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Wie viel Kälte verträgt ein Mensch?

29. April 2008

  • D Naturwissenschaften und Mathematik

Wie viel Kälte verträgt ein Mensch?

Sinkt die Körperkerntemperatur eines Menschen unter etwa 26 Grad Celsius, kann er nicht überleben. Wann dieser Wert erreicht wird, hängt jedoch nicht nur von der Außentemperatur, sondern von einer Reihe weiterer Faktoren ab.

Normalerweise wird beim Menschen der Körperkern, das sind die inneren Organe und das Gehirn, konstant auf einer Temperatur von 36 bis 37 Grad gehalten. Dies ist für die Stoffwechselvorgänge und damit die optimale Funktion der Organe notwendig. Die Temperatur der Peripherie, also die von Armen und Beinen, liegt dagegen in der Regel niedriger und kann schwanken. Droht die Körpertemperatur durch äußere Einflüsse zu sinken, frieren wir. Dies ist ein Warnsignal des Körpers, dass Unterkühlung droht.

Der menschliche Körper kann mit einer Reihe von Maßnahmen dem Sinken der Körperkerntemperatur entgegenwirken. Die Gefäße in Armen und Beinen verengen sich, so dass weniger warmes Blut durch die Körperperipherie strömt. Die Muskeln zittern. Dabei wird, wie bei sonstigen Muskelbewegungen auch, Wärme produziert. Zudem läuft ein besonderer Stoffwechselvorgang in den Muskelzellen ab. Normalerweise wird ein Teil der beim Abbau von Zucker (Glukose) frei werdenden Energie zur Herstellung von Adenosintriphosphat (ATP) genutzt und nur ein Teil wird als Wärme frei. Die energiereiche Substanz ATP wird für eine Vielzahl von Stoffwechselvorgängen benötigt. Bei drohender Unterkühlung können die Zellen die gesamte verfügbare Energie jedoch als Wärme freisetzen. Der Energieverbrauch durch die Produktion von Wärme ist jedoch zu gering um dadurch abnehmen zu können.

Wenn der Wärmeverlust größer wird als die dem Körper mögliche Wärmeproduktion, sinkt die Körpertemperatur ab. Die zur Aufrechterhaltung der Organfunktionen notwendigen Stoffwechselvorgänge verlangsamen sich. Lebensbedrohlich wird es ab 30 Grad Celsius. Unter 26 Grad Celsius besteht keine Überlebenschance mehr. Der Tod tritt meist durch Herz-Kreislaufversagen ein.

Das Absinken der Körpertemperatur hängt nicht nur von der Außentemperatur ab. Feuchtigkeit und Wind fördern die Auskühlung sehr stark. Zudem spielen der Körperbau und die Verfassung des Menschen eine wichtige Rolle. Fettpolster wirken beispielsweise isolierend. Auch das Verhältnis der Körperoberfläche zum Volumen beeinflusst die Abkühlung. Kleine Menschen, also auch Kinder, haben im Verhältnis zum Körpervolumen eine größere Oberfläche als große Menschen. Deshalb kühlen sie schneller aus. Auch unter Einfluss von Alkohol ist der Wärmeverlust größer, da sich die Blutgefäße weiten. Geschwächte Menschen, z.B. Hungernde oder Kranke, können weniger Wärme bilden. Kommen also ungünstige Umstände zusammen, kann es auch bei Temperaturen über dem Gefrierpunkt zum Kältetod kommen.

Die Frage wurde beantwortet von Frau Prof. Dr. Franziska Wollnik, Abteilung Tierphysiologie des Biologischen Instituts der Universität Stuttgart.