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Forschung vor der eigenen Haustür: Der Citizen-Science-Wettbewerb bringt drei Ideen „Auf die Plätze!“

28. Oktober 2022

  • Erstellt von Rosa Steffens
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  • A Wissenschaftskommunikation
Die Gewinner*innen des Wettbewerbs werden von den Projektorganisator*innen begrüßt. Array

Im Wettbewerb „Auf die Plätze! Citizen Science in deiner Stadt" wurden am 20. Oktober 2022 drei Projekte ausgezeichnet. Foto: Fabienne Wehrle/WiD

Die Gewinner*innen des Wettbewerbs „Auf die Plätze - Citizen Science in deiner Stadt" stehen fest. Aus rund 50 Einreichungen wählte eine Jury drei Projekte aus, die am 20. Oktober im Rahmen einer Preisverleihung im Museum für Naturkunde Berlin ausgezeichnet wurden. Nun geht es für die Projekte in die Umsetzung.

Welche Ziele sollten im Wettbewerb erreicht werden?

Klimagerechtigkeit, Migration, Sprache und Vielfalt: Die Citizen-Science-Konzepte der Preisträger*innen greifen große gesellschaftliche Herausforderungen auf und binden dabei lokale Akteur*innen aktiv in die Forschung ein. Ziel des Wettbewerbs ist es, Projekte zu fördern, die die Zivilgesellschaft für die Citizen Science motivieren, nachhaltige Strukturen aufbauen und Citizen Science in Städten und Kommunen sichtbar machen.

„Wir möchten mit dem Wettbewerb erste Berührungspunkte mit Citizen Science schaffen”, sagt Florence Mühlenbein, Projektleiterin des Wettbewerbs bei Wissenschaft im Dialog, im Interview. Dabei sollten insbesondere auch Fachrichtungen außerhalb der Naturwissenschaften für die Bürgerwissenschaften motiviert werden. Aber auch Bürger*innen, für die Citizen Science vorher kein Begriff war, sollten durch den Wettbewerb als Zielgruppen gewonnen werden. „Wir wünschen uns, dass Menschen Ideen einreichen, die sie direkt vor ihrer Haustür interessieren. Vielleicht gibt es Themen in der Gemeinde, mit denen sie sich schon lange auseinandersetzen [...], weil dieses besonders wichtig für sie und ihre Umgebung ist”, so Julia Lorenz, Projektorganisatorin vom Museum für Naturkunde Berlin. Aspekte, die sich in den ausgezeichneten Projekten „Stadtrandgeschichten”, die „Sprach-Checker” und „Colouring Dresden” wiederfinden.

Die ausgezeichneten Ideen: Von der Süderelbe über Dresden bis nach Neckarstadt-West

„Bis vor 6 Monaten wusste ich nicht, was Citizen Science überhaupt ist. Ich bin in die Oberschule gekommen und am Ende des Wettbewerbs kann ich Abitur machen", so Stephan Kaiser über seine Lernkurve während der Weiterentwicklung des Projekts im Wettbewerbsprozess. Als Ehrenamtler ist er im Kulturhaus Süderelbe e.V. tätig. Gemeinsam mit der Universität Hamburg gehen sie der Fragestellung nach, wie Migration als gemeinsamer Erfahrungsraum erlebt werden kann. Das ist für die Region Süderelbe um Hamburg, in der über 100 Nationen leben, besonders relevant.

Mit dem Projekt „Stadtrandgeschichten“ sollen Lebenserfahrungen anhand von Interviews mit Bürger*innen verschiedener Generationen gesammelt werden, um eine gemeinsame Lokalgeschichte als Identifikations-Anker zu schaffen. Bevor die persönlichen Geschichten jedoch von Senior*innen und Schüler*innen auf der Theaterbühne erzählt werden, erfolgt die Überprüfung durch zeitgenössische Quellen. „Bürger*innen sind als Geschichtsammler*innen, Performer*innen und Erzähler*innen gefragt. Die Einbringung ins Theater bringt dabei hohe Sichtbarkeit”, so Prof. Stefanie Molthagen-Schnöring (HTW Berlin), die die Laudatio auf das Projekt hielt.

