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Was würde passieren, wenn man auf dem Mars eine Flasche Wasser ausschütten würde?

28. April 2021

  • D Naturwissenschaften und Mathematik
Eine durchsichtige, offene Wasserflasche liegt auf der Marsoberfläche. Darin ist gefrorenes Wasser. Etwas Wasser ist herausgeflossen und etwas Wasser ist verdampft. Array

Legte man im Mars-Sommer eine durchsichtige Wasserflasche auf den Hängen von Hellas Planitia ab, könnte man bei Sonnenauf- und -untergang gleichzeitig Eis, flüssiges Wasser und Wasserdampf beobachten. Illustration: Louisa Fortwengel/WiD

Staubtrockene Landschaften, Steine, Dünen, roter Sand. Diese Bilder sendete der Marsrover  "Perseverance" bei seiner Landung in einem ausgetrockneten See auf dem Mars. Noch vor dreieinhalb Milliarden Jahren gab es auf dem roten Planeten Seen und Flüsse. Heute suchen Forschende nach den kleinsten Anzeichen flüssigen Wassers. Warum verschwand es? Und was würde passieren, wenn der Mensch heute Wasser auf den Mars bringt? 

Bei dieser Frage hilft ein Gedankenspiel: Wir transportieren Wasser in einer hoch isolierten Flasche zum Mars und schütten sie dort aus.

Bei durchschnittlichen Druckverhältnissen auf dem Mars und einer Außentemperatur von unter 0°C würde das Wasser noch beim Öffnen des Deckels direkt gefrieren, und bei über 0°C zu Dampf werden.

Aber warum bleibt Wasser nicht flüssig, obwohl die Temperaturen im Mars-Sommer auf über 0°C steigen? Das liegt an der dünnen Atmosphäre des Planeten, in der die Teilchen weniger dicht gepackt sind. Der atmosphärische Druck des Mars liegt bei durchschnittlich 0,00636 bar, was ein winziger Bruchteil des Normaldrucks von 1,013 bar auf der Erde ist. 

Welchen Einfluss Druck und Temperatur auf die Eigenschaften von Wasser haben, lässt sich schon auf unserem Planeten beobachten. Auf Meereshöhe, etwa an der Ostsee, herrscht Normaldruck. Dort siedet destilliertes Wasser, das frei von Salzionen oder Spurenelementen ist, bei 100°C und gefriert bei 0°C. Auf dem Mount Everest auf 8848 Metern Höhe herrschen 0,326 bar und Wasser siedet dort schon bei 71°C.

Bei noch geringer werdendem Druck besteht die Möglichkeit für die Existenz von flüssigem Wasser bis zu dem sogenannten Tripelpunkt. Dort sind die drei Aggregatzustände eines Stoffes (fest, flüssig und gasförmig) im (thermodynamischen) Gleichgewicht. An seinem Tripelpunkt kommt Wasser gleichzeitig als Eis, flüssiges Wasser und Wasserdampf vor. Im Druck-Temperatur-Diagramm liegt er bei exakt 0,00611 bar und 0,01°C.

Der durchschnittliche atmosphärische Druck auf dem Mars liegt also nahe, aber dennoch kurz unter dem Tripelpunkt von Wasser, sodass die Wassermoleküle nicht ausreichend dicht beieinander gehalten werden, um flüssiges Wasser sein zu können. Wenn die Temperatur den Gefrierpunkt von ungefähr 0°C überschreitet, gehen sie deshalb direkt vom gefrorenen in den gasförmigen Aggregatzustand über. Diesen direkten Übergang - also ohne "Umweg" über den flüssigen Aggregatzustand - nennt man Sublimation.

Bei der Durchschnittstemperatur von -60°C auf dem Mars findet man deshalb ausschließlich (wenige) riesige Eisfelder und dünne Frostlagen. In manchen Gegenden auf dem Mars klettern die Temperaturen im Sommer über 0°C; das Eis sublimiert zu Dampf und steigt in obere Atmosphärenschichten auf.

Im Sommer findet sich bei Sonnenauf- und -untergang eine moleküldünne Schicht flüssigen Wassers auf den Hängen von Hellas Planitia, des tiefsten Einschlagbeckens des Mars. Das ist möglich, weil dort einerseits die Temperaturen auf bis zu 20°C steigen, und andererseits durch die auflastende Atmosphäre der Druck höher ist. Dadurch wird der Tripelpunkt überschritten und alle drei Aggregatzustände von Wasser sind wieder möglich. Legt man hier eine durchsichtige Wasserflasche ab, könnte man zu Sonnenauf- und -untergang das Gleichgewicht der Aggregatzustände am Tripelpunkt beobachten, bevor das Wasser tagsüber flüssig wird oder nachts gefriert.

Vor dreieinhalb Milliarden Jahren war der rote Planet noch ein (zumindest etwas) blauer Planet. Der Grund für sein heutiges Erscheinungsbild liegt in seiner dünner gewordenen Atmosphäre, wodurch nach und nach das flüssige Wasser verschwand. Steigt Wasserdampf durch Sublimation und Winde auf, ist es in den oberen Atmosphärenschichten energiereichen UV-Strahlen ausgesetzt, die die Wassermoleküle aufspalten. Sie werden zu Wasserstoff, der im Weltall verschwindet, und zu Sauerstoff, der wieder auf den Marsboden herabsinkt. Hier oxidieren dann die eisenhaltigen Minerale und verleihen dem Mars seine charakteristisch rote Farbe.

Aber warum suchen Forschende dann überhaupt nach Wasservorkommen auf dem Mars? Wasser, vor allem in flüssiger Form, ist eine grundsätzliche Bedingung für die Existenz von Leben. Die wesentlichen Elemente dafür, also die Bausteine des Lebens (Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Phosphor und Schwefel), wurden auf dem roten Planeten bereits nachgewiesen. Das könnte darauf hindeuten, dass an Stellen, wo einst Wasser vorhanden war, Leben prinzipiell denkbar und möglich wäre.

Sauerstoff- und Stickstoffvorkommen könnten durch Photosynthese entstanden sein; Methan durch verrottendes organisches Material. Kalkvorkommen wiederum könnten Überreste von Meeresbewohnern wie Mikroorganismen und Kleinstlebewesen mit Kalkskeletten sein. Daraus könnte man auf Leben in Form einfachster Bakterien und Plankton schließen. Allerdings könnten all diese Vorkommen auch komplett abiotischen Ursprungs sein. Vielleicht finden Forschende aber auch im Delta und dem Flussbett nahe des Landungsortes von "Perseverance" Zeichen von Leben auf dem Mars. Wer weiß, welche Erkenntnisse der Marsrover uns in den nächsten Jahren über das Leben auf dem roten Planeten bringt. 

Bei der Beantwortung der Frage hat uns Ulrich Köhler unterstützt, Planetengeologe im Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Sein Forschungsfokus liegt auf den Gesteinsvorkommen des Mars, was sie uns über dessen Vergangenheit sagen.

Redaktion: Louisa Fortwengel

 

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