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Wie groß ist die Sonne wirklich?

13. Mai 2013

  • D Naturwissenschaften und Mathematik
Blick vom Proba-2 Satellit auf die Sonnenfinsternis 2015, Bild: ©ESA/ROB Array

Blick vom Proba-2 Satellit auf die Sonnenfinsternis 2015, Bild: ©ESA/ROB

Die Sonne ist doch ein Gasball, dessen Dichte nach außen kontinuierlich abnimmt, da kann sie doch gar keinen festen Rand haben? Legt man die Begrenzung willkürlich durch die "sichtbare" Photosphäre fest? Wie groß ist dort die Dichte im Vergleich zur Erdoberfläche, und wie weit reicht dann der Gaskörper der Sonne noch nachweisbar in den Weltraum hinaus? Kann man womöglich sagen, dass sich die sonnennahen Planeten im Grunde noch in ihrer "Atmosphäre" befinden?

Es stimmt, die Sonne ist ein Gasball, der sich unterschiedlich stark in den Weltraum ausdehnt. Trotzdem bleibt viel Platz zum nächsten Planeten: 58 Millionen Kilometer sind es bis zum Merkur, rund 150 Millionen Kilometer bis zur Erde. Die Planeten befinden sich also nicht mehr in der Sonnenatmosphäre – die Sonne beeinflusst aber die Atmosphäre der Planeten.

Aber der Reihe nach:

Der Gaskörper der Sonne besteht aus mehreren Schichten. Von innen nach außen sind das der Kern, die Strahlungszone, die Konvektionszone, die Photosphäre, die Chromosphäre und die Korona. Um vom Kern bis zum Rand der Photosphäre zu gelangen, muss man 700 000 Kilometer zurücklegen, also quasi 17 Mal unsere Erde umrunden. Die äußere Sonnenatmosphäre, die sich aus der Korona und der Chromosphäre zusammensetzt, misst noch einmal zwischen einem und drei Sonnenradien.

Was wir auf der Erde als strahlend-hellen Ball am Himmel sehen, ist eigentlich nur die Photosphäre. Denn anders als man vielleicht annimmt, sind die Gasschichten der Sonne nicht alle durchsichtig. Genau genommen können Wissenschaftler nicht weiter als bis zur Photosphäre in die Sonne hineinschauen, da ab dort das Gas wie ein dichter Nebel ist.

Dies hängt mit der Dichte, also der Anzahl der Atome auf einer bestimmten Fläche, und der Temperatur im Inneren der Sonne zusammen. Beide nehmen von innen nach außen ab, und zwar rasant: Ein Kubikmeter Gas im Kern der Sonne wiegt so viel wie 24 große Elefanten à fünf Tonnen. In der Photosphäre ist ein Kubikmeter Gas plötzlich federleicht und hat nur noch das Gewicht einer Biene, also 0, 12 Gramm! Zum Vergleich: Dasselbe Volumen an Luft auf der Erde auf der Höhe des Meeresspiegels ist etwas schwerer als eine Packung Mehl. Die hohen Temperaturen im Inneren der Sonne von bis zu 14 Millionen Grad Celsius sorgen dafür, dass die einzelnen Gasteilchen ionisiert sind. Das bedeutet, die Elektronen, die bei niedrigen Temperaturen um den Atomkern kreisen, verlassen den Atomkern und fliegen frei rum. Diese freien Elektronen stellen ein Hindernis für die Lichtteilchen (Photonen) dar, so dass das Licht gestreut wird. Das und die immense Dichte erzeugen eine Art Nebeleffekt. Je dichter und heißer es ist, desto nebliger wird es.

Wenn die Temperatur nach außen hin abnimmt, können die Atome die Elektronen wieder an sich binden. Neutrale Atome stellen fast kein Hindernis für das Licht dar, so dass das Gas durchsichtig wird und die Lichtteilchen in Richtung Erde strahlen können. Dies geschieht in der Photosphäre. Den Übergang zwischen Konvektionssphäre zur Photosphäre kann man sich so vorstellen, wie wenn man in einem Flugzeug die Wolkendecke durchbricht und schlagartig klare Luft vor Augen hat. Und weil dieser Übergang so klar zu sehen ist, wird die Photosphäre als Oberfläche definiert.

Licht ist übrigens nicht das einzige, was die Sonne erfolgreich in Richtung Planeten schickt. Von der Sonne strömt ein ständiger, stark variabler Teilchenstrom: der Sonnenwind. Wenn die Magnetfelder der Sonne eine Explosion verursachen, kann eine Teilchenwolke so beschleunigt werden, dass sie sogar noch den Jupiter in fast 779 Millionen Kilometern Entfernung erreicht. Sonnenwinde sind mit Geschwindigkeiten bis zu 500 Kilometern pro Sekunde unterwegs. Das bedeutet, sie können innerhalb von drei Tagen die Erde erreichen. Die vom Sonnenwind transportierten geladenen Teilchen werden dann an den Erdmagnetlinien entlang in Richtung der magnetischen Pole gelenkt. Dort treten sie vereinzelt in die obere Erdatmosphäre ein, reagieren mit der Luft – und werden für uns als Polarlichter sichtbar.

Die Frage wurde beantwortet von Dr. Rolf Schlichenmaier vom Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik in Freiburg.

(WiD-Redaktion: wr)