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Nachgefragt - bei Henning Krause

23. Juni 2015

  • Erstellt von Nachgefragt
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Henning Krause ist Social Media Manager der Helmholtz-Gemeinschaft. Foto: Helmholtz-Gemeinschaft

Herzlich willkommen zur zweiten Ausgabe von „Nachgefragt”. In dieser Reihe wollen wir in loser Folge Menschen vorstellen, die in der Wissenschaftskommunikation arbeiten. Dazu haben wir einen Fragebogen entwickelt – und unsere Interviewpartner gebeten, uns Rede und Antwort zu stehen: mal ernsthaft, mal mit einem Augenzwinkern.

Heute beantwortet Henning Krause unsere Fragen. Er ist Social Media Manager der Helmholtz-Gemeinschaft.

Nachgefragt – bei Henning Krause

Ein guter Kommunikator braucht…?

Damit Wissenschaftskommunikation keine Einbahnstraße ist, braucht man die Bereitschaft und den Willen, zuzuhören und in einen Dialog auf Augenhöhe mit allen Interessierten einzutreten.

Was hat Sie dazu bewogen, in der Wissenschaftskommunikation zu arbeiten?

Ich habe nach meinem Physik-Grundstudium Geschichte der Naturwissenschaften studiert. Dieses interdisziplinäre Studium verband meine beiden Hauptinteressen: Physik und Geschichte. Und nach einigen Praktika im Journalismus, auch speziell im Wissenschaftsjournalismus, entschied ich mich dann für die Wissenschaftskommunikation. Das Spannende finde ich: Man ist nah dran an der Forschung und kann in der Öffentlichkeitsarbeit am gesellschaftlichen Diskurs rund um die Wissenschaft teilnehmen.

Ihr Arbeitsalltag in drei Schlagworten?

Social Media-Kommunikation, Monitoring, Dialog.

Was war Ihr schönstes Erlebnis als Kommunikator?

Das schönste ist Feedback zu unserer Öffentlichkeitsarbeit durch unsere Interaktionsgruppe – sowohl positives als auch kritisches. Ein Favorit für einen Tweet oder ein Like bei Facebook sind schön, ein einordnender (gerne auch kritischer) Kommentar ist noch besser, richtig toll sind Shares, Retweets und Blogbeiträge zum Thema, wenn Leute einen Inhalt so gut finden, dass sie ihn an ihre Community weiterleiten wollen. Das schönste Erlebnis war allerdings, als drei Hörer von Audio-Podcasts, die ich im Rahmen meiner Tätigkeit als neues Kommunikationsformat etabliert habe, uns zurückgemeldet haben, dass sie nach dem Hören unserer Sendungen so von unseren Themen begeistert waren, dass sie sich nun bei einem unserer Helmholtz-Zentren beworben bzw. ein Studium in dieser Richtung bzw. eine Diplom-Arbeit bei uns begonnen haben.

Was war Ihr größtes Kommunikationsdesaster?

Natürlich gibt es auch bei uns Themen, die Shitstorm-Potenzial haben, wie etwa das Thema Tierversuche. Aber ein echtes kommunikatives Desaster habe ich in meiner Arbeit noch nicht erlebt, obwohl ich nun schon seit 2008 beruflich in Social Media aktiv bin. Man kann und muss dafür natürlich aber auch etwas tun. Oftmals wird ein Fall ja erst dann zum Kommunikationsdesaster, weil Organisationen falsch oder zu spät reagieren. Daher sind für meinen Arbeitsbereich Social Media das Zuhören, Ansprechbarsein und das Themen-Monitoring wichtige Aspekte, um mögliche Shitstorms früh zu identifizieren und dann richtig reagieren zu können.

Welche Ihrer Eigenschaften stört Sie im Arbeitsalltag am meisten?

Das ist ja wie im Vorstellungsgespräch hier. Ich frage mich ja immer, was solche Fragen („Was ist ihre größte Schwäche?“) sollen. Wo dann eh alle nur sagen: „Ich bin zu perfektionistisch.“ Was sagt sowas wirklich aus? Aber gut. Ich gebe zu: Man kann mich mit Cat Content im Netz gut von der Arbeit ablenken. Und bei der Social Media-Kommunikation stolpert man ja doch dauernd über Katzen. Was mich aber dann zum Humor bringt. Ich finde nämlich, dass man Wissenschaft auch mit Humor und auch unterhaltsam rüber bringen darf und sollte.

