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Braucht ein Auto mehr Sprit, wenn eine Fliege mitfliegt?

29. Februar 2008

  • D Naturwissenschaften und Mathematik

Braucht ein Auto mehr Sprit, wenn eine Fliege mitfliegt?

Sicherlich nicht in dem Maße, daß die Tankstelle deshalb früher angesteuert werden müsste. Aber die Frage, die hier gestellt wurde, ist im Detail etwas kniffliger:

Ein Pkw legt mit einer bestimmten, beständigen Geschwindigkeit eine Strecke zurück. In der Fahrgastzelle dieses Pkw befindet sich eine Fliege, sitzend auf dem Armaturenbrett. Das heißt, dass dieser Pkw eine gewisse Menge an Benzin mehr verbraucht, während der Pkw diese Strecke inkl. Fliege zurücklegt. Das Gewicht der Fliege hat Einfluss, wenn auch nur rechnerisch/theoretisch bzw. physikalisch, auf den Benzinverbrauch des Pkw. Jetzt zur Frage: Fliegt nun diese Fliege innerhalb des Pkw, sie befindet sich also nicht mehr sitzend sondern fliegend innerhalb der Fahrgastzelle: Verbraucht dann dieser Pkw rein rechnerisch weniger Sprit, weil das Gewicht der Fliege durch den Energieeinsatz der eigenen Flügelschläge kompensiert wird? Sie legt aber doch trotzdem einen Weg zurück, nämlich frei schwebend in dem Pkw?

Eine knifflige Frage! Zumal zum Spritverbrauch eines PKW verschiedene Faktoren beitragen: Der Luftwiderstand und die Rollreibung, zum Beispiel. Diesen Faktoren liegt in dem geschilderten Problem die Frage nach dem Gewicht des PKW zugrunde: Wird dies geringer, wenn die Fliege sich in der Luft befindet? Die Antwort ist im wesentlichen nein, somit spart auch der PKW keinen Sprit ein.

Zur Untersuchung des Gewichts von PKW mit Fliege stellen wir uns diesen auf einer großen Waage vor. Das Gesamtsystem, PKW mit sitzender Fliege, befindet sich in Ruhe, die Waage zeigt einen gewissen Wert. Wenn die Fliege nun, statt zu sitzen, still in der Luft steht, so muss der Gewichtskraft, die sie nach unten ziehen will, eine gleichgroße Kraft entgegenwirken, welche man sich folgendermaßen erklären kann: Durch ihren Flügelschlag setzt die Fliege die umgebende Luft in Bewegung, welche sie nach unten und damit sich nach oben stossen muss, um selber nicht nach unten zu fallen.

Die sich nach unten bewegende Luft übt dann Kraft auf den Boden aus, die genau der Gewichtskraft der Fliege entspricht (Gleichgewicht der Kräfte). Die Gesamtkraft des Systems auf die Waage ist also unverändert.

Etwas anders ist die Situation, wenn die Fliege aufsteigt oder sich nach unten bewegt. Im ersten Fall ist die Kraft, mit der sie sich nach oben drückt, größer als ihre Gewichtskraft, und damit ist auch die auf den Boden drückende Kraft höher, die Gesamtkraft auf die Waage also größer: das Gesamtgewicht scheint zuzunehmen.
Im zweiten Fall ist es umgekehrt, z.B. wirkt im freien Fall der Fliege überhaupt keine Kraft auf den Boden, das Gesamtgewicht scheint abzunehmen. 

Eine kleine Unkorrektheit gibt es noch: Um sich in der Luft zu halten, benötigt die Fliege Energie, die sie aus Stoffwechselprozessen bezieht. Sie reduziert also ihre Masse, womit sich das Gesamtgewicht von Auto und Fliege um einen Hauch verringert. Die Differenz geht über in Wärmeenergie, durch den Flügelschlag erwärmt sich die Luft im Auto. 

Die Frage wurde beantwortet von Tobias Reichenbach, Diplomstudent am Institut für Theoretische Physik der Universität Leipzig (Prof. Dr. Klaus Sibold).