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Warum ist die Farbe Gelb als liturgische Farbe im Christentum verboten?

21. Januar 2014

  • C Geistes- und Sozialwissenschaften

Warum ist die Farbe Gelb als liturgische Farbe im Christentum verboten?

Dieses Verbot gilt in der katholischen Kirche seit 40 Jahren nicht mehr. In der Tat war Gelb allerdings – wie übrigens auch Blau, Braun und Grau – als liturgische Farbe ab dem 16. Jahrhundert bis einschließlich 1970 in der katholischen Kirche verboten. Seitdem (und in der Zeit vor 1570) ist Gelb in der Liturgie erlaubt und kam wohl auch des Öfteren zum Einsatz.

Schon Papst Innozenz III. hatte im 12. Jahrhundert in „De sacro altaris mysterio I, 1, 65“ Regeln aufgestellt, die Gelb in der Liturgie nicht berücksichtigten. Unter Pius V. wurden diese Regeln im „Missale Romanum“, dem Messbuch der katholischen Kirche, 1570 einheitlich und verbindlich festgelegt. Demnach waren als liturgische Farben vorgeschrieben: Weiß, Rot, Grün, Violett und Schwarz. Weiß, Rot oder Grün konnten dabei durch Gold, Weiß auch durch Silber ersetzt werden. Gelb gehörte dementsprechend nicht zu den für die Liturgie vorgesehenen Farben.

Liturgiereform

Im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils kam es auch zu einer umfassenden Liturgiereform. Seit 1970 sieht die „Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch“ für die Farben der liturgischen Kleidung folgende Ordnung vor (Auszug aus dem Messbuch):

  • 307. Die verschiedenen Farben der liturgischen Kleidung sollen den besonderen Charakter der jeweils gefeierten Glaubensgeheimnisse und den Weg des christlichen Lebens im Verlauf des liturgischen Jahres verdeutlichen.
  • 308. Für die Farben der liturgischen Kleidung soll die bisher übliche Ordnung gelten:
  • a) Weiß: für Stundengebet und Messfeier in der Oster- und Weihnachtszeit; an den Festen und Gedenktagen des Herrn mit Ausnahme solcher seines Leidens; an den Festen und Gedenktagen der Jungfrau Maria, der Engel, der Heiligen, die nicht Märtyrer sind; am Fest Allerheiligen (1. November), Johannes' des Täufers (24. Juni), Johannes' des Evangelisten (27. Dezember), Kathedra Petri (22. Februar) und Pauli Bekehrung (25. Januar).
  • b) Rot: für Palmsonntag und Karfreitag; an Pfingsten, an den Feiern des Leidens Christi, an den Festen der Apostel und Evangelisten und an den Feiern der Märtyrer.
  • c) Grün: für Stundengebet und Messfeier in der Zeit im Jahreskreis.
  • d) Violett: für Advents- und Fastenzeit. Man kann Violett auch bei der Liturgie für Verstorbene zum Chorgebet und zur Messe verwenden.
  • e) Schwarz kann bei der Liturgie für Verstorbene verwendet werden.
  • f) Rosa kann an Gaudete (3. Adventssonntag) und Laetare (4. Fastensonntag) verwendet werden.
  • Die Bischofskonferenzen können geeignete Änderungen vornehmen, die den Erfordernissen und Bräuchen der einzelnen Völker Rechnung tragen; sie sind dem Apostolischen Stuhl vorzulegen.
  • 309. Zu festlichen Anlässen können wertvollere Paramente verwendet werden, auch wenn sie nicht der Tagesfarbe entsprechen.
  • 310. Die Messen zu bestimmten Feiern werden in der zugehörigen oder in weißer oder in festlicher Farbe gehalten, hingegen die Messen für besondere Anliegen in der Farbe des Tages oder der Zeit oder in violetter Farbe (Messe mit Bußcharakter, z. B. Nr. 23, 28, 40), die Votivmessen in der Farbe, die der betreffenden Messe entspricht, oder aber in der Farbe des Tages oder der Zeit.
Woher kommt der schlechte Ruf der Farbe Gelb?

