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Nachgefragt – bei Véro Mischitz

08. Oktober 2019

  • Erstellt von Thuy Anh Nguyen
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Biologin und Illustratorin Véro Mischitz zeichnet Wissenschaftscomics, u.a. den Comic „KLAR SOWEIT?“ für die Helmholtz-Gemeinschaft. Foto: Véro Mischitz

 

In der Reihe „Nachgefragt“ stellen wir in loser Folge Menschen vor, die in der Wissenschaftskommunikation arbeiten. Mit 17 Fragen - und 17 Antworten, mal ernsthaft, mal humorvoll.

In der Ausgabe Sechsundvierzig sprechen wir mit Biologin und Illustratorin Véro Mischitz alias vérocomics. Sie zeichnet Wissenschaftscomics, u.a. die Serie „KLAR SOWEIT?“ für die Helmholtz-Gemeinschaft.

Eine gute Kommunikatorin braucht…?

… einen guten Draht zu Menschen. Das kann – je nach Medium – etwas ganz Unterschiedliches sein. Humor und ein Gespür für Geschichten und Bilder sind aber immer hilfreich.

Was hat Sie dazu bewogen, in der Wissenschaftskommunikation zu arbeiten?

In meiner Art der Wissenschaftskommunikation verbinde ich zwei Dinge, für die ich mich restlos begeistern kann: Wissenschaft und visuelles Geschichtenerzählen. Hier kann ich jeden Tag hemmungslos recherchieren, neue Dinge lernen und meine Kreativität ausleben. Es ist das perfekte Arbeitsumfeld.

Ihr Arbeitsalltag in drei Schlagworten?

Recherchieren. Vereinfachen. Visualisieren.

Was war Ihr schönstes Erlebnis als Kommunikatorin?

Der direkte Austausch mit Lesern auf Comicmessen oder Ausstellungen ist immer besonders schön. Im persönlichen Gespräch erfahre ich ganz unmittelbar, ob eine Geschichte bleibenden Eindruck hinterlassen, Interesse geweckt oder sogar die eigenen Sichtweise bereichert hat. Und ich erfahre auch, wenn etwas nicht funktioniert. Beides ist wertvoller Input für mich.

Was war Ihr größtes Kommunikationsdesaster?

Desaster ist so ein großes Wort... das bislang größte „Desaster“ basierte auf einem internen Missverständnis bei „KLAR SOWEIT?“, dem monatlich erscheinenden Wissenschaftscomic, den ich seit 2014 für die Helmholtz-Gemeinschaft zeichne. Nach einer Themenkonferenz dachte mein Ansprechpartner bei Helmholtz, dass wir einen Comic über den Vier-Farben-Satz (ein mathematisches Problem) machen. Ich dachte, wir machen einen Comic über die damals erschienene Veröffentlichung von Abrey de Grey zum Problem der „Farbzahl der Ebene“ - ein verwandtes, aber auch komplizierteres Thema. Ich habe mich richtig reingehängt und voller Stolz mein Skript zur Korrektur angeliefert.

Kurz darauf klingelte mein Telefon und es wurde klar: 1. Thema verfehlt und 2. Niemand hat verstanden, was ich da geschrieben habe. Also, was tun? Ich habe das Skript dann komplett umgekrempelt und eine düstere Crime Noire Story im Stil von „Sin City“ geschrieben, in die ich das mathematische Thema eingeflochten habe. Herausgekommen ist einer der bislang unterhaltsamsten Comics aus unserer Serie. Ein Desaster kann also durchaus auch etwas Gutes hervorbringen.

Welche Ihrer Eigenschaften stört Sie im Arbeitsalltag am meisten?

Ich liebe meine Arbeit an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Kunst sehr und will es immer ganz genau wissen. Ich könnte wochenlang zu manchen Themen recherchieren und würde mich nicht langweilen. Manchmal muss ich mich also im Zaum halten, um nicht zu viel Zeit in ein Projekt mit begrenztem Rahmen und begrenztem Budget zu investieren.

Mit welcher (historischen) Person würden Sie gerne essen gehen?

