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Woher wissen wachsende Pflanzen, dass sie den Stengel grün, die Blüte aber gelb färben müssen?

29. März 2008

  • D Naturwissenschaften und Mathematik

Woher wissen wachsende Pflanzen, dass sie den Stengel grün, die Blüte aber gelb färben müssen?

Pflanzen verfügen über einen genauen Bauplan, der sich im Lauf der Entstehungsgeschichte der Pflanzen herausgebildet hat. Dieser Bauplan (Gene) umfasst neben den Anweisungen, wie die Pflanze aufgebaut ist auch die Anweisungen für die unterschiedlichen Farben.

Der Bauplan besteht aus einer Vielzahl von Befehlen, die in jeder einzelnen Pflanzenzelle unterschiedlich aktiviert werden können. Das Prinzip funktioniert  nur, weil die einzelne Zelle ihre Position im Verhältnis zu ihren Nachbarzellen und in der gesamten Pflanze bestimmen kann.

Eine Pflanzenzelle, die eine Blüte werden soll, entseht wie alle Zellen im Wachstumskegel an der Sproßspitze. Dort erfolgt die grundsätzliche Programmierung zu einer Zelle im Blühapparat der Pflanze. Wenn die Pflanze nun ein entsprechendes Signal (Blühhormon) bekommt, beginnt sie mit der Bildung des jeweiligen Farbstoffs.

Konkret funktioniert das Folgendermaßen: Pflanzen bilden im Frühjahr und Sommer (je nach Pflanzenart unterschiedlich) ein sogenanntes Flowering Locus T-Protein (FT). Dies ist eine Art Schalter, der ein zweites Protein (Eiweiß) das Flowering Locus D (FD) Protein anschaltet.  Dieses FD-Protein wird nur in den Wachszumszentren der zukünftigen Blüten gebildet, das FT aber in den Blättern der Pflanze. Die Bildung von FT in den Blättern ermöglicht der Pflanze eine Reifebestimmung, so dass sie zum richtigen Zeitpunkt blüht. Wenn beide Proteine in den Stammzellen der Blütenbildung vorhanden sind, aktivieren sie eine Vielzahl von Genen, die die eigentliche Blütenbildung steuern.

Dass die Pflanze nun ausgerechnet die Blüten bunt färbt, hat mit ihrer Fortpflanzung zu tun. Die Blüten enthalten die Sexualorgane der Pflanze. Um diese für Insekten besonders attraktiv zu machen werden sie mit Nektarien ausgestattet, die den Insekten als Nahrung dienen. Die Insekten nehmen nun ihrerseits bei der Nahrungsaufnahme die männlichen Geschlechtszellen (Pollen) mit und tragen den Pollen von Blüte zu Blüte. So sichern die Pflanzen ihre Bestäubung und damit ihre Nachkommen. Deshalb sehen z.B. Bienen oft so staubig aus.

Damit die Insekten die Nektarien auch finden, haben die Pflanzen farbige Lockapparate entwickelt, die den Insekten die Position ihrer Nektarien anzeigen. Würde die ganze Pflanze einfarbig - zum Beispiel gelb - sein, dann wäre die Signalwirkung aufgehoben, da die Insekten dann nicht die richtige Stelle der Pflanze anfliegen würden.

Die Frage wurde beantwortet von Joachim Rinder, Diplom-Biologe am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Golm.