Logo Wissenschaft im Dialog Wissenschaft im Dialog

Zurück zu „Wie?So!“

Gibt es eine eigene Fachrichtung, die sich mit Eis und Kälte beschäftigt?

29. Februar 2008

  • D Naturwissenschaften und Mathematik

Gibt es eine eigene Fachrichtung, die sich mit Eis und Kälte beschäftigt?

Es gibt in zahlreichen wissenschaftlichen Disziplinen Teilbereiche, die sich mit Eis und Kälte beschäftigen:

In der Meteorologie geht es um Eis und Kälte in Zusammenhang mit dem Klima, beispielsweise um Schnee und Frost. In der Geographie und der Biologie beschäftigen sich Forscher mit den Polargebieten und dem Leben im „ewigen Eis“. In der Umweltphysik, der Weltraumforschung und zahlreichen anderen Disziplinen spielt das Thema Eis und Kälte ebenfalls eine Rolle. Neben diesen Fachrichtungen, die das „natürliche“ Eis erforschen, gibt es die so genannte Kälte- und Klimatechnik, die sich mit technologischen Fragen zur künstlichen Herstellung von Eis und Kälte beschäftigt, was beispielsweise bei der Produktion von Klimaanlagen, Kühl- und Eisschränken Anwendung findet.

1. Forschungen über Schnee und Eis

Die „American Physical Society“ benennt eine Untergruppe (Fachrichtung) der von ihr verfolgten Forschungen als 'ice physics'. Auch die Bezeichnung 'Physik von Schnee und Eis' wird manchmal verwendet. Es gibt Forschergruppen, welche Bohrkerne aus Eis untersuchen, um z.B. Aufschluss über das Klima und die Atmosphäre vergangener Erdperioden zu erhalten. Dazu wird der Gehalt von in der Luft verkommenden Molekülen wie Kohlendioxid gemessen und entsprechend dem Alter des Eises auf eine bestimmte Zeit in der Vergangenheit datiert.

Ein mögliches zukünftiges Anwendungsgebiet in Sachen Energiegewinnung stellt die Förderung von Methan-Eis aus den Tiefen der Ozeane dar. Aus diesem brennbaren Eis wird Methangas gefördert. Die Methode gilt als eine der potentiellen Nachfolgetechnologien für die Zeit, wenn die fossilen Brennstoffe verbraucht sein werden.

Die ESA (European Space Agency) interessiert sich für Eis im Weltraum. Einer von vielen Gründen ist die Untersuchung der Theorie, wonach das 'Urleben' (komplexere Moleküle, welche den Grundbaustein des sich auf der Erde entwickelten Lebens darstellen) via kosmischen Eises auf die Erde gelangt ist. Diese Theorie wird durch spektroskopische Messungen bestärkt, welche die Existenz von vielen, teils erstaunlich komplexen Molekülen im Weltraum nachweisen.

Vor allem in den Alpenländern befassen sich einige Forschergruppen mit dem Studium von Gletschern ('Glaziologie'). Aufgrund der vorherrschenden Klimaerwärmung ziehen sich nahezu alle Gletscher zurück, was Auswirkungen auf Flora und Fauna im Hochgebirge hat.

Derzeit sind 17 verschiedene Formen von Eis bekannt. Im Alltagsleben sehen wir allerdings immer nur eine Sorte von Eis: Seine Kristallstruktur ist hexagonal. Forschern gelingt es jedoch, unter hohem Druck und bei sehr tiefen Temperaturen (Cryophysik) 13 weitere Kristallstrukturen sowie drei verschiedene amorphe (glasartige) Zustände von Eis herzustellen.

2. Kälte- und Klimatechnik

Speziell mit den chemisch-physikalischen und technischen Aspekten von Eis und Kälte setzt sich die Kälte- und Klimatechnik auseinander. Bei der Kältetechnik geht es um Methoden zur Kälteerzeugung, um Kompressionskälteanlagen, Unterkühlung, Schaltungsanordnungen, Kältemittel in Kompressionskälteanlagen, mess- und regelungstechnische Aspekte, Dampfstrahlkälteanlagen, Absorptionskälteanlagen, Gaskälteanlagen und Gasverflüssigung. Bei der Klimatechnik stehen meteorologische Daten, physiologische Aspekte, Bauelemente, Schaltungsanordnungen, Kälte- und Wärmebedarfsrechnung sowie Dimensionierung von Klimaanlagen im Mittelpunkt.

Am Lehrstuhl für technische Thermodynamik der Universität Rostock gibt es außerdem ein Vertiefungsfach, in dem die wesentlichen Zusammenhänge der Umwandlung und Übertragung von Energieformen und die damit verbundenen Änderungen der Stoffeigenschaften in Kälte- und Klimaanlagen vermittelt werden.

Den ersten Teil der Frage beantwortete Werner Schustereder, der zurzeit am Institut für Allgemeine, Anorganische und Theoretische Chemie der Universität Innsbruck forscht. Den Teil zur Kälte- und Klimatechnik beantwortete Dr.-Ing. Jürgen Nocke, Akademischer Rat am Lehrstuhl für Technische Thermodynamik der Universität Rostock.