Logo Wissenschaft im Dialog Wissenschaft im Dialog

Zurück zu „Wie?So!“

Kann man Kohlendioxid aus der Luft zurückgewinnen und neue Produkte daraus herstellen?

15. März 2023

  • D Naturwissenschaften und Mathematik
  • E Technik
Eine Fabrik, die Rauch ausstößt, vor dem Abendhimmel. Array

Foto: Alexander Tsang / Unsplash

Kohlenstoffdioxid (CO2) ist ein Bestandteil der Erdatmosphäre und trägt als Treibhausgas maßgeblich zur globalen Erderwärmung bei. Um diese zu stoppen, ist es wichtig, den durch die Nutzung fossiler Brennstoffe verursachten Kohlendioxidausstoß zu reduzieren oder ganz zu stoppen. Andererseits sind verschiedene Kohlenstoff-Verbindungen, wie Kohlenmonoxid (CO) oder Kohlenwasserstoffe, auch wichtige Grundstoffe für die Industrie. Wäre es da nicht sinnvoll, das Kohlendioxid auch aus der Luft zurückzugewinnen und damit neue Produkte herzustellen? Tatsächlich ist es schon heute möglich, Luft oder Abgasen Kohlendioxid zu entziehen und daraus Kraftstoffe, Plastikteile oder Baustoffe herzustellen. Die schlechte Nachricht: Die Verfahren sind bisher nicht ausgereift genug, um großtechnisch eingesetzt zu werden.

Zwar ist es möglich, CO2 direkt aus der Luft zu gewinnen. Allerdings ist dieses, auch Direct Air Capture genannte, Verfahren sehr energieaufwändig und ineffizient und deshalb aktuell noch sehr teuer. Erfolgversprechender ist es, CO2 direkt aus den Abgasströmen z. B. der Zement- oder Stahlindustrie zu filtern.

Dies geschieht beispielsweise mithilfe von so genannten Waschflüssigkeiten (Absorption) oder durch Membranen. Ähnlich wie bei einem Sieb können Moleküle unterhalb einer bestimmten Größe die Membran passieren, größere werden zurückgehalten. So können die CO2-Moleküle von anderen Stoffen isoliert werden. Bei der Absorption wird der Luftstrom durch eine Waschflüssigkeit geleitet, in der das CO2 mit der Lösung reagiert und dort verbleibt. Anschließend wird es, durch Erhitzen der Lösung oder durch das Anlegen eines Unterdrucks, wieder freigesetzt.

Speicherung oder Weiterverwendung

Das abgetrennte CO2 kann entweder verpresst und gespeichert werden, dann spricht man von Carbon Capture and Storage. Man kann das so gewonnene Kohlendioxid aber auch weiterverwenden. In diesem Fall ist von Carbon Capture and Utilization-Verfahren (CCU) die Rede. Durch CCU können Kohlendioxid, Kohlenmonoxid oder andere Kohlenstoffverbindungen nutzbar gemacht werden.

Eine Möglichkeit CO2 zu verwenden, besteht etwa in der Herstellung von synthetischen Kraftstoffen, auch bekannt als E-Fuels (electrofuels). Aus CO2 und Wasser werden synthetische Kraftstoffe erzeugt, die Benzin, Diesel oder Kerosin ersetzen könnten. Nachhaltig ist die Herstellung von E-Fuels aber nur dann, wenn dabei ausschließlich erneuerbare Energiequellen genutzt werden. 

Kohlenmonoxid kann beispielsweise zur Produktion von Natriumformiat verwendet werden. Dieses wird als nicht korrosives Streumittel auf Flughäfen eingesetzt und trägt zur Verkehrssicherheit bei winterlichen Bedingungen bei. Kohlenstoffverbindungen werden in der chemischen Industrie vielseitig verwendet, etwa zur Herstellung von Methanol, das als Rohstoff für die chemische Synthese von Kunststoffen, Lösungsmitteln und Treibstoffen dient.

Nutzen für den Klimaschutz? Uneindeutig 

Die Herstellung von Methanol aus Abgasen der Stahlproduktion wird zum Beispiel im Rahmen des Verbundprojekts „Carbon2Chem® Dynamische Methanolproduktion aus Hüttengasen“ erforscht.

Darüber, ob Carbon Capture and Utilization (CCU) einen positiven Einfluss auf das Klima haben kann, sind sich Expert*innen uneinig. Entscheidend ist auf jeden Fall die Verwendung des „recycelten“ Kohlendioxids.

Werden E-Fuels produziert und genutzt, gelangt das CO2 wieder in die Atmosphäre. Zwar entsteht so kein „neues“ CO2, jedoch trägt das Verfahren auch nicht zu einer langfristigen Reduzierung des CO2-Gehalts der Atmosphäre bei. Im Gegensatz dazu kann bei der Herstellung von Produkten wie Kunststoff oder Zement das recycelte CO2 im langlebigen Produkt gebunden werden und somit zu einem Rückgang des CO2-Gehalts in der Atmosphäre beitragen. 

Die beste Lösung ist jedoch, kein CO2 zu produzieren, da so weder die Rückgewinnung des Klimagases aus der Atmosphäre noch dessen aufwändige und energieintensive Wiederverwertung notwendig sind.

Bei der Beantwortung der Frage hat uns Theresa Jaster unterstützt. Sie forscht bei Fraunhofer UMSICHT im Bereich der Elektrokatalytischen Alkoholsynthese, einem Verfahren, um CO2 mithilfe von grünem Strom in Alkohole als Ausgangsstoff für die chemische Industrie umzuwandeln. Weitere Informationen zur Forschung des Verbundprojekts Charbon2Chem finden sich auch in der Ausstellung Power2Change - Mission Energiewende.

Redaktion: Marieke Schäfer