Mit welcher (historischen) Person würden Sie gerne essen gehen?

Mit dem Entwickler des ersten deutschen Schreibtelefons für Gehörlose, der leider viel zu früh gestorben ist.

Ihre Lieblingswissenschaft?

Ich habe mein Physik-Studium begonnen, weil ich die Physik für eine sehr grundlegende Wissenschaft halte. Und in der Physik fühle ich mich am meisten zuhause. Ich weiß nur nicht, ob sie deswegen mein Liebling ist. Wichtig ist mir hauptsächlich eine naturwissenschaftlich-kritische Grundhaltung, egal in welcher Disziplin.

Welches Forschungsthema würden Sie äußert ungern kommunizieren?

Es gibt sicher Themen, die sehr schwierig zu kommunizieren sind, wie die eben schon angesprochenen Tierversuche. Da muss man ausführlich und in Ruhe erklären: Warum macht man überhaupt Tierversuche? Warum sind manche Tierversuche unverzichtbar für zukünftige Medikamente, die Menschen helfen sollen? Aber nur weil es eine schwierige Kommunikationsaufgabe ist, muss man es ja nicht ungern machen. Und wer Tierversuche wirklich grundsätzlich ablehnt, der ist dann vielleicht in so einem Job auch nicht gut aufgehoben, in dem man das kommunizieren muss. Aber da bin ich in meinem Job mit mir im Reinen.

Ohne Hindernisse wie Geld oder Zeit: welches Projekt würden Sie gerne umsetzen?

Also, was ich ja gerne mal umgesetzt sehen würde, ohne das selbst umsetzen zu wollen, ist so etwas wie die US-Fernseh-Reihe „Cosmos: A Spacetime Odyssey“ mit Neil deGrasse Tyson – aber eben im deutschen Fernsehen. Ja, ich weiß: Wir haben „Die große Show der Naturwunder“ und Harald Lesch. Aber Cosmos ist eben viel aufwändiger produziert und bringt die Faszination der Wissenschaft viel stärker und auch emotionaler rüber. Cosmos ist der Nachfolger der legendären Doku-Serie „Unser Kosmos” von Carl Sagan. Und das neue Cosmos wird auch nicht am Dienstag um 23 Uhr auf einem der Kultursender versteckt (wie es in Deutschland bei solchen Formaten leider oft geschieht), sondern es startete im März 2014 am Sonntagabend um 21 Uhr auf dem reichweitenstarken Sender Fox, eingeleitet von einem Grußwort von Präsident Obama. Man stelle sich mal vor, die ARD würde statt des Tatorts eine aufwändig produzierte Wissenschaftsdoku mit Harald Lesch oder Ranga Yogeshwar zeigen, eingeleitet durch einführende Worte von Angela Merkel. Unvorstellbar? Schade. Das müsste mal jemand machen.

In welchem Bereich würden Sie gerne arbeiten, wenn nicht in der Wissenschaftskommunikation?

Das habe ich mich auch immer mal wieder gefragt, wenn ich in den vergangenen Jahren über das Bedingungslose Grundeinkommen nachgedacht habe. Aber dann bin ich immer nur auf meinen aktuellen Job gekommen (echt!). Aber meine Elternzeit neulich hat mir gezeigt: Ich hätte auch Spaß als Hausmann und Kinderbetreuer.

Wissenschaftskommunikation im Jahr 2030 …?

… hat hoffentlich die in den 15 Jahren bis dahin geschehenen gesellschaftlichen und technologischen Änderungen mitgemacht, um auch dann auf der Höhe der Zeit und im Diskurs mit der Gesellschaft zu sein. Der Medienwandel der vergangenen Jahre hat doch gezeigt, dass man nicht stehenbleiben kann. Wer in einem immer größer werdenden Medienangebot die Aufmerksamkeit der Menschen erreichen will, der muss zeitgemäß und dialogisch kommunizieren. Was auch immer das für die digitale Kommunikation im Jahr 2030 konkret heißen mag. Am meisten gespannt bin ich auf die Entwicklungen bei den Mensch-Maschine-Schnittstellen.

