Logo Wissenschaft im Dialog Wissenschaft im Dialog

Zurück zu „Blog“ Qrss

WhatsApp/Instagram/Snapchat/YouTube … ist das neue Facebook

02. Mai 2016

  • Erstellt von Artur Krutsch
  • 0
  • A Wissenschaftskommunikation
Vom Smartphone direkt zu den Nutzern. Wissenschaftskommunikation über die neuen Plattformen ist vor allem schnell und direkt. Foto: Unsplash, Pixabay, CC0 Array

Vom Smartphone direkt zu den Nutzern. Wissenschaftskommunikation über die neuen Plattformen ist vor allem schnell und direkt. Foto: Unsplash, Pixabay, CC0

Jugendliche verlassen Facebook!“ – „Wir brauchen einen Instagram-Account!“ – „Snapchat ist das neue Twitter!“
Kaum haben sich Facebook und Twitter in der Wissenschaftskommunikation etabliert, tauchen neue, bunte Plattformen auf und Pressestellen fragen sich: „Brauchen wir das auch?“
Meist sind es dann zunächst einzelne Kommunikatoren, die neue Apps und Plattformen herunterladen und ausprobieren. Sie schauen, wie man die jeweiligen Möglichkeiten der Kommunikation für sich (oder für seinen Arbeitgeber) nutzen kann, wer auf der Plattform besonders erfolgreich ist und warum er oder sie es ist. Auf der anderen Seite stehen diejenigen, die zunächst die Risiken sehen, auf die Kosten bzw. den Zeitaufwand hinweisen und entsprechend zurückhaltend reagieren.
Dass Milliarden Menschen ganz selbstverständlich über diese „neuen“ Netzwerke kommunizieren sowie Inhalte und Wissen verbreiten, ist Grund genug, diese Netzwerke zumindest einmal anzuschauen.

WhatsApp ist eigentlich ein Instant-Messaging-Dienst für das Smartphone. Benutzer können Textnachrichten, Bild-, Video- und Ton-Dateien sowie Standortinformationen und Kontaktdaten zwischen zwei Personen oder in Gruppen austauschen. Seit 2014 gehört WhatsApp zu Facebook. Derzeit hat der Dienst weltweit etwa 1 Milliarde aktive Nutzer.

Es gibt zahlreiche Versuche WhatsApp für Werbung, PR oder journalistische Inhalte zu nutzen. Oft bietet man einen Broadcast an und verschickt, ähnlich einem RSS-Feed, Links zu neuen Artikeln und Beiträgen. In der Wissenschaftskommunikation bieten die Helmholtz Blogs so einen Feed an. Neben solchen Feeds gibt es auch weitere Möglichkeiten, WhatsApp für die Kommunikation zu nutzen, welche auch eher dem entsprechen, wie Nutzer über die App kommunizieren. 

Ein gutes Beispiel für die Nutzung von WhatsApp außerhalb der Wissenschaftskommunikation ist die Aktion der Heilbronner Stimme zum 70. Jahrestag des Bombenangriffs auf Heilbronn. Am 7. Dezember 2014 verschickte die Redaktion an 2500 Abonnenten über den ganzen Tag Texte, Bilder, Videos und Karten, welche die damaligen Ereignisse dokumentierten. Die Nutzer mussten die App nicht verlassen. In einem ausführlichen Erfahrungsbericht erläutern die Macher ihr Konzept:

„Viele Heilbronner standen auf dem Kiliansplatz, als die Kirchenglocken zum Gedenken geläutet haben, genau in dem Moment, in dem vor 70 Jahren die ersten Bomben auf die Stadt fielen. Und während sie da standen, haben die Leute die Ereignisse in unserem Ticker mitgelesen. Unserer Meinung nach war das nur mit WhatsApp möglich. Der mobile Messenger ist im Alltag der Menschen extrem präsent, der Umgang damit gelernt – nicht nur bei Jugendlichen.“

Auch in der Wissenschaftskommunikation sehe ich zahlreiche Möglichkeiten: Liveticker von Expeditionen, aus Laboren oder von Veranstaltungen sind vorstellbar, genauso wie Gruppenchats zu Themen oder Anlässen, die von Institutionen initiiert und moderiert werden.

Ein Beispiel wie man WhatsApp zum Dialog nutzen kann, zeigt die Uni Hohenheim mit ihrer WhatsApp Studienberatung, in der Schüler schnell und direkt mit der Uni kommunizieren und fragen stellen können.

