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Wieso gibt es unterschiedliche Temperaturskalen auf der Welt?

29. April 2008

  • D Naturwissenschaften und Mathematik

Wieso gibt es unterschiedliche Temperaturskalen auf der Welt?

Temperaturskalen und -einheiten können genau wie andere Einheiten willkürlich festgelegt werden. Anders als bei Größen wie Länge oder Gewicht kann man bei der Temperatur jedoch in gewissen Grenzen auch noch den Nullpunkt beliebig wählen.

Eine Temperaturskala kann daher zum Beispiel durch die Festlegung von mindestens zwei sogenannten Fixpunkten definiert werden, zwischen denen die Skala dann gleichmäßig geteilt wird. Die beiden bekanntesten Temperaturskalen sind nach den Thermometerbauern Daniel Gabriel Fahrenheit (1686 -1736) und Anders Celsius (1701 – 1744) benannt. Celsius  wählte als Fixpunkte die Temperaturen von einem Eis-Wasser-Gemisch (0 °C) und von kochendem Wasser (100 °C). Fahrenheit liebäugelte mit verschiedenen Fixpunkten, darunter die Körpertemperatur des gesunden Menschen, die Temperatur einer Kältemischung aus Eis, Wasser und Salmiak und die niedrigste Temperatur in Danzig im extrem kalten Winter 1708/1709. In der heute nach ihm benannten Temperaturskala hat ein Eis-Wassergemisch die Temperatur von 32 °F und kochendes Wasser die Temperatur von 212 °F.

Fahrenheit wurde in Danzig geboren und verbrachte viele Jahre seines Lebens in deutschen Ländern, war jedoch auch Mitglied der Royal Society in London und in England hoch angesehen. So ist verständlich, dass die nach ihm benannte Temperaturskala insbesondere in angelsächsischen Ländern verbreitet war und in den USA heute noch üblich ist. Ein Vorteil der Fahrenheitskala ist, dass auch in kalten Wintern kaum jemals negative Temperaturen in °F auftreten. In den meisten anderen Ländern und in den Wissenschaften hat sich dagegen die Celsius-Skala durchgesetzt.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat man erkannt, dass die Temperatur ein Maß für die Bewegung von Atomen oder Molekülen ist. Es muss deshalb eine tiefste mögliche Temperatur geben, die dann vorliegt, wenn die Atome oder Moleküle sich nicht mehr bewegen: kälter kann es nicht werden. Diese Temperatur liegt bei -273,15 °C. William Thomson (der später zum Lord Kelvin of Largh geadelt wurde) hat im Jahr 1864 darauf aufmerksam gemacht, dass man diese Temperatur zum Nullpunkt einer Temperaturskala machen kann. Eine solche Temperaturskala wurde aber erst 1960 eingeführt, und die Einheit wurde Kelvin, abgekürzt K, genannt.

Die Umrechnung von °C als in K ist ganz einfach: t/°C = T/K - 273,15. Temperaturdifferenzen haben also in beiden Einheiten denselben Zahlenwert.

Die Kelvin-Skala wird vorwiegend bei tiefen Temperaturen verwendet. Außerdem sind einige physikalische Formeln einfacher, wenn die Temperatur in K benutzt wird. Im täglichen Leben benutzt man weiterhin die Celsius-Skala, weil wir es so gewohnt sind und weil die Zahlen einfacher zu handhaben sind. Aber wer 39,5 °C Fieber hat gehört natürlich genauso in Bett wie jemand, bei dem dieselbe Temperatur als 312,65 K (oder in den USA als 103,1 °F) gemessen wird.

Die Frage wurde beantwortet von Dr. Erich Tegeler, Fachbereich Temperatur der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt