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Wie viel Kohlendioxid gelangt jährlich in die Atmosphäre, und welcher Anteil davon wird in Land und Meer gebunden? Welche Rolle spielen dabei die Kieselalgen?

08. Juni 2010

  • D Naturwissenschaften und Mathematik

Wie viel Kohlendioxid gelangt jährlich in die Atmosphäre, und welcher Anteil davon wird in Land und Meer gebunden? Welche Rolle spielen dabei die Kieselalgen?

Durch Verbrennung fossiler Energieträger werden jährlich rund 7,2 Milliarden Tonnen Kohlenstoff in Form von CO2 freigesetzt. Im Laufe der Verbrennung verbindet sich der Kohlenstoff mit Sauerstoff zu Kohlendioxid (CO2). Es entstehen 26,4 Milliarden Tonnen oder 26 400 000 000 000 Kilogramm CO2. Dies sind durchschnittliche Werte aus den Jahren 2000 bis 2005. Hinzu kommen CO2-Emissionen aus Landnutzungsänderungen, wenn etwa Wälder gerodet und die Bäume verbrannt werden. In den 1990er Jahren gelangten auf  diese Weise jedes Jahr durchschnittlich 1,6 Milliarden Tonnen Kohlenstoff oder 5,9 Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre.

Knapp die Hälfte des Kohlendioxids, 45 Prozent, verbleibt in der Atmosphäre. Rund 30 Prozent  werden von der Landbiosphäre, weitere 25 Prozent des Kohlendioxids im Ozean gespeichert. Ein Teil des Kohlendioxids löst sich im Ozean zu Kohlensäure. Das führt zu einer leichten „Versauerung“ des Meerwassers (Abnahme des pH-Wertes).

An Land nehmen Pflanzen und Böden das CO2 auf. Insbesondere Bäume können Kohlenstoff in großen Mengen und über lange Zeiträume speichern. Wenn sie absterben, zerfallen die Pflanzen und geben das gebundene CO2 wieder frei.

Das Kohlendioxid in den oberflächennahen Schichten der Ozeane wird vor allem durch das Pflanzen-Plankton (Phytoplankton) aufgenommen. Dazu gehören verschiedene Algenarten, darunter die Kieselalgen. Sie machen einen Großteil des Phytoplanktons aus.

Kieselalgen verwenden, ihrem Namen entsprechend, Kieselsäure (H4SiO4) zum Aufbau ihrer Schalen, haben also Siliziumdioxid(SiO2)-Schalen und kein Kalkskelett (CaCO3). Während im Meeresboden gelagerter Kalk sehr viel Kohlenstoff speichert, enthalten die Siliziumdioxid(SiO2)-Schalen von Kieselalgen nur geringe Mengen Kohlenstoff.

Zur Verminderung des Kohlendioxidgehaltes der Atmosphäre tragen Kieselalgen trotzdem bei, da sie – wie andere Pflanzen – Photosynthese betreiben. Aus dem oberflächennahen Meerwasser nehmen sie Kohlenstoff in Form von Kohlendioxid und Bikarbonat (HCO3-) auf und bilden daraus und aus weiteren Stoffen ihre Körpersubstanz. Dadurch reduzieren die Kieselalgen den CO2 Gehalt des oberflächennahen Meerwassers, welches dann neues CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen kann.

Sterben die Algen ab, so sinken sie und damit auch der gebundene Kohlenstoff in tiefere Wasserschichten. Vor allem die Kieselalgen, die durch ihr Siliziumskelett recht schwer sind, sinken schnell nach unten.

In tieferen Wasserschichten werden die Algen durch Bakterien zersetzt. Der dabei frei werdende Kohlenstoff kann über lange Zeiträume dort verbleiben. In Wassertiefen ab ca. 1000 – 2000 Metern (je  nach Strömungsverhältnissen) wird der Kohlenstoff über Zeiträume von mehreren 100 bis zu 1000 Jahren eingelagert.

Ein kleiner Teil des in den Algen gebundenen Kohlenstoffs gelangt bis zu den Ablagerungen am Meeresboden (Tiefseesedimente). Dort werden jährlich rund 0,1 bis 0,2 Milliarden Tonnen Kohlenstoff dauerhaft gelagert.

Mit all diesen Prozessen tragen Kieselalgen ganz wesentlich zur so genannten biologischen Kohlenstoffpumpe bei. Mit diesem Begriff fasst man Prozesse zusammen, durch die Kohlendioxid an der Meeresoberfläche von Algen durch Photosynthese gebunden wird und durch Absinken der Algen in die Tiefe gelangt, wo es für lange Zeit gespeichert bleibt. In Gedankenexperimenten und mathematischen Simulationen haben Wissenschaftler diese biologische Kohlenstoffpumpe „abgeschaltet“. Fiele sie aus, so das Ergebnis, würde sich die CO2-Konzentration in der Atmosphäre fast verdoppeln. Dies zeigt die Bedeutung der biologischen Pumpe und der Kieselalgen für das globale Klima.

Neben der biologischen Pumpe gibt es noch die physikalische Pumpe, die zur CO2-Speicherung in den Ozeanen beiträgt. Mit diesem Begriff werden Vorgänge beschrieben, die auf die unterschiedliche Dichte des Wassers und die unterschiedliche Löslichkeit von Gasen in Abhängigkeit von der Temperatur zurückzuführen sind. Auch die physikalische Pumpe transportiert CO2 in die tieferen, kälteren Schichten des Ozeans, wo es für lange Zeit gespeichert wird.

Die Frage wurde beantwortet von Professor Dieter Wolf-Gladrow, Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung und vom Umweltbundesamt.

(Redaktion WiD: urs)