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Wie beeinflusst das Internet die globale Verbreitung von Trends?

03. Juni 2020

Eine junge Frau in weiter, bunter Kleidung und Sonnenbrille posiert mitten auf einer hell erleuchteten Einkaufsstraße. Foto: Joshua Chun / Unsplash Array

Modetrends breiten sich global aus. Manche Trends setzen sich durch, andere verschwinden schnell wieder. Welche Rolle spielt das Internet dabei? Foto: Joshua Chun / Unsplash

K-Pop, Emojis, Skinny Jeans - Die Liste der weltweit zu beobachtenden Trends aus der Populärkultur der letzten Jahre lässt sich beliebig fortführen. Neu ist das Phänomen globaler Trends nicht, man denke nur zurück an die Schulterpolster der 1980er oder das Tamagotchi in den 1990er Jahren. Die digitale Revolution hat die Verbreitung von Trends aus Mode und Musik jedoch vereinfacht: Internet und soziale Medien ermöglichen die Beschleunigung von Informationen und profitieren von einer größeren Reichweite als klassische Medien. Wie beeinflusst die globale Vernetzung nun die Verbreitung von Trends auf der Welt?

1996 nutzten nur etwa 36 Millionen Menschen weltweit das Internet, 2007 lag diese Zahl bereits bei circa 1 Milliarde. Für das Jahr 2021 rechnen Statistiker*innen mit einem Anstieg auf um die 4,14 Milliarden Internetnutzer*innen. Das bedeutet, dass ungefähr die Hälfte der Weltbevölkerung einen Internetzugang haben und damit auch Trends aufnehmen und verbreiten wird.

Das gewaltige Potenzial der digitalen Infrastruktur ist jedoch nur eine Seite der Medaille. Zwar können Menschen durch das Internet heute viel einfacher in Kontakt mit Inhalten kommen als noch vor zwanzig Jahren und globale Trends sich dadurch schneller und umfassender verbreiten. Die technischen Möglichkeiten des Internets allein machen jedoch noch keinen Trend. Ausschlaggebend für die Verbreitung von Musik- oder Modetrends bleibt daher: Eine Sache muss als attraktiv erkannt werden – nicht nur vom Einzelnen, sondern seiner ganzen Peergroup. Dann kann ein Trend entstehen und die beschleunigenden Faktoren des Internets greifen.

Ob ein Produkt oder eine Mode online und offline zum Trend werden, wird in Zeiten von Social Media entscheidend durch sogenannte Influencer*innen geprägt. Rasch haben auch Unternehmen erkannt, welches Potenzial für die eigene Produktvermarktung dahintersteckt: Mit der Glaubwürdigkeit und Fan-Community von Influencer*innen, die auf Social Media offen oder nebenbei Produkte präsentieren, sollen deren Follower*innen als Kundschaft gewonnen werden. Neu ist dieser Mechanismus im Internetzeitalter jedoch nicht. Auch vorher existierten sogenannte Meinungsführer*innen (Opinionleader), die als Multiplikatoren z.B. für Medieninhalte dienten und an denen sich orientiert wurde. Durch das Internet ist es jedoch einfacher und schneller geworden, die gewollten Inhalte zu verbreiten und so Trends zu generieren – im kommerziellen wie im nicht-kommerziellen Bereich.

Das Internet verbreitet Inhalte zwar leichter, das bedeutet jedoch nicht, dass alle geteilten Inhalte automatisch trenden. Wo populärkulturelle und wirtschaftlich angeheizte Trends aufgrund ihrer Harmlosigkeit vermutlich noch einfaches Spiel haben, gerät bei politischen Inhalten auch ein globales Medium wie das Internet an seine Grenzen. Denn hier bestimmen und dominieren die direkt spürbaren Lebensumstände der Menschen – also das komplexe Zusammenspiel aus Wohlstand, Arbeitssituation, vorhandenen Ressourcen, Gesundheit, wahrgenommener Relevanz konkreter Herausforderungen und Chancen, einzelner Persönlichkeiten u.a. – die Bewertung von Inhalten.

Ob sich ein Trend verbreitet hängt mitunter auch stark vom ästhetischen, kulinarischen und moralischen Empfinden in den einzelnen Weltregionen ab. Manche Moden gehen in einem Land viral, verursachen woanders aber nur Kopfschütteln und Augenrollen.

So lässt sich festhalten: Das Internet trägt in Zeiten von Globalisierung und Hyperkonnektivität entscheidend dazu bei, dass sich die Verbreitung von Trends beschleunigen kann. Grundsätzlich gilt jedoch: Erst wenn genügend Menschen das gewisse Etwas von Buffalos oder Superfoods erkannt haben, entsteht daraus ein Trend – daran ändert auch das Internet nichts.

Bei der Beantwortung der Frage hat uns Herr Dr. Sascha Hölig vom Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut geholfen.

 

Redaktion: Sabine Hoscislawski

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