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Was passiert im Gehirn bei einer Posttraumatischen Belastungsstörung?

16. Juli 2015

  • D Naturwissenschaften und Mathematik
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Foto: I. Wieser / MPI für Psychiatrie 2011

Menschen mit der Diagnose Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) haben in ihrer Vergangenheit traumatische Situationen erlebt - wie etwa schlimme Unfälle, Kriegsszenarien oder Vergewaltigungen. Diese spielen sich in ihrem Kopf auch Wochen, Monate, oder Jahre nach dem auslösenden Ereignis immer wieder von Neuem ab. Ein bestimmtes Lied, ein spezieller Geruch oder der Anblick eines Alltagsgegenstands – und schon kehren, wie in einem Film, die verdrängten Erinnerungsfetzen zurück. Viele traumatisierte Menschen leiden nicht nur unter diesen „Flashbacks“. Hinzu kommen Schlafstörungen, Alpträume und erhöhte Reizbarkeit, was oftmals Suchtprobleme und sozialen Rückzug zur Folge haben kann. Dies macht das alltägliche Leben auf Dauer zu einer schwer bewältigbaren Aufgabe. Welche Vorgänge im Gehirn verursachen diese Symptome? 

In der Regel führen grauenhafte Erlebnisse zu einer akuten Stressreaktion. Wenn bei den Betroffenen Wochen später beim Gedanken an diese Erlebnisse immer noch vergleichbar starke Reaktionen auftreten, ist unter anderem ihr Stresshormonsystem durcheinander geraten. Das macht sie besonders empfindlich für Belastungen, auch für einfache Stresssituationen im Alltag.

Die genauen neurobiologischen Ursachen der PTBS sind noch nicht abschließend geklärt. Bei den Betroffenen ist unter anderem die Amygdala ungewöhnlich aktiv. Diese Hirnregion ist für das Erkennen und Einstufen von Gefahren zuständig. Gibt es einen „Fehlalarm“ – eine Situation wird also zu Unrecht als Gefahr erkannt – wird diese „Warnsirene“ bei gesunden Menschen schnell wieder abgeschaltet und die Aktivität der Amygdala sinkt. Bei PTBS-Betroffenen ist jedoch die Aktivität der Amygdala erhöht. Gleichzeitig zeigt der ventromediale präfrontale Cortex eine deutlich verringerte Aktivität. Das ist der Bereich in der Hirnrinde, der bei Gesunden die Furchtreaktion kontrolliert. 

Hinzu kommt, dass PTBS-Patienten das traumatische Ereignis nicht als „normale Erinnerung“ im Hippocampus abspeichern. Dieses Hirnareal ist für die Gedächtnisbildung zuständig. Stattdessen erfolgt eine Art Fehlspeicherung, die das unwillkürliche Abrufen der Erinnerungen an das traumatische Erlebnis und damit quälende Flashbacks zur Folge hat. 

Bei der Beantwortung der Frage hat uns Dr. Ulrike Schmidt vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie geholfen, die dort als Leiterin der Trauma-Ambulanz sowie der Forschungsgruppe „Molekulare Psychotraumatologie“ tätig ist. Weitere Informationen zum Thema finden sich beispielsweise auf https://www.dasgehirn.info.

Redaktion WiD: kw

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