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Ist es grundsätzlich möglich, die DNA als "organische Festplatte" zu nutzen?

08. März 2010

  • D Naturwissenschaften und Mathematik

Ist es grundsätzlich möglich, die DNA als "organische Festplatte" zu nutzen?

In der Desoxyribonukleinsäure, kurz DNA, ist die genetische Information eines Lebewesens gespeichert. Grundsätzlich spricht nichts dagegen, darin auch andere Informationen zu codieren und zu speichern. Nach aktuellem Kenntnisstand ist es allerdings sehr unwahrscheinlich, dass solche organischen Speicher die heute üblichen Festplatten ersetzen werden. Konzepte für den Einsatz von DNA-Computern werden aber für verschiedene andere Bereiche, etwa die Medizin, entwickelt und erforscht.

Die DNA ist eine Molekül-Kette, die im Wesentlichen aus den vier Basen Adenin, Thymin, Cytosin und Guanin aufgebaut ist. In der Reihenfolge, in der diese Basen hintereinander angeordnet sind, der so genannten DNA-Sequenz, ist die genetische Information eines Lebewesens codiert. Aus Sicht des Informatikers spricht prinzipiell nichts dagegen, DNA-Bausteine auch anderweitig als Informationsspeicher zu verwenden. Während bei heute üblichen Computern die Information in einer Abfolge von Nullen und Einsen codiert wird, könnte man Informationen ebenso gut als Abfolge der vier „DNA-Buchstaben“ codieren und so in DNA-Molekülen Worte oder Sätze schreiben. Die Herstellung solcher DNA-Moleküle mit einer beliebigen Abfolge der vier Basen ist heute technisch möglich. Das Schreiben der Informationen müsste, ebenso wie das Auslesen, mit molekularbiologischen Methoden erfolgen. Prinzipiell ließe sich eine organische Festplatte aus DNA also durchaus realisieren. In der Praxis ist derzeit aber sowohl das Schreiben als auch das Lesen von Information auf solchen Festplatten sehr aufwändig, so dass diese mit "normalen" Festplatten bei weitem nicht konkurrenzfähig wären. Nach heutigem Kenntnisstand ist es deshalb sehr unwahrscheinlich, dass eine DNA-Festplatte künftig zur langfristigen Speicherung von Daten realisiert wird.

Das bedeutet jedoch nicht, dass die DNA bei der Informationsverarbeitung keine Rolle spielen wird. So beschäftigt sich ein Forschungsgebiet, das DNA-Computing, damit, wie Information in DNA gespeichert, verarbeitet und - im weitesten Sinne - zum Rechnen verwendet werden kann. Ziel ist es unter anderem, aus DNA-Molekülen logische Gatter aufzubauen, die - ähnlich wie Bausteine in herkömmlichen Computern - logische Funktionen wie UND, NICHT und ODER ausführen und miteinander verknüpfen können. Dass dies grundsätzlich möglich ist, haben erste DNA-Computer in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts bereits bewiesen. Untersucht wird auch, ob DNA-Computer zur Lösung von Problemen eingesetzt werden können, die eine hohe Rechenkapazität erfordern. Grundlage dafür ist die Tatsache, dass sehr viele DNA-Moleküle in einem Reagenzglas (dem Rechner) vorhanden sind, die Rechnungen parallel durchführen können. Ein ganz anderes Teilgebiet beschäftigt sich mit der Entwicklung von DNA-Computern für die medizinische Diagnose. Einzelne DNA-Gatter könnten verschiedene Substanzen etwa im Blut nachweisen. Eine logische Verknüpfung dieser Informationen ermöglicht dann Aufschluss darüber, ob Gene, die für die Herstellung dieser Substanzen zuständig sind, aktiv sind oder nicht.

Die Informationsspeicherung in DNA-Molekülen wird auch in der DNA-basierten Nanotechnologie genutzt. Ziel dieses Forschungsgebietes ist es, mithilfe der DNA molekulare Bausteine selbstorganisiert zu bestimmten Strukturen zusammenzufügen. Solche Strukturen könnten als Gerüst, etwa für die oben skizzierten „diagnostischen DNA-Computer“ dienen.  

Die Frage wurde beantwortet von Dr. Udo Feldkamp, Informatiker.

(Redaktion WiD: urs)