Was halten Sie für die größte Errungenschaft der Wissenschaftsgeschichte?

Oh, das ist schwer: Kant, Descartes, Galilei, Kopernikus, die Elektrizität und die Induktion, Medizin und Hygiene – alles wichtige Geister und Phänomene, die die Gesellschaft vorangebracht haben. Da kann ich nichts konkret herauspicken. In allen diesen Beispielen steckt aber die gemeinsame Erkenntnis, dass ein naturwissenschaftliches Weltbild, das alle Überzeugungen kritisch hinterfragt, am besten geeignet ist, die Welt zu erklären, zu verstehen und zu verändern. Die Etablierung dieser Methode würde ich als größte Errungenschaft der Wissenschaftsgeschichte sehen. Und ich würde mich freuen, wenn mehr Menschen die Wissenschaft somit als elementaren Bestandteil unserer Kultur verstehen würden.

Wie haben Sie sich als Kind die Zukunft vorgestellt?

Ich bin Jahrgang 1976 und irgendwann Anfang, Mitte der Achtziger Jahre hatte ich mal so einen kleinen Faltkalender, der bis zum Jahr 2000 ging. Ehrlich gesagt, konnte ich mir das überhaupt nicht vorstellen, mal 24 Jahre alt zu sein (so alt!). Solche Zukunftsvisionen wie im Film „Zurück in die Zukunft“ von 1985 (fliegende Autos und Skateboards) kamen mir jedenfalls immer sehr unrealistisch vor. 

Wie bekommen Sie bei Stress am besten Ihren Kopf frei?

Zeit mit der Familie verbringen oder Fahrrad fahren!

Kollegen helfe ich gerne bei…?
Ich stehe gerne Rede und Antwort zu…?

Meine Aufgabe als Social Media-Manager besteht zu einem guten Teil daraus, Beratungen und Schulungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Helmholtz-Zentren zu machen, sowohl in der Wissenschaft als auch in der Öffentlichkeitsarbeit. Genau dafür wurde meine Stelle Mitte 2012 auch unter anderem geschaffen. Insofern sind Vernetzung und Informationsaustausch zur Social Media-Kommunikation mein täglich Brot. Und ansonsten werde ich oft bei allgemeinen Technik-Fragen konsultiert.

Wem würden Sie den Fragebogen gerne schicken und welche Frage würden Sie ihm/ihr gerne stellen?

Ich schlage Katrin Leinweber und Mariëlle van Toor vor. Die beiden machen mit „KonScience“ einen sehr hörenswerten Wissenschaftspodcast – also ein abonnierbares Audioformat. Die beiden Biologie-Doktorandinnen aus Konstanz betreiben mit dem kostenlosen Podcast als Hobby nebenbei Wissenschaftskommunikation auf lehrreiche und unterhaltsame Art und Weise. Und meine Frage an sie wäre: Wie schaffen wir es, dem gesellschaftlichen Trend hin zu Irrationalitäten, Esoterik und Verschwörungstheorien (zum Beispiel Homöopathie, Impfgegner, Chemtrails etc.) umzukehren und ein naturwissenschaftlich geprägtes Weltbild zu verbreiten? Insbesondere in Hinblick auf kommende Generationen.

Henning Krause

... ist seit August 2012 Social Media Manager der Helmholtz-Gemeinschaft. Von 2006 bis 2012 kommunizierte er online für das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln. In Göttingen und Hamburg studierte Henning Krause Physik und Geschichte der Naturwissenschaften. Er ist Gründer verschiedener Podcasts, Erfinder des ScienceTweetup und Initiator des Augenspiegel-Blogs der Helmholz-Gemeinschaft. Dort schreiben er und weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Helmholtz-Gemeinschaft über Wissenschaftskommunikation.

In unserer Reihe Nachgefragt

... stellen wir in loser Folge Menschen vor, die in der Wissenschaftskommunikation arbeiten. Mit 17 Fragen - und 17 Antworten, mal ernsthaft, mal humorvoll.

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1 Kommentare

  1. Oliver Tacke am 23.06.2015

    Schöne Antwort auf die Frage nach den störenden Eigenschaften :-)

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