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Warum steht das Spiegelbild in einem Löffel oder bei einer Gabel auf dem Kopf, nicht aber bei einem Messer?

29. März 2008

  • D Naturwissenschaften und Mathematik

Warum steht das Spiegelbild in einem Löffel oder bei einer Gabel auf dem Kopf, nicht aber bei einem Messer?

Die Ursache dieser optischen Akrobatik liegt in der Gestalt des Löffels. Dessen gekrümmte Innenseite wirkt wie ein Hohlspiegel. Und der verdreht gleichzeitig oben und unten sowie links und rechts. Bei der Gabel ist es ähnlich. Normalerweise ist sie im Bereich der Zacken gebogen, auf ihrer "konkaven" Seite spiegelt man sich ebenfalls Kopf stehend.

Die Breitseite eines Messers hingegen ist platt wie eine Flunder. Sie erzeugt ein Spiegelbild, wie man es vom Badezimmerspiegel kennt: oben und unten, links und rechts - alles an der richtigen Stelle.

Übliches Besteck wurde unter streng "kulinarischen" Gesichtspunkten in Form gebracht. Insofern überrascht es nicht, dass Löffel, Messer und Gabel nur bedingt als Spiegel geeignet sind. Allein ein Messer aus Metall, sofern man kein löchriges Käsebeil vor Augen hat, macht hier eine gute Figur. Die Klinge ist eben und glatt. Blank poliert erzeugt sie ein gewöhnliches Spiegelbild. Neugierige wissen das sehr zu schätzen. Die Situation: Einladung zum Kaffeetrinken. Servieren die Gastgeber den Kaffee in Edelporzellan oder tischen sie Massenware auf? Nachzufragen wäre peinlich - und unverschämt. Wem nun der Kennerblick für die Keramik fehlt, dem hilft ein leichtes Lüpfen der Tasse. Freie Sicht auf deren Unterseite und den dort verborgenen Markennamen gewährt nämlich ein Messer, als Handspiegel geschickt in Position gebracht. Mit etwas Übung geht dies ganz diskret.

Mit einem Löffel gestaltet sich diese Form der Spionage ungleich schwieriger. Je nachdem, ob man die nach außen gewölbte oder die hohle Seite des Löffels betrachtet, steht das Spiegelbild aufrecht oder es macht einen Kopfstand. Letzteres kennt man von Hohlspiegeln und nichts anderes ist die Innenseite des Löffels. Ähnliches gilt für die Gabel. Meist ist sie am Ende wie eine Schaufel gebogen, auf ihrer hohlen Seite steht man ebenfalls Kopf. Der Löffel allerdings vertauscht auch links und rechts, schließlich ist er rundherum gewölbt. Seine Oberfläche ist somit teils in diese, teils in jene Richtung geneigt. Deshalb läuft das zurückgeworfene Licht - nichts anderes ist ein Spiegelbild - "über Kreuz": trifft es auf den linken Löffelrand, wird es nach rechts abgelenkt, von rechts kommendes Licht hingegen nach links reflektiert. Für den oberen bzw. unteren Löffelrand gilt Entsprechendes. Folge: Seitenwechsel und Kopfstand. Fazit: Auf den Einfallswinkel zwischen Licht und Spiegel kommt es an. Beim Löffel ändert sich dieser Winkel entlang seiner Oberfläche, beim platten Messer nicht.

Doch auch der Abstand zum Löffel ist von Bedeutung. Leicht zu erkennen, hält man ihn in der Hand und begutachtet die eigene Spiegelung. Bei ausgestrecktem Arm ist das Bild klein, größer und größer wird es, rückt man näher an den Löffel heran. Dicht davor - am so genannten "Brennpunkt" - kippt das Bild plötzlich um und steht aufrecht. Um dies zu testen, sollte man jedoch eher eine Büroklammer als Versuchsobjekt wählen. Ansonsten schwebt der Löffel direkt vor der Nase und man sieht eigentlich nichts mehr.

Beim Besteck sind solche Effekte reine Spielerei. Anders bei Antennenschüsseln oder Autoscheinwerfern. Hier nutzt man Hohlspiegel, um TV-Signale einzufangen bzw. um im Duett mit einer Lichtquelle  die Fahrbahn optimal auszuleuchten.

Die Frage wurde beantwortet von Dr. Marcus Neitzert, Leiter der Pressestelle der Deutschen Physikalischen Gesellschaft.