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Warum durften Minnesänger niemals die Namen der Frauen im Lied erwähnen?

29. April 2008

  • C Geistes- und Sozialwissenschaften

Warum durften Minnesänger niemals die Namen der Frauen im Lied erwähnen?

Minnesang ist hoch ritualisierte gesungene Liebeslyrik des Mittelalters. Die Lieder mögen mitunter durch die Zuneigung des Dichters und Sängers zu einer bestimmten Person inspiriert worden sein. Die unerfüllte Liebe zu einer konkreten Frau zu thematisieren, war jedoch nicht Sinn und Zweck des Minnesangs.

Es handelte sich dabei vielmehr um eine Lobpreisung der Frau als solcher, sozusagen „als Idee“. Wenn die Lieder bei Hofe aufgeführt wurden, konnte sich somit jede der anwesenden Frauen angesprochen fühlen. Einen Namen zu nennen, hätte diesem Zweck widersprochen und war daher weder beabsichtigt noch vom Sänger oder vom Auditorium gewünscht.

Die so genannte Hohe Minne stellte adlige Damen in den Mittelpunkt, während die so genannten „Mädchenlieder“ die besungene Frau keinem Stand zuordnete. Der Begriff „Hohe Minne“ steht in der Feudalgesellschaft für dienende und verehrende Werbung, wobei sich der Werbende der Dame unterordnet.

Minnesang war adlige, manchmal durch Mäzenatentum geförderte Kunst. Die Sänger selbst waren zu guten Teilen Angehörige des Adels. Der im Lied ausgedrückte Verzicht auf die Erfüllung der Liebe und das damit verbundene Leid trug zur ethischen Aufwertung und gesellschaftlichen Anerkennung des Sängers bei.

Die Anfänge dieser Sangesdichtung auf deutschsprachigem Gebiet liegen im Donau¬län¬dischen Minnesang. Dieser lässt sich etwa auf 1150/1160 datieren. Wesentlich früher ist der Minnesang bei den Trobadors und Trouvères, Dichtern, Komponisten und Sängern höfischer Lieder in Frankreich, nachzuweisen. Diese Form hat ab etwa 1170/1190 wesentlichen Einfluss auf den deutschsprachigen Minnesang.

Seinen Höhepunkt findet der Minnesang durch Walther von der Vogelweide, der ca. von 1170 bis 1230 lebte. Er forderte unter anderem „Liebe auf gleicher Augenhöhe“ mit gegenseitigem Erhören.

Die Frage wurde beantwortet von Dr. Andrea Grafetstätter vom Lehrstuhl für Deutsche Philologie des Mittelalters der Universität Bamberg.