und vollständiges Homeoffice ermöglicht, gute Berücksichtigung von Erfordernissen der Kinderbetreuung”, lautet beispielsweise ein Kommentar zu dieser Frage. Von anderen wurde dagegen die fehlende Rücksicht des Arbeitgebers auf die Kinderbetreuung kritisiert, ebenso wie schlechte Kommunikation und die fehlende Einbindung der Kommunikationsabteilungen ins Krisenmanagement. “Schlechte Kommunikation, inkonsistente Leitlinien, zu wenig Empathie für physische Belastung der Mitarbeiter”, urteilte etwa ein anderer Teilnehmender der Umfrage.

Kommunikationskanäle in Zeiten des Home Office

Die Corona-Pandemie zwingt viele im Home Office zu arbeiten, nicht ohne Auswirkungen auf die Kommunikation mit den Kolleginnen und Kollegen. Die Umfrage zeigt, dass in dieser Situation Video- und Telefonkonferenzen dann oft die Mittel der Wahl sind. Auf die Frage, welche Kommunikationskanäle bei Arbeitsbesprechungen und interner Kommunikation bevorzugt genutzt werden, wurden am häufigsten Email (Arbeitsbesprechungen: 62%, interne Kommunikation: 83%), Video- (86%, 58%) und Telefonkonferenzen (43%, 39%) genannt. Jeweils etwa ein Drittel der Befragten bevorzugen zur internen Kommunikation auch Chats (31%), Social Media (35%) und Websites (34%). Für die externe Kommunikation nutzten mehr als drei Viertel der Befragten bevorzugt die Website (79%) und Social Media (76%), 63% auch Emails.

Zusammenarbeit mit Wissenschaft und Medien

Auch wenn die Beziehung zwischen Wissenschaftler*innen und Medienvertreter*innen in Zeiten von Corona nicht immer spannungsfrei ist, zeichnen zumindest viele der Teilnehmenden dieser Umfrage im Großen und Ganzen ein recht positives Bild. 67% der Befragten waren (sehr) zufrieden mit der Zusammenarbeit mit Wissenschaftler*innen, nur 4% äußerten sich unzufrieden. Gelobt wurden etwa problemlose Kommunikation, gute Erreichbarkeit, schnelle Reaktion und Offenheit trotz zeitlicher Belastung. Erwähnt wurde auch, dass Wissenschaftler*innen offener für Aktivitäten der Wissenschaftskommunikation seien und die Notwendigkeit und Bedeutung der Wissenschaftskommunikation besser als in "normalen" Zeiten erkennen. Kritisiert wurde unter anderem das Fehlen klarer Initiativen zur Koordination von Forschung und Wissenschaftskommunikation oder dass sich auch Wissenschaftler*innen ohne relevante Expertise zu Corona äußern. Kritisch erwähnt wurde auch, dass viele Wissenschaftler*innen mit kritischer Haltung zu den beschlossenen Maßnahmen aus Sorge um ihren Job nicht zitiert werden möchten.

Quelle: Wissenschaft im Dialog, CC BY-ND 4.0

Über die Zusammenarbeit mit den Medien äußerte sich jeder zweite Befragte (sehr) zufrieden. Damit (sehr) unzufrieden waren lediglich 2%. Die Medien seien deutlich interessierter an Wissenschaft, hieß es etwa in einem Kommentar zu dieser Frage. Kritisiert wurde in den offenen Kommentaren neben einer zu sensationsorientierten Berichterstattung auch, dass Corona die Berichterstattung so sehr dominiert, dass andere gesellschaftlich relevante Themen nicht mehr zur Sprache kommen. Die unklare Kommunikation des sich ständig ändernden wissenschaftlichen Konsens und dadurch bedingt eine Verunsicherung der Bürger*innen, war ein weiterer Kritikpunkt. Erwähnt wurde in einer Antwort auch die Tendenz, Wissenschaftler*innen dazu zu drängen nicht Erkenntnisse sondern Empfehlungen zu äußern. „Wir müssen immer wieder klar machen: Wissenschaft berät, Politik entscheidet“, hieß es dazu.

