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Nachgefragt – bei Jens Notroff

13. März 2019

  • Erstellt von Thuy Anh Nguyen
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Archäologe Jens Notroff hält den Buchdruck für die größte Errungenschaft der Wissenschaft. Foto: Urs Kuckertz/DAI

 

In der Reihe „Nachgefragt“ stellen wir in loser Folge Menschen vor, die in der Wissenschaftskommunikation arbeiten. Mit 17 Fragen - und 17 Antworten, mal ernsthaft, mal humorvoll.

In Ausgabe Vierzig sprechen wir mit Jens Notroff. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Archäologischen Institut (DAI) und kommuniziert auf Science Slams, in Medienbeiträgen und auf Weblogs über archäologische Inhalte.

Ein guter Kommunikator braucht…?

Verständnis für die Komplexität zu vermittelnder Forschungsinhalte und Verständlichkeit, diese Komplexität auch nachvollziehbar zu kommunizieren.

Was hat Sie dazu bewogen, in der Wissenschaftskommunikation zu arbeiten?

An öffentlichem Interesse und entsprechender Kommunikation mangelt es der Archäologie keineswegs. Aus der eigenen Arbeit weiß ich allerdings auch, dass gerade dieses große Interesse genau dann zur Achillesverse wird, wenn es keine Beachtung vom Fach selbst findet. Ziehen wir Archäologen uns aus der Kommunikation von Forschungsinhalten zurück, werden diese Lücken von anderen, leider oft pseudowissenschaftlichen Inhalten (ja, ich denke hier an von Däniken und „Ancient Aliens“) gefüllt – und wir verlieren die Deutungshoheit über die eigene Forschung. Das und der Spaß am Vermitteln spannender archäologischer Inhalte haben mir sozusagen den Weg in die Wissenschaftskommunikation bereitet.

Ihr Arbeitsalltag in drei Schlagworten?

Ausgrabung. Schreibtisch. Bibliothek.

Was war Ihr schönstes Erlebnis als Kommunikator?

Besonders schön ist immer die erfolgreiche Kommunikation. Vor allem in Bezug auf die eben erwähnten pseudowissenschaftlichen Erklärungen ist es durchaus eine Freude, wenn man zum Nach- und im besten Falle Umdenken anregen kann. Zeigen zu können, dass Archäologen sich keineswegs dogmatisch an althergebrachte Interpretationsmodelle klammern, sondern durchaus ‚out of the box‘ denken, verbuche ich gern als Erfolg.

Was war Ihr größtes Kommunikationsdesaster?

Ein bestimmtes Ereignis kommt mir da nicht in den Sinn, grundsätzlich kann ich mir ein echtes Desaster allerdings ehrlich gesagt auch kaum vorstellen. Ich denke, es gibt kaum ein Missverständnis, dass sich nicht durch entsprechende Kommunikation aus der Welt schaffen ließe.

Welche Ihrer Eigenschaften stört Sie im Arbeitsalltag am meisten?

Zu viele Ideen und Gedanken gleichzeitig verfolgen zu wollen.

Mit welcher (historischen) Person würden Sie gerne essen gehen?

Mit Gertrude Bell oder Fridtjof Nansen an einem Tisch zu sitzen ... da gingen Kindheitsträume in Erfüllung.

Ihre Lieblingswissenschaft?

Dass die (prähistorische) Archäologie da ganz oben auf meiner Liste steht, ist vermutlich kein Geheimnis.

Welches Forschungsthema würden Sie äußert ungern kommunizieren?

Grundsätzlich kenne ich da keine Hemmungen, würde aber Abstand davon nehmen wollen über Themen zu reden, bei denen ich selbst über kaum mehr als gefährliches Halbwissen verfüge.

Ohne Hindernisse wie Geld oder Zeit: Welches Projekt würden Sie gerne umsetzen?

Mit Skizzenbuch und Aquarellkasten Feldforschung unmittelbar vor Ort zu dokumentieren und so den in Vergessenheit geratenen Beruf des Expeditionsmalers wiederzubeleben. (Falls das jemand liest, der einen solchen Posten noch in seinen Drittmittelantrag aufnehmen möchte: Ich stelle mich da gern zur Verfügung.)

In welchem Bereich würden Sie gerne arbeiten, wenn nicht in der Wissenschaftskommunikation?

Um ein Haar wäre ich Journalist geworden ...

Wissenschaftskommunikation im Jahr 2030 ist ...

... fester Bestandteil der Ausbildung von Wissenschaftlern in Studium und Beruf.

Was halten Sie für die größte Errungenschaft der Wissenschaftsgeschichte?

Den Buchdruck. Ohne diese Medienrevolution wären viele der folgenden Entwicklungen kaum in dieser Form möglich gewesen.

Wie haben Sie sich als Kind die Zukunft vorgestellt?

Fliegende Autos. Man versprach mir fliegende Autos. Wo sind die?

Wie bekommen Sie bei Stress am besten Ihren Kopf frei?

Die Laufschuhe schnüren und für eine 5- oder 10-Kilometer-Runde vor die Tür. Das hilft meistens.

Kollegen helfe ich gerne bei…/Ich stehe gerne Rede und Antwort zu...?

... Visualisierung von Forschung. Wenn es in der Wissenschaftsvermittlung darum geht, kreativ zu werden, fängt für mich der Spaß an.

Wem würden Sie den Fragebogen gerne schicken und welche Frage würden Sie ihm/ihr gerne stellen?

Mich würde ganz ehrlich die Antwort von 100 zufällig ausgewählten Passanten auf die Frage: „Was glauben Sie, wo sind Geschichte und Archäologie heute gesellschaftlich relevant?“ interessieren.

Jens Notroff

Jens Notroff hat Prähistorische Archäologie, Geschichte und Journalismus in Berlin studiert. Derzeit ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt Göbekli Tepe des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) in Berlin. Neben seiner Forschung zum frühen Neolithikum Anatoliens und der europäischen Bronzezeit engagiert er sich für die Kommunikation archäologischer Themen – auf Science Slams, in Medienbeiträgen und auf Weblogs. 


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