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Woher stammt die Redewendung "Mein Name ist Hase"?

29. März 2008

  • C Geistes- und Sozialwissenschaften

Woher stammt die Redewendung "Mein Name ist Hase"?

Die vollständige sprichwörtliche Redensart, um die es hier geht, lautet: „Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts!“ und bedeutet soviel wie: nichts von einer bestimmten Sache zu wissen; mit einer bestimmten Sache nichts zu tun haben zu wollen.

Über die Entstehung dieser sprichwörtlichen Redensart wird in der Fachliteratur eine Anekdote angegeben, in welcher im Jahre 1855 der Heidelberger Jura-Student Viktor Hase einem Kommilitonen seinen Studentenausweis überlassen hatte, nachdem dieser in einem Duell seinen Gegner erschossen hatte. Mit dem fremden Ausweis gelangte der Flüchtling  wohlbehalten über die Grenze nach Frankreich, wo er den Ausweis verlor. Der Ausweis wurde gefunden und ans Heidelberger Universtitätsgericht geschickt. Bei der Befragung soll sich der Jurist Viktor Hase so geäußert haben: „Mein Name ist Hase, ich verneine die Generalfragen, ich weiß von nichts!“ Die schlagfertige Antwort verbreitete sich daraufhin leicht gekürzt und ist nun in aller Munde (vgl.: Krüger-Lorenzen, Kurt:  Deutsche Redensarten und was dahinter steckt; Heyne München 2001).

„Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts!“ wird in der Phraseologie, einer Teildisziplin der Sprachwissenschaft, zu den sprichwörtlichen Redensarten gezählt. Daneben gibt es noch die Sprichwörter. Die Unterschiede zwischen beiden bestehen vor allem in Form und Funktion.

Sprichwörter sind fest gefügte Sätze, die eine allgemeine Lebenserfahrung zum Ausdruck bringen, zum Beispiel: „Ein faules Ei verdirbt den Brei“ oder „Hoffen und Harren machen manchen zum Narren“. Sie sind vor langer Zeit im Volk entstanden und tragen in ihrem wörtlichen und schriftlichen Gebrauch zum Formenreichtum der Sprache bei.

Sprichwörtliche Redensarten (oder auch „idiomatische Redewendungen“) dagegen sind verbale, bildhafte Ausdrücke, die erst in einen Kontext eingefügt werden müssen, um eine vollständige Aussage zu ergeben, zum Beispiel: „die Daumen drücken“ oder „durch den Kakao ziehen“. Hierbei handelt es sich um Wortkonstruktionen, deren Sinn ein anderer ist als die Summe der Einzelbedeutungen der Wörter, aus denen die Konstruktion besteht. Etwas „durch den Kakao ziehen“ hat weder mit „Kakao“ noch mit „ziehen“ das Geringste zu tun.

Über den Gebrauchsbeginn, gewissermaßen die Geburt von Sprichwörtern und sprichwörtlichen Redensarten herrscht in den seltensten Fällen Gewissheit. Wenn ein Sprichwort als solches bezeichnet wird, ist es ja bereits seit langem im allgemeinen Gebrauch. Sprichtwörtliche Redensarten dagegen sind oft Augenblicksbildungen, die wegen ihrer Trefflichkeit Anklang fanden und weiterhin gebraucht wurden: Jemand prägt die Wendung, er selbst oder ein anderer setzt sie in Umlauf.

Die Frage wurde beantwortet von Dr. Karl-Heinz Siehr, Linguist, Universität Potsdam