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Ist es möglich, dass in einem alten, ungewaschenen Handtuch Bakterien mutieren und dadurch neue schwere Krankheiten entstehen können?

24. März 2013

  • D Naturwissenschaften und Mathematik

In meiner Klasse hängt eine echte Bakterienschleuder, ein Handtuch, das seit gefühlten drei Jahren nicht mehr ausgetauscht wurde. Ist es möglich, dass dort Bakterien mutieren und dadurch neue schwere Krankheiten entstehen können? 

Keine Angst, mutierte Superkeime sind in dem Handtuch eher nicht zu finden. Dafür aber vermutlich viele andere Keime, die Infektionen auslösen können, wie Pilze, Viren und Bakterien.

Handtücher, die über lange Zeit nicht gewaschen wurden, sind in der Tat ein Paradies für Bakterien. Bakterien sind Mikroorganismen, die sich durch Zweiteilung vermehren. Sie lieben es feucht und warm. Bei solchen Bedingungen kann die Anzahl der Bakterien innerhalb weniger Stunden explosionsartig zunehmen. Der Begriff der Bakterienschleuder ist für das Handtuch also schon eine ganz gute Beschreibung.

Bakterien sind nicht grundsätzlich gefährlich. „Der Mensch lebt in Symbiose mit einer Vielzahl dieser kleinen Organismen – zum Glück!“, erklärt Dr. Ernst Tabori, Direktor des Deutschen Beratungszentrums für Hygiene. Denn Bakterien unterstützen im Körper wichtige Prozesse. Der Stamm der Escherichia coli (E.coli) ist zum Beispiel Bestandteil einer gesunden Darmflora, die ein wesentlicher Faktor für unsere Verdauung ist. Man unterscheidet zwischen harmlosen bzw. nützlichen Bakterien und sogenannten pathogenen Stämmen, die aufgrund bestimmter Eigenschaften Krankheiten auslösen können. Ein pathogener Stamm von E.coli-Bakterien, die Enterohämorrhagische Escherichia coli, hat im Frühsommer 2011 beispielsweise die große EHEC-Epidemie verursacht.

Weitere Erkrankungen, die von Bakterien verursacht werden können, sind Harnwegsentzündungen, Wundinfektionen oder Lungenentzündungen. Übertragen werden krankmachende Bakterien unter anderem über die Nahrung und insbesondere über unsere Hände. Auf ihnen leben pro Quadratzentimeter bis zu einer Million Bakterien, meist typische Hautkeime, die uns helfen, die Haut vor der Attacke krankmachender Keime zu schützen. Aber es gibt auch andere Vertreter: Rund 40 Prozent aller Menschen trägt ein Bakterium namens Staphylococcus aureus dauerhaft auf der Haut. Dieses bleibt so lange harmlos, bis es in Kontakt mit Wunden kommt. Dann kann es zu Entzündungen führen. Viele Bakterien sind nur fakultativ pathogen, das heißt, sie werden erst in einem bestimmten Umfeld und unter bestimmten Bedingungen schädlich.

Andere (auch pathogene) Bakterien nehmen wir über die Berührung von Gegenständen wie zum Beispiel Türklinken, Haltegriffen oder Handtüchern auf, wenn diese zuvor von einer erkrankten Person angefasst wurden. Oder wenn neben uns jemand niest, hustet oder spricht. Dann fliegen die Bakterien in feinen Tröpfchen durch die Luft und setzen sich auf unserer Haut oder Kleidung ab. Aber auch diese Bakterien lösen in der Regel nur dann eine Krankheit aus, wenn sie über den Mund, die Augen- oder die Nasenschleimhäute in unseren Körper gelangen. 

Aber nochmal zurück zur Mutation: Bakterien können nur im Zuge ihrer Vermehrung mutieren, also im Teilungsprozess. Normalerweise wird dabei das Erbgut, die DNA der Bakterie, einfach kopiert. Mutationen sind Veränderungen des Erbgutes und können durch äußere Einflüsse wie Röntgen- oder UV-Strahlen oder schlichte Kopierfehler ausgelöst werden. Diese Veränderungen führen erst dann zu einem neuen Stamm von Bakterien, wenn  sich diese Bakterien gegenüber anderen als lebensfähiger erweisen und durchsetzen. Im Handtuch entsteht diese Konkurrenzsituation nicht, weil die Lebensbedingungen für die Bakterien hier nahezu ideal sind.

Eine weitere gute Nachricht ist, dass wir den Bakterien nicht hilflos ausgeliefert sind. Wenn wir uns nach der Fahrt mit dem Bus oder nach dem Besuch der Toilette gründlich die Hände waschen, sinkt das Risiko einer Erkrankung enorm. „Natürlich sollte man sich anschließend nicht die Hände an einer Bakterienschleuder abtrocknen. Lieber Papierhandtücher benutzen, das ist in gemeinschaftlich genutzten Einrichtungen die hygienisch beste Lösung und müsste gerade auch in Schulen selbstverständlicher Standard sein“, rät Dr. Ernst Tabori.

Diese Frage wurde beantwortet von Dr. med. Ernst Tabori, Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin und Direktor des Deutschen Beratungszentrums für Hygiene in Freiburg. 

(Redaktion WiD: wr)