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Wissenschaft trifft Praxis

08. Oktober 2015

  • Erstellt von Ricarda Ziegler
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  • A Wissenschaftskommunikation
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Wie wirken sich Kontroversen und Unsicherheiten innerhalb der Wissenschaft auf das Verständnis der Öffentlichkeit aus? Und was hat das mit Wissenschaftskommunikation zu tun?

Um diese Frage ging es am 29. und 30. September in Münster. Dort fand die Abschlussveranstaltung des DFG-Schwerpunktprogramms „Science and the Public“ statt. Mit fast sieben Millionen Euro waren in den vergangenen sechs Jahren eine Vielzahl wissenschaftlicher Teilprojekte zur Frage des Verhältnisses von Wissenschaft und Öffentlichkeit gefördert worden.

Nach einer Podiumsdiskussion zu den Möglichkeiten und Grenzen von Wissenschaftskommunikation am Mittwochabend stand am Donnerstag die Vorstellung und Diskussion einiger Teilprojekte auf dem Programm. Sie alle beschäftigten sich mit der Frage wie sich „konfligierende und fragile Evidenz“  auf das Verständnis und die Rezeption von Wissenschaft in der Öffentlichkeit auswirkt.

Wie auf sprachlicher Ebene wissenschaftliche Fragilität in laienadressierten Texten deutlich gemacht wird – nämlich vor allem durch Tempus, Modus und negative Indikatoren wie „im Widerspruch“ oder „möglicherweise“– untersuchte ein Teilprojekt. Mit der Betrachtung und kognitiven Verarbeitung von Exponaten in Museen beschäftigte sich ein anderes Projekt. Die Wissenschaftler kamen zu dem Schluss, dass es keinen substanziellen Unterschied macht, ob Originalgegenstände oder Reproduktionen gezeigt werden. Und dass bei der Kommunikation von wissenschaftlichen Ergebnissen auch Interessen eine Rolle spielen, zeigte eine andere Studie. Am Beispiel der Biotechnologie untersuchte sie, welche Stakeholdergruppen – Journalisten, Kommunikatoren aus Wissenschaft, Industrie, Umwelt- und Verbraucherschutz etc. – Kontroversen innerhalb der Wissenschaft für ihre strategischen Eigeninteressen nutzen. Infos zu allen Teilprojekten finden sich hier.

Auch wenn viele Studien spannende Ergebnisse lieferten, wurde unter dem Stichwort der „ökologischen Validität“ diskutiert, inwieweit sich ihre Ergebnisse verallgemeinern lassen und wie relevant sie für diejenigen sind, die in der Praxis (über) Wissenschaft kommunizieren. Können Befragungen und Tests mit einer Gruppe von 60 bis 70 Personen oder Interviews mit Studenten überhaupt auf heterogenere Gruppen übertragen werden? Und inwiefern lassen sich daraus praktische Handlungsempfehlungen für diejenigen ableiten, die tatsächlich (über) Wissenschaft kommunizieren? Man möge sich einmal fragen, ob die Ergebnisse entsprechender Experimente bei Gruppen mit eher niedrigem formellen Bildungsniveau oder mit eher schlechten sprachlichen Kenntnissen dieselben wären.

Ein wenig prallten bei der Ergebnisvorstellung zwei Welten aufeinander: die Forschung zur Wissenschaftskommunikation – im Schwerpunktprogramm oftmals innerhalb der Psychologie verortet – und die Wissenschaftskommunikations-Praktizierenden. Rainer Bromme, Sprecher des Schwerpunkprogramms, forderte daher auch, dass sich die Forschung zur Wissenschaftskommunikation in Zukunft weniger auf die Rezeption von Wissenschaft auf Seiten der Öffentlichkeit konzentrieren solle. Er nannte stattdessen drei Bereichen, innerhalb derer er für die Zukunft Forschungsbedarf sieht: in der Analyse von Survey-Daten, die repräsentativ für die Bevölkerung oder Teilgruppen der Bevölkerung sind, bei der Evaluation von Maßnahmen der Wissenschaftskommunikation und ihrer Wirksamkeit und bei der Frage der Beteiligung und des Einbezugs von Bürgern in Wissenschaft und Forschung.

Die beiden letzten Punkte dürften auch den Praktikern in der Wissenschaftskommunikation nicht neu sein. Sie spiegeln Probleme und offenen Fragen wieder, die aktuell auch in ihrer Community diskutiert werden, was vielleicht langfristig auf eine Annäherung der beiden Welten hoffen lässt … Eine öffentliche Abschlussveranstaltung war als erster Schritt in die richtige Richtung eine gute Idee.


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