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Mit modifizierten Mücken gegen Malaria

Etwa eine halbe Million Menschen sterben jährlich an Malaria. In tropischen Regionen übertragen Stechmücken diese Krankheit. Eine neue Methode der Gentechnik bietet die Möglichkeit, diese Mücken auszurotten oder resistent gegen Malaria zu machen. Was für Auswirkungen hätte das?

Malaria ist in großen Teilen der Welt eine Volkskrankheit. Der Krankheitserreger selbst ist ein Parasit namens Plasmodium. Er wird von Stechmücken der Anopheles-Gattung übertragen und verbringt verschiedene Lebensphasen in Mensch und Mücke. Nur mit Hilfe dieser beiden Wirte kann er sich vermehren.

Längere Zeit wurde der Forschung vorgeworfen, dass sie sich nicht um Malaria kümmert. Trotz verbesserter Finanzierung für die Forschung gibt es noch immer keine wirksame Impfung gegen die Krankheit. Und der Druck wächst: In manchen Regionen entwickeln die Malaria-Parasiten eine Resistenz gegen Medikamente. Wenn sie nicht helfen, gibt es kaum noch Behandlungsmöglichkeiten.

Jetzt stehen neue Möglichkeiten im Raum. Mittels „Gene-Drive“ könnte man die Anopheles-Mücken-Population deutlich reduzieren bzw. ausrotten oder sie gegen die Parasiten resistent machen. Was genau ist ein Gene-Drive und wie soll er funktionieren?

Der Gene-Drive löst eine mutagene Kettenreaktion aus

Der Gene-Drive kann eine Genveränderung in einer Population schnell verbreiten. Grafik: Wissenschaft im Dialog; Mosquito: Edward Boatman, CC-BY.

Eine Kettenreaktion ist bekannt dafür, dass sie sich selbst fortführt. Eine mutagene Kettenreaktion setzt also eine Mutation fort? Genau richtig. Durch den Gene-Drive lässt sich eine ausgewählte Genveränderung in einer Population schnell verbreiten – viel schneller als bei einer normalen Vererbung.

Normalerweise erben Mücken, so wie wir Menschen, ein Chromosom vom Vater und eines von der Mutter. Damit können die zwei Schwesterchromosome unterschiedliche Varianten eines Gens tragen. Wenn die Mücke dann Nachkommen bekommt, erben die Hälfte Variante I und die andere Hälfte Variante II.

Der Gene-Drive verhält sich anders. Er kopiert sich von einem Chromosom zum nächsten. Damit erben fast alle Nachkommen eine Kopie von ihm, weshalb er sich so schnell in einer Population verbreiten kann.

Wirkungsweise des Gene-Drive

Wie kopiert sich der Gene-Drive von einem Chromosom zum nächsten? Mittels CRISPR-Cas – einem neuen Werkzeug der Genomchirurgie, das zielgenaue Genveränderungen ermöglicht. Der Gene-Drive besteht aus:

Der Gene-Drive kopiert sich von einem Chromosom zum nächsten. Grafik: Wissenschaft im Dialog. Schere: Edward Boatman, CC-BY.

- einer gewünschten DNA-Sequenz (z. B. ein Gen für eine Resistenz gegen Malaria)

- der Cas9-Genschere

- einer Leit-RNA.

Schauen wir die Abbildung rechts an. Im ersten Schritt trägt nur ein Chromosom den Gene-Drive. Aber das wird sich ändern, wenn der Gene-Drive sich kopiert. Im zweiten Schritt leitet die Leit-RNA die Cas9-Genschere zu einer bestimmten Stelle im Genom. Hier schneidet Cas9 die DNA. Der natürliche Reparaturmechanismus der Zelle repariert den Schnitt. Entweder fügt er die Wunsch-Gensequenz vom Gene-Drive in die Lücke ein oder er kopiert sie vom bereits veränderten Schwesterchromosom. Letztlich hat die Mücke zwei Kopien des Wunsch-Gens, wie im dritten Schritt der Abbildung. Sie ist reinerbig für die Genveränderung und gibt sie an ihre Nachkommen weiter.

Den Gene-Drive einsetzen?

Ein Ziel der Forschung ist, die genetisch veränderten Mücken in Malaria-Regionen freizulassen. Damit wird über den Gene-Drive ein Großteil der Anopheles-Mücken resistent gegen Malaria oder stirbt sogar aus. Der Lebenszyklus des Plasmodium-Parasiten würde zerstört und die Malaria-Krankheit könnte sich nicht weiter verbreiten.

Der Gene-Drive bietet eine Chance, Malaria zu besiegen. Er wirft aber auch ernstzunehmende ethische Fragen auf. Welche ökologischen Auswirkungen hätte der Eingriff? Wie groß sind die Chancen tatsächlich, Malaria auf diese Weise zu besiegen?

Solche Fragen haben wir mit allen Interessierten auf unseren Veranstaltungen – und hier auf der Webseite – diskutiert.