Wissenschaftsbarometer 2019

Sollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sich in öffentliche Debatten einmischen, wenn die Politik Forschungsergebnisse nicht ausreichend beachtet? Seit dem politischen Engagement vieler Forschender im Rahmen der Fridays for Future-Proteste wird diese Frage intensiv diskutiert – und im Wissenschaftsbarometer 2019 thematisiert.
Mit dem Wissenschaftsbarometer ermittelt Wissenschaft im Dialog seit 2014 jährlich die Einstellungen der Menschen in Deutschland gegenüber Wissenschaft und Forschung.
Gesellschaftliches und politisches Engagement von Forschenden gewünscht
Drei von vier Befragten finden es richtig, dass Forschende sich öffentlich äußern, wenn Politikerinnen und Politiker wissenschaftliche Erkenntnisse nicht berücksichtigen. Mehr als die Hälfte der Befragten (55 Prozent) denkt, dass politische Entscheidungen wissenschaftsbasiert sein sollten. Fragt man ganz explizit danach, ob es zu den Aufgaben von Forschenden gehört, sich in die Politik einzumischen, bejaht das die Hälfte der Deutschen. Für 29 Prozent gehört das hingegen nicht zum Auftrag von Wissenschaftlern.
Vertrauen in Wissenschaft und Forschung höher als in andere Gesellschaftsbereiche
Ein zunehmendes Misstrauen gegenüber Wissenschaft und Forschung lässt sich anhand der Ergebnisse des Wissenschaftsbarometers nicht bestätigen. Vielmehr zeigen die Menschen in Deutschland erneut großes Vertrauen in Wissenschaft und Forschung. Im Vergleich zu anderen Gesellschaftsbereichen schneidet die Wissenschaft deutlich besser ab: 46 Prozent der Befragten vertrauen Wissenschaft und Forschung, während nur 27 Prozent der Wirtschaft, 18 Prozent den Medien und 17 Prozent der Politik vertrauen. 46 Prozent der Befragten zeigen sich unentschieden bezüglich des Vertrauens in Wissenschaft und Forschung. Acht Prozent geben an, Wissenschaft und Forschung eher nicht oder nicht zu vertrauen. Außerdem finden fast zwei Drittel der Befragten (63 Prozent) den Einfluss der Wirtschaft auf die Wissenschaft zu groß.
Wissenschaftsfreiheit wird wertgeschätzt
61 Prozent der Befragten finden, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sollten selbst entscheiden dürfen, woran sie forschen. Zugleich sind 67 Prozent der Meinung, dass Entscheidungen über Wissenschaft und Forschung vor allem vor dem Hintergrund getroffen werden sollten, ob sie einen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Probleme leisten. Ein relevanter Anteil an Befragten vertritt beide Positionen.
Ambivalente Haltung zu aktueller Forschung und Technik
Neu hinzugekommen sind in diesem Jahr Fragen zu den Auswirkungen von Wissenschaft und Forschung sowie von Technik und neuen Technologien. Zwei Drittel der Befragten denken, dass Forschung helfen wird, zentrale Probleme der Menschheit zu lösen. 59 Prozent sind der Meinung, dass moderne Technik das Leben komfortabler macht. Zugleich fürchten etwa ebenso viele, dass mehr Zwänge auf die Menschen wirken, je weiter sich die Technik entwickelt.
Klima und Energie bleiben wichtigstes Forschungsfeld der Zukunft
Bei der Frage, welches Forschungsfeld zukünftig am wichtigsten sein sollte, konnten die Befragten zwischen fünf Bereichen wählen. Für 41 Prozent der Befragten sollte die Wissenschaft zukünftig am intensivsten zu Klima und Energie forschen. 39 Prozent finden, dass Gesundheit und Ernährung Priorität haben sollten. Fragen der Sicherheit stehen lediglich für acht Prozent der Befragten ganz oben auf der Agenda, Kommunikation und Digitalisierung finden vier Prozent am wichtigsten. Ähnliche Ergebnisse zeigte das Wissenschaftsbarometer 2017. Von 2014 bis 2016 hatte sich noch der größte Anteil der Befragten für Gesundheit und Ernährung ausgesprochen. Klima und Energie folgte auf dem zweiten Rang.
