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Wissenschaft braucht Courage – Siggener Impulse 2017

10. Januar 2018

  • Erstellt von Markus Weißkopf
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Foto: Alexas-fotos, Pixabay, CC0 Array

Foto: Alexas-fotos, Pixabay, CC0

Es ist Zeit zum couragierten Handeln für Wissenschaft und Wissenschaftskommunikation! Dafür müssen wir entschieden anti-aufklärerischen Kräften entgegenstehen und gleichzeitig gesellschaftliche Widerstandskräfte gegen fake news stärken. Gleichzeitig brauchen wir in der Wissenschaftskommunikation eine stärkere Orientierung an Werten und Inhalten.

Das ist der Kern der Ergebnisse des Siggener Kreises, der im Oktober 2017 auf Gut Siggen in Ostholstein tagte. Sie wurden unter dem Titel „Wissenschaft braucht Courage“ veröffentlicht. 20 Expertinnen und Experten aus Wissenschafts-PR, Journalismus sowie Forschung und Lehre haben sich erneut „Eine Woche Zeit“ genommen, um über die aktuellen Herausforderungen in der Wissenschaftskommunikation zu diskutieren. Ein gewisser Luxus, gerade angesichts der perfekten Bedingungen auf diesem herrlichen Gut nahe der Ostsee, aber auch vier Tage harte Arbeit… 

Arbeit, die allerdings gerade jetzt wichtig ist. An vielen verschiedenen Stellen wird derzeit über Wissenschaftskommunikation diskutiert. Angesichts von Brexit und Trump, Türkei und Polen oder auch der AfD beschleicht viele das Gefühl, dass die „Gegenseite“ (wer auch immer das genau ist…) stärker oder vor allem lauter wird. Auch wenn sich dies noch nicht zu deutlich in den Einstellungen der Menschen in Deutschland niederschlägt (siehe Wissenschaftsbarometer 2017), so bleibt doch die Ahnung, dass ein präventives Handeln notwendig ist.

Aber wo ansetzen? Ergibt es wirklich Sinn, den „Fehler“ nur bei der Kommunikation zu suchen, wie es auch viele der Aussagen bei der Tagung „Wissenschaft braucht Gesellschaft“ der Volkswagen Stiftung in Hannover glauben machen wollten? Sind manche Fehlentwicklungen – wie beispielsweise die der zu starken Imagekommunikation mancher Akteure – nicht eher Symptom als Ursache? 

So gehen aus meiner Sicht leider auch einige der Vorschläge, die jetzt in der Arena sind, am Ziel vorbei. More of the same – in dem Fall Imagekommunikation, so hört man doch tatsächlich bei einigen Beiträgen heraus. Eine regelmäßige Verteufelung der sozialen Medien, ohne die ja diese fake news erst gar nicht entstanden wären, geht einher mit dem Rat, sich als Wissenschaftler hier lieber nicht zu engagieren. 

Sinnvoll sind sicherlich die Beiträge, die ein stärkeres Engagement der Öffentlich-Rechtlichen einfordern und eine Unterstützung des Wissenschaftsjournalismus. Auch eine gewisse Regulierung der sozialen Medien ergibt sicherlich Sinn und ist dringend geboten. Alles andere scheint angesichts des massiven Einsatzes von Kapital mit dem Zweck der Desinformation seitens Konzernen und Regierungen naiv.

Aber: Wir können in der Wissenschaft nicht einfach sagen, dass es die anderen mal richten sollen und wir machen einfach ein bisschen mehr von dem, was wir schon immer getan haben. Um alternativen Fakten entgegen zu treten, müssen Wissenschaft und Wissenschaftskommunikation vertrauenswürdige Informationen aktiv in gesellschaftliche Debatten einbringen und niedrigschwellig sowie verständlich zugänglich machen. Möglichst viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler müssen sich auch in den sozialen Medien einbringen. Ein wichtiges Soziales Medium ist dabei aus Sicht des Siggener Kreises auch Wikipedia. Ein Engagement für die zentrale Plattform des Wissens unserer Zeit sollte für viele Wissenschaftler eine Selbstverständlichkeit werden. Der Siggener Kreis wird in Kürze eine Kampagne starten, die die Unterstützung der Wissenschaft für Wikipedia deutlich vergrößern soll.

Um Vertrauen in die Wissenschaft und in wissenschaftliches Vorgehen zu erhalten bzw. zurückzugewinnen, muss Wissenschaftskommunikation Prozesse und Ergebnisse sowie die Finanzierung von Forschung transparenter machen. Eine Öffnung der Wissenschaft hin zur Gesellschaft soll durch feste Ansprechpartner und Orte für Bürgerbeteiligung und Open Science unterstützt werden. Dies sollte Standard für jede Forschungseinrichtung und Hochschule werden.

Eine wichtige Ursache für vielerlei Fehlentwicklungen in Wissenschaft und Wissenschaftskommunikation ist sicher der verstärkte Wettbewerb in Wissenschaft und Forschung. Dieser ist aus Sicht des Siggener Kreises zwar grundsätzlich notwendig, kann aber eine werblich orientierte Reputationskommunikation zu Lasten einer an Inhalten und Werten orientierten Prozess- und Ergebniskommunikation begünstigen.

Was bleibt? Sicher ist, wir sollten handeln. Dazu braucht es Mut und ein zielgerichtetes Vorgehen, gemeinsam mit den Akteuren, die ebenfalls eine freie Meinungsbildung mit dem besten verfügbaren Wissen unterstützen wollen. 


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