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Warum garen Hülsenfrüchte in gesalzenem Wasser schlechter?

21. August 2014

  • D Naturwissenschaften und Mathematik
Kichererbsen auf einem Teller ausgebreitet Array

Die Kichererbse ist eigentlich eine "Erbsenerbse". Die aus dem Althochdeutschen stammende Bezeichnung "kihhira" wird zurückgeführt auf das lateinische Wort "cicer" was "Erbse" bedeutet. Bild: Paul Saint-Paul/WiD

Wer das Experiment wagt und die getrockneten Hülsenfrüchte in Salzwasser gart, findet die Antwort: Die Schalen werden wunderbar weich und die Früchte richtig gar. Warum ist das so?

Die Schale der Hülsenfrüchte bestehen zu großen Teilen aus Pektinketten. Pektine sind Zuckermoleküle, die lange Ketten bilden können. Diese Molekülketten bilden durch Anziehungskräfte und Bindungen ein dicht verwobenes Netz – und eine harte Schale um die Pflanzenzellen der Hülsenfrüchte. Ziel des Kochens ist es, dieses Netz zu lockern, sodass die getrockneten Hülsenfrüchte von Wasser durchsetzt werden. Erst dadurch werden die Hülsenfrüchte weich und essbar.

Das Kochen erhöht die thermische Energie der Pektinketten und regt die Eigenbewegung der Moleküle an. Die Teilchen des engmaschigen Netzes schwingen stärker, die Bindungen werden lockerer und die feste Struktur des Netzes wird destabilisiert.

Das Salz (Natriumchlorid Na+Cl-) kann diesen Vorgang unterstützen. Es löst sich im Wasser in seine ionischen Bestandteile (Na+ und Cl-), welche sich teilweise in die Pektinketten einlagern. Dadurch wird das Netz der Pektinketten gelockert, die molekulare Struktur verzerrt und die Schale der Hülsenfrüchte durchlässiger für das Wasser. Die Regel, dass man Hülsenfrüchte nicht im Salzwasser kochen darf, kann man also getrost vergessen.

Doch woher kommt dieser Irrglaube, der sich so fest in unseren Köpfen hält? Einen Beleg für die Herkunft gibt es nicht – wohl aber Vermutungen. Da das Trinkwasser früher stärker als heute mit Kalk durchsetzt war, könnte der Mythos dort seinen Ursprung haben. Denn das im Kalk enthaltene, zweifach geladene Calcium (Ca2+) bewirkt eine Verhärtung der, an einigen Stellen negativ geladenen, Pektinketten und somit der Schale. Auch heute kann stark verkalktes Wasser den Garprozess behindern. Ein Hausmittel, dessen Zugabe Abhilfe verschafft und zudem die Garzeit reduziert, ist Natron. Aber Vorsicht! Zuviel Natron macht schnell einen seifigen Geschmack.

Und noch ein Rat zum Schluss: Kochen Sie Hülsenfrüchte nicht zusammen mit säurehaltigen Zutaten wie Tomaten oder Essig. Säure verstärkt die Wechselwirkung der Pektinketten. Die Schale verhärtet und das Essen kommt nicht pünktlich auf den Tisch.

Vielen Dank an Prof. Dr. Thomas Vilgis, Max-Planck-Institut für Polymerforschung Mainz, der beim Beantworten der Frage geholfen hat.

Redaktion WiD: psp

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