Wissenschaftskommunikation und Wissenschaftsjournalismus in der Corona-Pandemie

Die Arbeit sowohl der institutionellen Wissenschaftskommunikation als auch des Wissenschaftsjournalismus wurden vielfach positiv bewertet. 84% der Befragten stimmten der Aussage (eher) zu, dass die institutionelle Wissenschaftskommunikation einen guten Job macht. 75% sagten dies bezüglich der Arbeit des Wissenschaftsjournalismus.

Quelle: Wissenschaft im Dialog, CC BY-ND 4.0

Aus der Krise lernen?

Was kann die Wissenschaftskommunikation aus der Corona-Pandemie lernen? Wie schätzen Sie den Einfluss der aktuellen Situation auf die Zukunft der Wissenschaftskommunikation ein? Das wollten wir am Ende der Umfrage wissen.

Die Antworten sind vielfältig, eine ausführliche Analyse dazu ist in Arbeit. Einige Antworten wollen wir hier schon nennen. Sie reichen von Tipps zur guten Krisenkommunikation wie „schnell reagieren, Unsicherheiten kommunizieren“ oder „einfach, anschaulich und zielgruppenorientiert zu kommunizieren“ über den Wunsch nach Erreichbarkeit der Wissenschaftskommunikation bis hin zur Erkenntnis „dass man der Öffentlichkeit mehr digitale Formate zumuten kann als bisher gedacht“ und der Einschätzung “Das Rezeptionsverhalten hat sich geändert. Wissenschaft ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Soziale Medien sind nun unbestritten bedeutungsvoll für die WissKomm.” 

Der Freude darüber, dass „in der breiten Öffentlichkeit ein größeres Verständnis für die Komplexität von Wissenschaft entstanden“ ist und der Aussage „Die Kommunikation von Wissenschaft als Prozess, mit all den möglichen Unsicherheiten der Erkenntnisse, ist wichtig und kommt bei den Rezipienten auch gut an“, steht die Einschätzung gegenüber, dass wir „mehr  erklären (müssen), wie Wissenschaft funktioniert und warum sie keine eindeutigen Antworten geben kann“. Lernbedarf wird sowohl bei der Wissenschaft(skommunikation) als auch bei der Gesellschaft gesehen. „Es braucht mehr Medienkompetenz für Forscherinnen und Forscher um aussagekräftig aber verständlich über Ihre Ergebnisse berichten zu können.“ heißt es in einer Antwort und in einer anderen „Gute Kommunikation muss erfahrungsgerecht aufbereitet sein. Wenn das auch noch auf Lösungsbedarf trifft, ist die Gesellschaft mehr als offen, dem Diskurs zu folgen. Gesellschaft muss noch lernen, dass Wissenschaft aus dem Abwägen verschiedenster Interpretationen besteht. Darum wäre es sinnvoll in der Zukunft auch den Diskurs stärker zu zeigen.”

Und zum Schluss - der Blick in die Zukunft: Welchen Einfluss hat die aktuelle Situation auf die Wissenschaftskommunikation nach der Krise? Nichts wird sich ändern, meinen manche, andere, dass es für eine Antwort auf diese Frage noch zu früh ist. Erwähnt wird an dieser Stelle auch, dass die Wichtigkeit und der Nutzen der Wissenschaft wieder deutlich geworden sind und dass Wissenschaft eine wachsende Bedeutung für politische Entscheidungen gewinnt. Dass die Bedeutung der Wissenschaftskommunikation durch die Krise zugenommen hat, dass sie besser erkannt und wahrgenommen wird und die Nachfrage nach guter Wissenschaftskommunikation steigen wird, sind weitere Einschätzungen. 


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