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Warum gibt es keine Autos mit Solarzellen?

07. August 2023

  • D Naturwissenschaften und Mathematik
  • E Technik
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Foto: Hochschule Bochum

Solarzellen sind fester Bestandteil unseres Alltags. In Solarparks oder auf Hausdächern wandeln sie Sonnenlicht in Strom um und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Energiewende. Solarstrom ist erneuerbar, nachhaltig und gleichzeitig deutlich günstiger als Strom aus fossilen Quellen. Angesichts dieser Vorteile klingt die Idee, Elektroautos mit Solarzellen auszustatten und damit nachhaltig und unabhängig von anderen Stromquellen zu machen, vielversprechend. Tatsächlich gibt es bereits einzelne Automobile, auf denen Solarzellen verbaut sind. Besonders beliebt ist das Anbringen von Solarpanels auf Campingwagen, um über eine Batterie Geräte wie etwa einen Kühlschrank mit Strom zu versorgen. Doch einen serienmäßigen Verkauf von E-Autos mit Solarzellen auf der Karosserie gibt es bisher nicht. Woran liegt das?

Natürliche und technische Grenzen

E-Autos, wie sie heute verkauft werden, können nicht ausschließlich mit Solarzellen auf Dach und Motorhaube angetrieben werden. Das liegt zum einen an der Effizienz der Solarzellen und zum anderen am Gewicht und Design der Autos. Die Sonne liefert pro Jahr in Deutschland ungefähr 1000 Kilowattstunden (kWh) Energie pro Quadratmeter. Aktuelle Solarzellen haben eine Effizienz von circa 20 Prozent und können pro Quadratmeter im Jahr rund 200 kWh (= 20 Prozent der Sonnenenergie pro Quadratmeter) Energie gewinnen. Der Maximalwert wird erreicht, wenn die Solarzellen überwiegend in der Sonne stehen und die Sonnenstrahlen in einem Einfallswinkel von 90 Grad auf die Anlagen treffen. 

Ein E-Auto kann im Durschnitt auf einer Fläche von etwa fünf Quadratmetern mit Solarzellen ausgestattet werden, mit denen pro Tag circa 2,7 kWh (im Jahr 1000 kWh) gewonnen werden können. Wenn man davon ausgeht, dass ein solches Auto rund 15 kWh pro 100 km verbraucht, können im Idealfall pro Tag etwa 18 Kilometer mit Energie aus den eigenen Solarzellen gefahren werden. Dazu müsste das Auto jedoch mehrere Stunden am Tag in der vollen Sonne stehen. Realistischerweise ist daher eher von einer Reichweite von 5 bis 10 Kilometern pro Tag auszugehen, die mit fünf Quadratmeter Solarzellen auf der Karosserie erreicht werden kann. Diese Energie kann zwar zum Laden der Fahrzeugbatterie verwendet werden und die Reichweite des E-Autos erhöhen. Die Solarpanels könnten auch zur Stromversorgung weiterer Funktionen des Autos wie etwa Lüftung oder Überwachungssysteme genutzt werden. Die von den Solarzellen erzeugte Strommenge ist jedoch zu gering, um E-Autos ausschließlich damit zu betreiben. 

Wo liegen die Möglichkeiten?

Aktuell wird daran geforscht, E-Autos und Solarzellen zu optimieren. Ansatzpunkte sind die Suche nach effizienteren Solarzellen, die Entwicklung leichterer E-Autos und Akkus sowie die Verbesserung der Aerodynamik. In Pilotprojekten ist es bereits gelungen, Automobile zu bauen, die ausschließlich mit Strom aus eigenen Solarzellen fahren. Ein Beispiel dafür ist der Thyssenkrupp SunRiser. Er wurde vom SolarCar-Projekt der Hochschule Bochum entwickelt, das seit mehr als 20 Jahren zur Elektromobilität forscht.

Foto: Hochschule Bochum

Bei der World Solar Challenge 2015 und der European Solar Challenge 2016 holte das Team von SolarCar mit dem SunRiser jeweils den dritten Platz. Mit seiner extrem leichten, aerodynamischen Bauweise und seinen sehr effizienten Solarzellen hat das Modell eine Reichweite von 1200 Kilometern. Mit einem durchschnittlichen E-Auto hat der SunRiser wenig Gemeinsamkeiten: Er wiegt mit 360 Kilogramm im Vergleich zu rund 2000 Kilogramm deutlich weniger als ein E-Auto. Da seine Solarzellen zusätzlich mit Mikroprismen ausgestattet sind, erreichen sie eine höhere Effizienz. Unternehmen wie Sono Motors oder Lightyear arbeiten an E-Autos, die mit Solarzellen möglichst weit autark fahren können. Solche Modelle, wie etwa der Sion oder der Lightyear 2 verfügen  aber weiterhin über eine klassische Ladeeinrichtung.  

Vielversprechender als autarke E-Autos ist eine intelligente Ladestruktur, bei der die Batterie des parkenden Fahrzeuge  beim Laden mit den Solarzellen auf dem Hausdach verbunden wird. Große Solarmodule auf dem Hausdach können sowohl das Haus mit Strom versorgen als auch die Batterie des E-Autos laden. Eine intelligente Netzwerk- und Ladestruktur kann außerdem dafür sorgen, dass zu Zeiten hohen Stromverbrauchs die Autobatterie das Haus zusätzlich mit Strom beliefert. Nachts kann dagegen das Auto mit gespeichertem Strom aus dem Haus geladen werden. Wäre ein ganzes Stadtviertel über ein intelligentes Netzwerk verbunden, könnten einzelne Haushalte und E-Autos sehr effizient mit Strom versorgt werden.

Bei der Beantwortung der Frage hat uns Dipl.-Ingenieur Stefan Spychalski unterstützt. Seit 2003 begleitet er das Projekt SolarCar an der Hochschule Bochum. Weitere Informationen zum SolarCar-Projekt finden sich auch in der Ausstellung Power2Change - Mission Energiewende

Redaktion: Martin Bäckert