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Wie lernen Kinder Sprache?

29. März 2008

  • C Geistes- und Sozialwissenschaften

Wie lernen Kinder Sprache?

Die Voraussetzungen für das Lernen von Sprache sind biologisch bestimmt und bei Geburt schon vorhanden. Kinder sind deshalb von Beginn an in der Lage, mit der Sprache der Anderen etwas anzufangen: Sie können bereits kurz nach der Geburt Laute unterscheiden und zeigen eine deutliche Vorliebe für die mütterliche und die Muttersprache.

Verschiedene Regionen unseres Gehirns sind daran beteiligt, dass wir in der Lage sind Sprache zu verstehen und selber zu sprechen. Damit sich sprachspezifische neuronale Netzwerke herausbilden und immer weiter verzweigen, ist ein sprachlicher Input aus der Umwelt notwendig.

Durch Sprechen in einer höheren Stimmlage, die Kleinkinder besonders gut wahrnehmen können, häufige Wiederholungen und eine übertriebene Sprachmelodie gelingt es dem kindlichen Gehirn, die Regeln der Sprache herauszufiltern. Durch Zuordnungen von Begriffen und Gegenständen werden Verbindungen zwischen Nervenzellen in verschiedenen Arealen aufgebaut und durch wiederholtes Auftreten werden sie verstärkt.

Offenbar gibt es eine sensible Phase, innerhalb der sich sprachliche Strukturen im Gehirn besonders rasant entwickeln. In dieser Zeit – man vermutet sie in den ersten drei Lebensjahren – entstehen bei einem entsprechenden sprachlichen Input besonders viele Verbindungen zwischen Nervenzellen.

Kinder durchlaufen bei der Sprachentwicklung die gleichen sprachlichen Meilensteine in der gleichen Reihenfolge. Ähnlich wie bei der motorischen Entwicklung – die einen laufen mit 11, die andern mit 15 Monaten – geschieht dies allerdings zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Ein Mix aus biologischen Voraussetzungen und den Einflüssen von Eltern, Geschwistern und anderen Bezugspersonen bestimmt, wann welcher Schritt getan wird.

Das Erlernen von Grammatik und Phonologie (wie die verschiedenen Laute einer Sprache gebildet werden) sind vermutlich mehr durch genetische Einflüsse zu erklären. Wortschatz oder Pragmatik (das „Benutzen“ der Sprache, das Sprechen selbst) sind wohl stärker durch Umwelteinflüsse bestimmt. Zum Beispiel dadurch, wie sehr Kinder zum Sprechen ermutigt werden oder inwieweit kindliche Äußerungen aufgegriffen und verändert werden.

Insgesamt spielen somit für die Sprachentwicklung die soziale Umgebung eines Kindes wie auch die biologischen Voraussetzungen eine wichtige Rolle. Ob ein Kind mit 10 oder 15 Monaten zu sprechen beginnt, ist wahrscheinlich wenig beeinflussbar. Wohl aber, welchen Wortschatz ein Kind im Verlauf der Entwicklung erwerben wird.

Die Frage wurde beantwortet von Steffi Sachse, Dipl.- Psychologin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen (ZNL) der Universität Ulm.