Logo Wissenschaft im Dialog Wissenschaft im Dialog

Zurück zu „Wie?So!“

Wie sieht die Zukunft der Glühwürmchen aus?

29. Juni 2022

  • D Naturwissenschaften und Mathematik
Ein Glühwürmchenmännchen wartet in seinem gewohnten Lebensraum auf die Nacht, Foto: Matthias Nuß Array

Ein Glühwürmchenmännchen wartet in seinem gewohnten Lebensraum auf die Nacht, Foto: Matthias Nuß

Wie sieht die Zukunft der Glühwürmchen aus?

Im Juni sitzen wir an warmen Sommerabenden im Park. Bei einem Picknick genießen wir den warmen Abend und einige von uns erinnern sich daran, dass ihre Großeltern von großen Glühwürmchen-Schwärmen berichteten. Auch wir entdecken ein Leuchten im Unterholz und können unser Glück kaum fassen. Was wir sehen, sind Glühwürmchen. Zu mehreren schwirren sie durch die Luft. Wir sind fasziniert vom Naturschauspiel und fragen uns, wie die Zukunft der Glühwürmchen wohl aussehen mag.

Glühwürmchen gehören zur Familie der Lampyridae (Leuchtkäfer), die insgesamt mehr als 2.000 verschiedene Arten zählt. Die meisten Arten der Leuchtkäfer leben in Nordamerika und in den Tropen. In Deutschland gibt es drei verschiedene Arten: Der „Kurzflügel-Leuchtkäfer“, dessen Männchen und Weibchen weder fliegen noch leuchten können. Die zweite Art ist der „Große Leuchtkäfer“, dessen Weibchen können nicht fliegen, aber leuchten und die Männchen, können fliegen, aber sie leuchten nicht. Die dritte Art ist der „Kleine Leuchtkäfer“ – auch als das Glühwürmchen bekannt. Bei dieser Art können die Weibchen nicht fliegen, aber leuchten und die Männchen können fliegen und leuchten.

Larven fressen Schnecken, die doppelt so groß sind wie sie selbst

Glühwürmchen bevorzugen als Habitate Auenwälder mit lichtdurchlässigen Baumkronen. Ihre Larven brauchen zum Überwintern Falllaub, unter dem sie sich verstecken können und als Nahrungsquelle Schnecken. Letztere ernähren sich von Gräsern, weshalb diese in ihrem Lebensraum vorhanden sein müssen. Diese Voraussetzungen sind in Auenwäldern, aber auch im Unterholz von Laubwäldern mit angrenzenden Talwiesen oder in Stadtparks gegeben. Übrigens: Die Glühwürmchenlarven fressen Schnecken, die bis zu doppelt so groß sind wie sie selbst.

Ein Großteil unseres heutigen Wissens über die Glühwürmchen stammt von H. Schwalb (1961, Zoologische Jahrbücher, Abteilung für Systematik, Ökologie und Geographie der Tiere 88 (4): 399–550), der in den frühen 60er-Jahren die Lebensweise, Lebensräume und Lebenszyklen der Leuchtkäfer erforschte. Seitdem erforschte man die Glühwürmchen in Deutschland kaum weiter. Das mag unter anderem an der großen Artenvielfalt der Insekten liegen, von denen es alleine in Deutschland mehr als 34.000 Arten gibt.

Wo tanzt das Glühwürmchen?

Von 2007 bis 2009 gab es in Sachsen das Citizen Science Projekt „Wo tanzt das Glühwürmchen?“. Bürger*innen konnten ihre Beobachtungen von Glühwürmchen melden und ihre Funde in einer Karte von Sachsen eintragen. Im Laufe der drei Jahre sind 3998 Fundmeldungen eingegangen. Bis heute tragen Bürger*innen ihre Glühwürmchen-Beobachtungen in die Karte ein, sodass die Daten über die Glühwürmchen-Bestände in Sachsen stetig wachsen. Die Karte liefert einen Überblick, wo in Sachsen Glühwürmchen zu finden sind, und zeigt, dass sie bis jetzt noch sehr häufig und weit verbreitet sind. Das Ergebnis lässt vermuten, dass es den Glühwürmchen in Deutschland noch ganz gut geht.

Trockenheit ist die größte Herausforderung für Glühwürmchen

Doch das könnte sich bald ändern. Die größte Herausforderung der Glühwürmchen in der heutigen Zeit sind Hitze und Trockenheit im Sommer. Glühwürmchen haben ein weiches Außenskelett und leben das ganze Jahr über am Boden unter feuchten Bedingungen. Sie sind bei anhaltender Trockenheit nicht lebensfähig. So ist die Trockenheit die größte Herausforderung für die Glühwürmchen.
Eine weitere Herausforderung ist die Lichtverschmutzung durch Städte. Glühwürmchen sind nachtaktive Tiere, die erst ab einer bestimmten geringen Lichtintensität leuchten. Dieses Leuchten brauchen sie für die Partnersuche. Das Kunstlicht ist ein erheblicher Störfaktor für sie. Sind die Glühwürmchen einmal aus ihrem Lebensraum verschwunden, ist es sehr schwer, sie wieder zurückzuholen. Die Weibchen können nicht fliegen und krabbeln über den Boden. Die Strecken zu einem anderen Habitat sind dann oft zu weit.

Das Aussterben der Glühwürmchen beeinflusst die Biodiversität im Auenwald

Wie bei jedem Artensterben hätte auch das Aussterben der Glühwürmchen Folgen für unser Ökosystem. Die Glühwürmchenlarven sind räuberisch und fressen Schnecken. Wenn es keine Glühwürmchen mehr geben würde, wäre ein wichtiger Gegenspieler bestimmter Schneckenarten in den Auenwäldern verschwunden. Dies hätte weitere Konsequenzen für die Biodiversität im Auenwald.

Zur Zeit müssen wir uns noch nicht zu sehr um die Zukunft der Glühwürmchen sorgen. Allerdings haben wir keine Gewissheit, wie schnell oder langsam ein Artensterben bei den Glühwürmchen in Folge des Klimawandels und anderer Faktoren eintritt.

Bei der Beantwortung der Frage hat uns Dr. Matthias Nuß unterstützt. Er ist Leiter der Sektion Lepidoptera bei den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden. Außerdem ist er Glühwürmchen-Experte und betreibt mit anderen Forscher*innen die Plattform „Insekten Sachsen“ auf der Bürger*innen ihre Beobachtungen von Insekten mitteilen können.

Redaktion: Inga Siek

Frage an die Wissenschaft? Die Online-Redaktion von WiD sucht Experten, die sich mit diesem Thema auskennen, und beantwortet Ihre Frage.

Zum Frageformular
Zur Übersicht

Mehr Wie?So!s zum ähnlichem Thema:
Warum leuchten Glühwürmchen?