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Ist es technisch möglich, Blitze zur Energiegewinnung zu nutzen?

06. Juli 2014

  • D Naturwissenschaften und Mathematik
Einschlag von drei Blitzen in der Ferne Array

Wenn sich die Spannung entlädt, ist der Himmel für Sekundenbruchteile hell erleuchtet. Dieses Naturphänomen fasziniert die Menschen schon immer und war vermutlich dafür verantwortlich, dass sich Menschen mit dem Nutzbarmachen von Feuer auseinandersetzten. Bild: Edward Aspera Jr./Wikimedia

Ist es technisch möglich, Blitze zur Energiegewinnung zu nutzen?

Die Hürden, die man überwinden müsste, um aus Blitzen Energie zu gewinnen, sind im Verhältnis zum erzielbaren Nutzen geradezu überwältigend. Eines der vielen Probleme besteht darin, den Blitz überhaupt „einzufangen“.

Blitze treten nur bei bestimmten Wetterlagen auf, und dann sehr unregelmäßig und wenig vorhersehbar. Auch den Weg des Blitzes – und damit seinen Einschlagpunkt – kann man nicht vorab berechnen. Da ein Gewitter in der Regel weiterzieht, werden an ein und demselben Ort also nur sehr wenige Blitze einschlagen. Um zumindest alle Blitze im Umkreis von wenigen Kilometern „einzufangen“, wäre hypothetisch ein sehr hoher Turm die Lösung.

Ein weiteres Problem: 90 Prozent aller Blitze schlagen innerhalb von Wolken über (Wolke-Wolke-Blitze). Das heißt umgekehrt: Nur etwa zehn Prozent der Blitze schlagen in den Boden ein. So gesehen kommt nur ein „kümmerlicher Rest“ der in den Wolken gebildeten Energie zur Erde. Derzeit ist es jedoch nicht vorstellbar, beispielsweise einen Turm zu bauen, der bis in die Wolken reicht.

Fraglich ist auch, wie man mit den extremen Blitzspannungen umgehen soll. Bei Blitzen zwischen Wolken und Erde beträgt die Spannung einige 10 Millionen Volt! Stellt man sich vor, dass der Blitz einen Kondensator vielleicht bis zu 500.000 Volt auflädt – technisch wären solche Kondensatoren sehr schwierig herzustellen, da sie die hohe Blitzspannung von einigen 10 Millionen Volt aushalten müssten –, bliebe die Frage, wie man die Energie auskoppeln kann: Der Gleichstrom aus dem Kondensator ist nicht transformierbar. Bevor der nächste Blitz den Kondensator aufladen kann, muss dieser aber wieder entladen sein, der Gleichstrom des Blitzes also in Wechselstrom umgewandelt werden.

Und schließlich: Bei einem Blitz tritt zwar eine sehr hohe Stromstärke auf, aber nur für kurze Zeit. Die Ladung ist nicht übermäßig groß. Genau handelt es sich dabei um das Integral des Stromes über der Zeit, die Entladungszeit liegt aber im Bereich von Tausendstel Sekunden. Und das ist im Verhältnis zu anderen Formen der Energiegewinnung sehr wenig. Selbst wenn also die oben genannten Probleme gelöst wären, wäre der Ertrag an Energie nur gering. Um in einer Stunde genauso viel Energie zu erzeugen, wie beispielsweise ein großes Windkraftwerk, müssten in dieser Zeit um die 1.000 Blitze eingefangen werden – alle dreieinhalb Sekunden einer. Und nach jedem Blitz müsste flugs der Kondensator für den nächsten entladen werden.