Bereits die nicht-christliche römische Antike hatte kein positives Verhältnis zur gelben Farbe. So war das „schmutzige Gelb“ („luteum“ ist wohl so zu übersetzen, ganz sicher weiß man das allerdings nicht) beispielsweise die Farbe der Prostituierten im Alten Rom – eine Zuordnung, die sich bis ins Mittelalter hielt.

Dass Gelb in der frühen Zeit des Christentums mit Tod, Verderben, Irrglauben, Heuchelei und Neid konnotiert war, führt man auf das „fahle“ (lat. pallidus) Pferd zurück, das in der Apokalypse des Johannes (6,8) vorkommt. Diese mutmaßlich apokalyptisch-biblischen Wurzeln der Schandfarbe Gelb kommen allerdings erst im Mittelalter deutlich zutage.

Viele Beispiele belegen, dass Gelb damals als Schandfarbe galt. „Ketzern“ wurde im Mittelalter bei der Hinrichtung ein gelbes Kreuz umgehängt.

Seit dem 4. Laterankonzil mussten Juden auf Anweisung von Papst Innozenz III. ab 1215 zur Kennzeichnung einen so genannten „Judenhut“ oder einen gelben Stofffleck auf ihrer Kleidung tragen. Diese Bestimmung zur Kennzeichnung von Juden wurde über die Jahrhunderte immer wieder erneuert, wobei die Formen der Stoffmarkierung wechseln sollten, nicht aber die Farbe. Hierauf geht auch der gelbe „Judenstern“ unter den Nazis zurück.

In mittelalterlichen europäischen Städten wurde außerdem bei Ausbruch der Pest eine gelbe Fahne gehisst.

Man assoziierte die Farbe außerdem mit Alter und Krankheit (vergilben, gelbe Zähne, Haut etc.), Neid und Geiz (n. christl. Lehre 2 der 7 Todsünden), Ärger (Redewendung „die Galle übergehen“ – Galle und Gelb gehen auf den gleichen Wortstamm zurück) und Verlogenheit.

Und schließlich gibt es auch einen wirtschaftlichen Grund, warum die Farbe Gelb im Mittelalter eher unbeliebt war: Der einzige damals bekannte Farbstoff, mit dem sich ein leuchtendes, licht- und waschbeständiges Gelb erzielen ließ, war Safran. Und das war für Europäer unerschwinglich. Alle anderen bekannten Farbstoffe wie Wau und Saflor erzeugten entweder ein fahles Gelb oder blichen schnell aus. Daher war es nie eine anerkannte Kleiderfarbe.

Diese Frage beantwortete Thomas Jürgasch, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg

Quellen:
Deutsches Liturgisches Institut – Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch

 

  • Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch. Die Feier der heiligen Messe, Messbuch. Für die Bistümer des deutschen Sprachgebietes. Authentische Ausgabe für den liturgischen Gebrauch. Benziger, Einsiedeln und Köln - Herder, Freiburg und Basel - Friedrich Pustet, Regensburg - Herder, Wien - St. Peter, Salzburg - Veritas, Linz 1975. Zweite Auflage, ergänzt gemäß Editio typica altera des Missale Romanum, 1975, dem neuen Codex Juris Canonici, 1983, und dem ergänzten Regionalkalender. Teil I, S. 19*-69* und Kleinausgabe, 1988, 61996, S. 23*-73*.
  • E. Hertzsch: „Farben, liturgisch“, in: Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Auflage (1957), Bd. 2, S. 875f.
  • Innozenz III: De sacro altaris mysterio I, 1, 65, in der Reihe Patrologia Latina, Band 217.
  • Ludwig Eisenhofer: Grundriß der Liturgik des Römischen Ritus, Freiburg: Herder, 1950, S. 98.
  • „Farbe“, in: Reallexikon für Antike und Christentum (RAC), Bd. 7, Stuttgart 1969, Sp. 399 und 433.

(Redaktion WiD: mba)