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Wo Kunst und Wissenschaft verschmelzen

23. Oktober 2016

  • Erstellt von Esther Kähler
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  • A Wissenschaftskommunikation
Faustkeil mit Muschelfossil, Foto: Museum of Archaeology and	 Anthropology, University of Cambridge, UK Array

Faustkeil mit Muschelfossil, Foto: Museum of Archaeology and Anthropology, University of Cambridge, UK

Naturwissenschaft und Kunst haben nichts miteinander zu tun. In den Disziplinen wird unterschiedlich gedacht, gearbeitet, beobachtet – sogar konträr an Fragestellungen herangegangen. Oder? „Kein Mensch will begreifen, dass die höchste und einzige Operation der Natur und Kunst die Gestaltung sei“ beschwerte sich schon Goethe.

Ja, Kunst macht Ton zu Vasen, aus Farbe Bilder, einen Baumstamm zu einem lassoschwingenden Cowboy. Und die Natur? Durch Regen entstehen Furchen im Boden, Flüsse graben ganze Schluchten, der Wind schleift Gesteinsflächen, Menschen und Tiere bauen Häuser und erschaffen Werkzeuge. Grund genug, um diesem Thema eine Ausstellung zu widmen: „+ultra. Gestaltung schafft wissen“. „Gestaltung reflektiert, entwirft und konstruiert die Beziehung von Mensch und Umwelt“, „Gestaltung ist gebunden an Technologien“, „Gestaltung ist interdisziplinär“ heißt es im Wegweiser zur Ausstellung und die neun dunklen Räume zeigen genau das mit ihren Exponaten.

In einem der Räume ziehen Manteltierchen an der Decke ihre Kreise, bewegen sich vor nachtschwarzen Hintergrund in einer leuchtenden Blase aus Schleim – ihrem Haus. Die für Biologen und Ingenieure gleichermaßen interessante Konstruktion untersucht der Biologe Khashayar Razghandi in seinen Forschungen, die hier zu einem Exponat werden. Der Besucher ist eingeladen sich hinzulegen und dem mystischen Treiben zu folgen. Beim Übergang in den nächsten Raum steht eine Pflanze in ihrem eigenen Klimakasten, die je nach Änderung der Temperatur ihres Lebensraum ihre Knospen öffnet oder schließt - ein natürlich anmutender Prozess. Nur, dass die Pflanze aus Papier und durch einen 3D-Drucker entstanden ist. 

Bekanntes in einen neuen oder unbekannten Kontext zu setzen und so zum Nachdenken anzuregen, das ist das Konzept der Ausstellung. Die Pflanze aus Papier, Fraktale als 3D-Druck oder nachgezeichnete Ameisenstraßen als Inspiration für Strukturen einer Stadt: Die Ausstellung zieht ihre Besucher in den Bann von Technik und Farben, lässt ihre Exponate fast ohne Beschreibung wirken. 

Alle Exponate, die Ausstellung, das ganze Konzept stammt aus der Feder des Exzellenzclusters Bild Wissen Gestaltung der Humboldt Universität zu Berlin. Die Ausstellung ist ihr offenes Labor. Hier stehen Objekte von interdisziplinären Forschungsteams aus Biologen und Historikern, Informatikern und Designern, Männern und Frauen, die weiter denken wollen als in den engen Grenzen ihrer Fachrichtungen – und es gelingt ihnen durch das Sammeln, Darstellen und Aufbereiten von Wissen. Das erste Ausstellungsstück ist ein prähistorischer Faustkeil. Er wurde so beschlagen, dass ein Fossil auf seiner Vorderseite sichtbar blieb. „Der Mensch war also von Beginn an nicht allein ein Nutzenoptimierer, sondern auch ein Produzent von Schönheit und symbolischen Formen, die ihn gleichermaßen beeinflusst haben wie seine Auseinandersetzung mit der Umwelt selbst“ schließt der Exzellenzcluster daraus. Eine sehr lohnenswerte Ausstellung, für Kunst- und Wissenschaftsinteressierte!

+ultra. gestaltung schafft wissen., 30.09.2016 – 8.01.2017, Martin-Gropius-Bau Berlin


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