Warum sind Tomaten erst grün und werden dann rot?
Unreife Tomaten sind grün, weil sie, wie alle Früchte, aus umgewandelten Blättern entstehen und Blätter den grünen Farbstoff Chlorophyll enthalten. Rot wird die Frucht, um Tiere anzulocken, die sie fressen und die Samen verteilen.
Biologisch betrachtet ist die Tomate eine Frucht. Als Frucht wird in der Biologie der Teil der Pflanze bezeichnet, der die Samen enthält. Die meisten Früchte sind zunächst grün, da sie den grünen Farbstoff Chlorophyll enthalten. Während der Reife wird das Chlorophyll abgebaut und Farbstoffe werden aufgebaut. Für die rote Färbung reifer Tomaten ist Lykopin, ein Carotinoid, verantwortlich. Mit den Farben der reifen Früchte locken die Pflanzen Tiere an, die die Früchte fressen und für die Verbreitung der Samen sorgen. So ist auch zu verstehen, dass der Farbwechsel von Grün zu auffälligeren Farben erst dann eintritt, wenn die Samen ausgereift sind. Würden Früchte schon vor der Reife ihrer Samen durch ihre Färbung für Tiere attraktiv erscheinen, wären die verbreiteten Samen noch nicht keim- oder überlebensfähig und die Investitionen in die Nachkommenschaft vergeblich.
Früchte bilden sich nach der Befruchtung einer Blüte aus den Fruchtknoten. Diese werden aus den Fruchtblättern gebildet, die speziell umgeformte Blätter sind. Die meisten Früchte sind zu Beginn grün, da sie wie Blätter Chloroplasten mit dem grünen Blattfarbstoff Chlorphyll enthalten. In diesem Stadium können Früchte auch Photosynthese betreiben, ein biochemischer Prozess, bei dem die Pflanze aus Kohlendioxid, Wasser und Sonnenenergie Kohlenhydrate aufbaut. Die meisten Kohlenhydrate, die die Frucht zu ihrer Entwicklung braucht, werden allerdings in den Blättern produziert und dann in die Früchte transportiert. Die Chloroplasten sind jedoch nicht nur für die Photosynthese wichtig, sie sind zugleich der Syntheseort von vielen anderen wichtigen Verbindungen, z.B. von Carotinoiden.
Im Laufe der Fruchtreife werden die Gene, deren Produkte am Reifeprozess beteiligt sind, an- bzw. ausgeschaltet. Verantwortlich dafür sind eine Vielzahl innerer wie auch äußerer Faktoren wie beispielsweise Temperatur, Belichtungsdauer und Feuchtigkeit. Viele Reifungsvorgänge werden durch das Pflanzenhormon Ethen (früher Ethylen) positiv beeinflusst. So fördert es die Aktivität von verschiedenen Enzymen. Dazu gehören solche, die die (nicht süße) Stärke in süße Zuckerarten wie Fructose umwandeln, und andere, die an der Herstellung von verschiedenen Aromastoffen beteiligt sind. Zum Reifeprozess gehört bei vielen Früchten außerdem, dass sie weich werden. Dazu werden Pektine, die den Hauptbestandteil der so genannten Mittellamelle bilden, abgebaut. Die Mittellamelle verbindet die Zellwände benachbarter Zellen und stützt so das Gewebegerüst. Insgesamt werden reife Früchte parallel zur Entwicklung der Samen süßer, aromatischer und weicher als unreife.
Einige Früchte bilden im späten Reifungsstadium sehr viel Ethen, wodurch die letzten Reifeprozesse sehr stark beschleunigt werden. Dafür benötigt die Frucht viel Energie. Gleichzeitig steigt deshalb schlagartig die so genannte Atmung an. Die Atmung ist ein Stoffwechselprozess, bei dem Zucker abgebaut und dabei Energie gewonnen wird. Früchte mit diesem beschleunigten Reifeprozess gegen Ende der Fruchtreife bezeichnet man als klimakterisch. Klimakterische Früchte werden zumeist deutlich vor Erreichen des Atmungsanstieges geerntet, sodass sie sich dann länger aufbewahren lassen. Die Nachreife lässt sich durch künstliche Ethenbegasung oder im Haushalt durch die Aufbewahrung in der Nähe anderer reifer Früchte beschleunigen. Zu den klimakterischen Früchten gehören neben den Tomaten beispielsweise auch Bananen, Aprikosen, Birnen, Feigen, Kiwi, Nektarinen, Pfirsiche und Zwetschgen, Mangos, Avocados und Äpfel.
Die Frage wurde beantwortet von Dr. Christoph Reisdorff von der Universität Hamburg, Institut für Angewandte Botanik.