Ebenso überzeugend waren die „Sprach-Checker“ aus dem Mannheimer Stadtteil Neckarstadt-West. In ihrem Projekt zur Vielfalt und Wandelbarkeit von Sprache verdeutlichen sie, dass auch Kinder und Jugendliche im Forschungslabor helfen können. „Kinder und Jugendliche sind als individuelle Persönlichkeiten in ihren Rollen an- und ernstgenommen worden”, so Silke Voight-Heucke (Museum für Naturkunde Berlin), die auf der Preisverleihung die Laudatio hielt. In kreativen Workshops entwickeln sie gemeinsam mit Sprachwissenschaftler*innen des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache (IDS) in Mannheim neue gesellschaftliche Forschungsfragen, lernen andere Sprachen in ihrem Vielfaltsviertel kennen und verstehen dabei mit Spiel und Spaß, was sprachliche Toleranz bedeutet. „Auf Fragen zu kommen, an die Forschende sonst nie denken würden”, sagt Dr. Christine Möhrs, Projektleiterin (IDS Mannheim), sei bereichernd gewesen, habe jedoch auch die größte Herausforderung dargestellt. Durch Teamgeist und hohes Engagement gelang schlussendlich das Zusammenführen unterschiedlicher Arbeitsweisen von wissenschaftlichen und kommunalen Akteur*innen.

An- und ernstgenommen wurden auch die Vorschläge der Dresdner Bürger*innen bei der Fragestellung, wie nachhaltiges und klimagerechtes Bauen mit der Erhaltung einer vielfältigen, historischen Baukultur zusammengebracht werden könne. Mithilfe der digitalen Plattform „Colouring Dresden” wird Gebäudewissen vom Team des Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e. V. gemeinsam mit Bürger*innen erforscht, kartiert und vermittelt. Kreative Workshops sollen dabei helfen, möglichst viele Bürger*innen in das Citizen-Science-Projekt mit einzubinden. Christin Liedtke (Helmholtz-Gemeinschaft), die die Laudatio hielt, betonte, dass das Projekt somit eine zentrale Stelle schaffen könne, die den jetzigen Zustand von Gebäuden erfasse und gleichzeitig die Zukunft der Stadt bereichere. „Das Projekt hat nicht nur einen hohen gesellschaftlichen Impact, sondern fördert ko-kreative Prozesse aus verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen”, so Liedtke.

Die Gewinner*innen des Wettbewerbs sowie das Projektteam bei der Preisverleihung.
Die ausgezeichneten Citizen-Science-Ideen „Stadtrandgeschichten", die „Sprach-Checker" und „Colouring Dresden" mit dem Wettbewerbsteam von Wissenschaft im Dialog und dem Museum für Naturkunde Berlin. Foto: Christof Rieken/WiD

Wie wird die Zukunft der Projekte aussehen?

Nach der Preisverleihung geht es für die mit 50.000 Euro ausgezeichneten Projekte erst richtig los. Dabei will auch das Wettbewerbsteam sie unterstützen. So fasste Florence Mühlenbein die Unterstützung in den kommenden Monaten in drei Begrifflichkeiten zusammen: Qualifizierung, Vernetzen, Kommunikation. So seien Wissenschaft im Dialog und das Museum für Naturkunde Berlin bemüht, praxisorientierte Angebote und Veranstaltungen anzubieten, die passende Fragen und Themen aufgreifen sollen. Einen Vorgeschmack darauf erhielten die Preisträger*innen direkt im Anschluss und am darauffolgenden Tag der Preisverleihung durch verschiedene Workshops.

Nun gilt es die Pläne und das Gelernte in die Anwendung zu überführen und die Projekte nachhaltig in den Regionen zu etablieren. Kein einfaches Vorhaben, aber bei dem großen Finale waren die Organisator*innen zuversichtlich und freuten sich gleichzeitig schon auf die Ideen von 2023, wenn es wieder heißt„Auf die Plätze! Citizen Science in deiner Stadt“.

Die Gewinner*innen erlernen Videographie beim Workshop nach der Preisverleihung.
Nach der Preisverleihung fanden verschiedene Workshops zu Kommunikation, Wirksamkeit und Evalution statt. Foto: Christof Rieken/WiD

Weitere Informationen zu den Projekten und dem Wettbewerb sind auf der Webseite von „Auf die Plätze! Citizen Science in deiner Stadt” nachzulesen. Der Wettbewerb wird von Wissenschaft im Dialog und dem Museum für Naturkunde Berlin in enger Zusammenarbeit mit der Citizen-Science-Plattform Bürger schaffen Wissen umgesetzt. Gefördert wird das Verbundprojekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.


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