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Gibt es eine maximale Temperatur?

07. Juli 2020

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Wenn ein schwarzes Loch entsteht, herrscht die höchste mögliche Temperatur, die Masse erreichen kann – die Planck Temperatur. Nicht einmal im Inneren unserer Sonne ist es so heiß. Foto: NASA/SDO

Natürliche Ober- und Untergrenzen sind in der Physik nicht unüblich. Es geht nicht schneller als Lichtgeschwindigkeit (300.000 Kilometer/Sekunde), zeitlich nicht kürzer als die Planck-Zeit (etwa 10-42 Sekunden) und nicht kälter als der absolute Nullpunkt (-273 Grad Celsius). Gibt es auch für die Temperatur eine Höchstgrenze? Ein Gegenstück zum absoluten Nullpunkt?

Sehr simpel betrachtet handelt es sich bei der Temperatur um die Bewegungsenergie von Teilchen. Genauer hingeschaut ist es die mittlere, ungeordnete, kinetische Energie von Atomen und Molekülen in einem System. Am absoluten Nullpunkt bei -273 Grad Celsius haben die Teilchen keinerlei Energie, sie bewegen sich nicht, es herrscht absoluter Stillstand der Moleküle. Beschleunigt man die Teilchen, nimmt gleichzeitig ihre Masse zu. Sie nehmen so weiter Energie auf oder werden heißer, obwohl sie nahe der Lichtgeschwindigkeit nicht mehr deutlich schneller werden. Das wusste schon Einstein und beschrieb dies in seiner Relativitätstheorie.

Irgendwann sind die Teilchen jedoch so schwer, dass sich ein schwarzes Loch bildet. Gerade in dem Augenblick kurz bevor das schwarze Loch entsteht, herrscht die höchste mögliche Temperatur, die Masse erreichen kann: 1,42x1032 Grad Celsius – die Planck Temperatur. Eine wahnwitzige Zahl, die nur in der theoretischen Physik eine Rolle spielt. Der Theorie vom Urknall zufolge war das Universum eine Planck-Zeit nach dem Big Bang, also 10-42 Sekunden danach, genauso heiß. 

Nirgends um uns herum, nicht einmal im Inneren unserer Sonne oder eines neu geformten Neutronensterns, lassen sich annähernd so hohe Temperaturen finden. Den Rekord für die höchste vom Menschen verursachte Temperatur halten Wissenschaftler*innen vom CERN. Sie ließen 2012 Blei-Ionen miteinander im Teilchenbeschleuniger LHC kollidieren und erreichten so eine Temperatur von 5,5x1012 Grad Celsius – immer noch nur ein Bruchteil im Vergleich zur Planck-Temperatur.

Wenn wir annehmen, dass die Stringtheorie unsere Natur beschreibt, so gibt es bereits eine Maximaltemperatur, die kleiner ist als die Planck-Temperatur (wir wissen aber nicht wir viel kleiner sie ist). Die grundlegende Idee von Stringtheorie ist, dass unsere Teilchen eigentlich Schwingungsmoden von winzigen „Fäden“ (strings) sind. Wie bei der Schwingung einer Gitarrensaite gibt es für jeden Ton unendlich viele „Obertöne“. Daher hat jedes leichte Teilchen unendlich viele schwere Partnerteilchen. Beim Versuch ein Gas aus strings stark zu erhitzen werden immer mehr von den schweren Partnerteilchen produziert und beschleunigt, sodass die mittlere Bewegungsenergie, also die Energie pro Teilchen, begrenzt bleibt. Diese obere Grenze nennt sich „Hagedorntemperatur“.

Bei der Beantwortung der Frage half uns Dr. Jakob Moritz, Theoretische Physik an der Cornell University, USA.

Redaktion: Yannick Brenz

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