Mit der iranischen Mathematikerin Maryam Mirzakhani, die auch schon Hauptfigur in einem meiner Comics war. Ihre Geschichte, ihre Arbeit und ihr ganzes Wesen berühren mich. Es gibt ja den ein oder anderen Mitschnitt ihrer Vorlesungen auf YouTube, aber ihr einmal von Angesicht zu Angesicht zuhören zu können, das wäre schon großartig.

Ihre Lieblingswissenschaft?

Alle! Hätte ich eine Lieblingswissenschaft, wäre ich wahrscheinlich Wissenschafltlerin. Natürlich gibt es Fachgebiete, die sind mir leichter zugänglich, aber ich mag sie alle und das werte ich im Bereich Kommunikation als große Stärke.

Welches Forschungsthema würden Sie äußert ungern kommunizieren?

Eines, über das ich nicht viel weiß oder zu dem ich mich nicht ausreichend vorbereiten konnte. Manche Themen sind dankbarer als andere, aber die Herausforderung liegt ja auch darin, die schwierigen oder unangenehmen Themen zugänglich zu machen.

Ohne Hindernisse wie Geld oder Zeit: Welches Projekt würden Sie gerne umsetzen?

In dem Fall würde ich gemeinsam mit meinem Kollegen Michael Büker endlich unsere Idee für eine Graphic Novel über das Space Shuttle Projekt „Challenger“ umsetzen. Der Stoff hat so eine Wucht und erzeugt so viele starke Bilder in meinem Kopf, dass ich am liebsten sofort loslegen würde.

In welchem Bereich würden Sie gerne arbeiten, wenn nicht in der Wissenschaftskommunikation?

Tierpflegerin oder forensische Anthropologin.

Wissenschaftskommunikation im Jahr 2030 ist …

… ein allgemein akzeptiertes und allgegenwärtiges Werkzeug zur Einordnung und Vermittlung wissenschaftlicher Inhalte.

Was halten Sie für die größte Errungenschaft der Wissenschaftsgeschichte?

Impfungen, Antibiotika und Hygienestandards.

Wie haben Sie sich als Kind die Zukunft vorgestellt?

Irgendwie hell und strahlend. Grüne Städte mit himmelhohen weißen Gebäuden, fliegende Autos, friedliche Menschen, Raumfahrt... Es ist nicht ausgeschlossen, dass meine frühen Zukunftsvisionen maßgeblich durch die Serie „Star Trek – The Next Generation“ beeinflusst wurden.

Wie bekommen Sie bei Stress am besten Ihren Kopf frei?

Ich gehe raus und bewege mich. Eine halbe Stunde im Wald bringt mich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Mein Hund und ein Fernglas sind meistens auch dabei. Bei uns gibt es eine Menge interessanter Vögel zu beobachten.

Kollegen helfe ich gerne bei…/Ich stehe gerne Rede und Antwort zu…?

Ich helfe gerne, wo ich kann, besonders effektiv vermutlich bei Fragen rund um visuelles Storytelling und wie man das Medium Comic für die Wissenschaftskommunikation nutzen kann.

Wem würden Sie den Fragebogen gerne schicken und welche Frage würden Sie ihm/ihr gerne stellen?

Von Rosemary Moscow wüsste ich gerne, wie gut Wissenschaftscomics beim US-amerikanischen Publikum funktionieren und wie sie selbst das Potential des Mediums einschätzt.

Véro Mischitz

Véro Mischitz alias vérocomics ist Biologin und arbeitet als freiberufliche Illustratorin mit Schwerpunkt Wissenschaftskommunikation. Ihr Wissenschaftscomic „KLAR SOWEIT?“ wurde mit dem Journalistenpreis der Deutschen Mathematiker Vereinigung ausgezeichnet und erscheint seit 2014 jeden Monat online. Darüber hinaus unterstützt Véro verschiedene Einrichtungen bei der visuellen Kommunikation ihrer Projekte und Forschungsarbeiten, illustriert  und schreibt Bücher, gibt Comic-Workshops und ist gelegentlich auch als Graphic Recorderin unterwegs.


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