Wunsch nach Teilhabe und Zusammenarbeit ist groß
59 Prozent der Deutschen bekunden ein großes Interesse an Themen aus Wissenschaft und Forschung. Damit schneiden diese besser ab als beispielsweise Politik (53 Prozent) und Kultur (49 Prozent). Noch interessanter sind für viele Menschen lediglich lokale Themen (69 Prozent).
Rund die Hälfte der Befragten ist der Meinung, dass die Öffentlichkeit nicht ausreichend in Entscheidungen über Wissenschaft und Forschung einbezogen wird. Auf welche Art und Weise die Befragten eine Auseinandersetzung mit Wissenschaft und Forschung wünschen, wurde erstmals vom Wissenschaftsbarometer differenziert erfasst. Die Ergebnisse zeigen großes Potenzial für Wissenschaftskommunikation und Bürgerforschung: Fast zwei Drittel der Befragten würden gerne einmal erleben, wie Forschende arbeiten. 57 Prozent möchten gerne einmal mit Wissenschaftlern darüber diskutieren, was lohnenswert zu erforschen ist und 52 Prozent würden ihnen gerne mal über die Schultern schauen, um ihre Ergebnisse zu beurteilen. Jeder Zweite (49 Prozent) hat Interesse, einmal in einem wissenschaftlichen Projekt mitzuforschen – 2017 waren es 40 Prozent.
Ausgewählte Fragen und Antworten sind in der Bildergalerie zu finden, alle Ergebnisse in den Downloads.
Downloads
Broschüre zum Wissenschaftsbarometer 2019 (pdf)
Detaillierte Ergebnisse des Wissenschaftsbarometers 2019 nach Subgruppen (pdf)
Fragebogen zum Wissenschaftsbarometer 2019 (pdf)
Einzelgrafiken im jpg-Format
Die Verwendung der Ergebnisse ist unter Nennung der Quelle Wissenschaft im Dialog/Kantar Emnid möglich. Die Grafiken laufen unter der Lizenz CC BY-ND 4.0, Anpassungen des Formats für redaktionelle Veröffentlichungen sind erlaubt.
Quelle: Wissenschaft im Dialog/Kantar Emnid, CC BY-ND 4.0
Interesse und Informationsverhalten
Interesse an Gesellschaftsthemen
Informiertheit über Wissenschaft und Forschung im Zeitverlauf
Vertrauen in Wissenschaft
Vertrauen in Wissenschaft und Forschung
Wissenschaft in der Gesellschaft
Einbezug in Wissenschaft und Forschung im Zeitverlauf
Auseinandersetzung mit Wissenschaft und Forschung
Nutzen von Wissenschaft und Forschung
Auswirkungen von Wissenschaft und Forschung sowie Technik und neue Technologien
Nutzen von Wissenschaft und Forschung im Zeitverlauf
Einfluss von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik
Forschung in der Zukunft
Wichtigste Forschungsbereiche der Zukunft
Aktuelles Thema
Einstellungen zu Konsum und Globalisierung
Politisches und gesellschaftliches Engagement von Forschenden
Wissenschaftsfreiheit und Orientierung von Forschung an Gesellschaft
Die Ergebnisse der Wissenschaftsbarometer 2018, 2017, 2016, 2015 und 2014 finden Sie ebenfalls auf der Projektseite.
Repräsentative Bevölkerungsumfrage
Die Ergebnisse des Wissenschaftsbarometers 2019 basieren auf 1.017 Telefoninterviews (Festnetz/Mobilfunk, 80:20), die vom 3. bis 10. September 2019 im Rahmen einer Mehrthemenumfrage zentral von Kantar Emnid – im Auftrag von Wissenschaft im Dialog – geführt wurden. Als Grundgesamtheit diente die deutschsprachige Wohnbevölkerung in Privathaushalten ab 14 Jahren. Das Wissenschaftsbarometer 2019 wird von der Robert Bosch Stiftung gefördert und vom GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften unterstützt.

