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Wovon hängt die Lebenserwartung verschiedener Arten ab?

29. Mai 2015

  • D Naturwissenschaften und Mathematik
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Rassekatzen haben eine geringere Lebenserwartung als Mischlingskatzen. Foto: WCopas/flickr CC BY 2.0

Einige Lebewesen auf diesem Planeten können ein stattlicheres Alter als wir Menschen erreichen. So soll es das älteste erlegte Grönlandwal-Exemplar auf 211 Jahre gebracht haben. Auch für Galápagos-Riesenschildkröten ist es nicht sonderlich schwer, die Eintagsfliege um ein zehntausendfaches zu überleben. Mammutbäume werden gar bis zu 4000 Jahre alt. Weshalb unterscheidet sich die Lebenserwartung verschiedener Arten so sehr? 

Grundsätzlich ist die Lebenserwartung das Ergebnis eines evolutionären Prozesses und von einer Vielzahl an Faktoren abhängig. Es gibt daher kein einfaches Regelwerk, auf das man sich bei der Frage nach der Lebenserwartung stützen könnte. Zwar leben bei Säugetieren größere Arten tendenziell länger als kleine, dies muss aber nicht immer der Fall sein. Innerhalb derselben Spezies kann es ebenfalls massive Unterschiede geben: Bei Rassekatzen etwa ist die zu erwartende Zeitspanne zwischen Geburt und Tod für gewöhnlich geringer als bei Mischlingskatzen. 

Die Lebenserwartung einer Spezies ist in deren Erbgut festgelegt. Sie hängt aber auch von Umweltbedingungen und zufälligen Prozessen ab. Grundlegendes biologisches Ziel einer Art ist zunächst immer, sich selbst  zu erhalten. Hierfür haben sich im Laufe der Stammesgeschichte unterschiedliche Strategien entwickelt. Prinzipiell treten in jeder Population durch Rekombination und Mutation zufällige Veränderungen im Erbgut auf, die sich durch natürliche Selektion positiv auf die Arterhaltung auswirken. Individuen, die genetisch besser an die Umweltbedingungen angepasst sind, besitzen also nicht nur selbst optimierte Überlebenschancen, sondern können im Laufe ihres Lebens auch mehr Nachwuchs hervorbringen. 

Diese Logik muss nicht zwangsläufig dazu führen, dass das Fortbestehen einer Spezies durch möglichst lange Lebensspannen der einzelnen Individuen gesichert wird. Eine Alternative besteht darin, auf möglichst viele Nachkommen innerhalb kürzerer Lebenszeit zu setzen. Dies geht jedoch zu Lasten des körpereigenen Regenerationsmechanismus, da diese “Qualitätskontrolle” den Organismus eine zusätzliche Menge an Energie kostet. 

Durch die Umsetzung von Stoffen aus der Nahrungsaufnahme – dazu gehören Zucker, Fette und Proteine – gewinnt der Körper die zum Betreiben aller energieverbrauchenden Prozesse benötigte “verwertbare” Energie. Dazu kann man sich einen 100-Euro-Schein aus dem Bankautomaten vorstellen, der zunächst in viele kleinere Teile (z.B. 50-Cent-Münzen) umgewandelt werden muss, bevor er im Waschsalon verwendbar ist. Allerdings entstehen bei diesem Wechselprozess unumgänglich auch schädliche „Abfallprodukte“ – sogenannte freie Radikale –, welche zelluläre Moleküle, Zellen und letztlich ganze Organe schädigen.

So haben beim Menschen etwa viele Organe nach ungefähr 35 Jahren ihre maximale Leistungsfähigkeit verloren. Das Körpersystem kann diese nur in begrenztem Maße regenerieren; gleichzeitig erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, zu erkranken. Den natürlichen Alterungsprozess gänzlich aufzuhalten, ist mit heutigem Wissensstand unmöglich. Doch wer möchte schon ewig leben? Vielleicht ist “live fast, love hard, die young” - das Lebensmotto der Rocksängerin Janis Joplin - sogar vertretbarer, als es auf den ersten Blick scheint.

Bei der Beantwortung der Frage hat uns Prof. Dr. Heinz Dieter Osiewacz vom Institut für Molekulare Biowissenschaften an der Goethe-Universität in Frankfurt geholfen.

Redaktion WiD: kw

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