Instagram ist ein Online-Dienst zum Teilen von Fotos und Videos, die ausschließlich über eine App aufgenommen und versendet werden. Bilder der Nutzer, denen man folgt, tauchen im eigenen Feed auf. Man kann kommentieren und liken. Über Hashtags lassen sich Bilder suchen und gruppieren. Die etwa 9 Millionen Nutzer in Deutschland bilden eine sehr aktive Community.

75 % der Instagram-Nutzer sind zwischen 19 und 29 Jahre alt, sie posten Bilder aus ihrem Alltag und nutzen Instagram als Bühne, um sich zu präsentieren. Für viele dieser Nutzer ist die Universität ein wichtiger Teil ihres Alltags, sodass inzwischen fast jede Uni auf Instagram präsent ist. Einen guten und aktiven Instagram-Account hat beispielsweise die FU Berlin: Ein Hashtag (#hallofuberlin) wurde als Marke etabliert, es werden regelmäßig Fotos gepostet (Blumen und Sonnenuntergänge kommen immer gut), und die Interaktion mit der Community ist sehr hoch. So gibt es z.B. regelmäßige „Instagram Takeover“, bei denen Studierende für eine bestimmte Zeit den Account übernehmen und aus ihrem (Uni-)Alltag posten.

Auch für inhaltsbezogene Wissenschaftskommunikation eignet sich Instagram. In dem Projekt #365insects postet der Biologe Morgan D. Jackson jeden Tag das Bild eines Insekts und schreibt einen kurzen, knackigen und dennoch informativen Text. Mit den farbigen Hintergründen und der seriellen Form, ästhetisiert er die Bilder, wie es bei Instagram üblich ist. Trotz relativ wenig Abonnenten (342), ist die Reaktionsrate auf die Fotos sehr hoch.

Ein weiteres Beispiel ist Pondlife. Mit einem einfachen, tragbaren Mikroskop und ihrem IPhone macht die Biologin Sally Warring kurze Videoaufnahmen von den mikroskopischen Welten der New Yorker Teiche und Pfützen. Die über 30.000 Follower und mindestens 2000 Likes pro Video zeigen, wie einfach kluge Wissenschaftskommunikation funktionieren kann.

 

Wird 2016 das Snapchat-Jahr? Zwischen 100 und 200 Millionen Menschen nutzen die App täglich und es ist das Netzwerk, das am schnellsten wächst. Medienunternehmen stürzen sich auf Snapchat, weil sie sich erhoffen, Jugendliche zu erreichen, die sie über klassische Kanäle (zu denen auch Facebook gehört) nicht mehr erreichen. Snapchat hat auch das Interesse einiger Wissenschaftskommunikatoren geweckt und sie berichten, diskutieren und sammeln.

Snapchat ist für kurze, privat verschickte Videos bekannt, die nach wenigen Sekunden verschwinden. Für Wissenschaftskommunikatoren sind aber die sogenannten Stories interessant: Aufgenommene Fotos und Videos, die zusammen mit Texten, Symbolen und Zeichnungen eine kleine Geschichte ergeben, können von jedem, der deinen Account abonniert hat, angesehen werden. Aber auch das nur zeitlich begrenzt: Nach 24 Stunden wird die Story für immer gelöscht.

Und auch sonst ist die App nicht gerade intuitiv und viele Funktionen fehlen, die auf anderen Plattformen Standard sind: Es gibt keinen Feed, keine Likes, man kann nicht kommentieren, keine Links einbauen und die Inhalte nicht ins Web einbinden. Auch kann man keine Bilder oder Videos hochladen, sondern nur mit der Smartphone-Kamera aufnehmen.

Diese Beschränkungen sind es aber, die die Stories so charmant und interessant machen. Für Hochschul-PR ist dies sicher eine gute Möglichkeit Jugendliche zu erreichen. Marcus Flatten von der Kommunikationsagentur Mann beißt Hund würde das aber nicht eine PR-Abteilung machen lassen, sondern Snapchat-Botschafter einsetzten; Studierende, die ohnehin „snapchatten“ und vom Uni-Alltag, einer Exkursion oder Veranstaltungen berichten könnten. Eine gute Idee, wie ich finde, denn junge Erwachsene können viel authentischer mit Gleichaltrigen kommunizieren, als Profis.

Gerne würde ich aber auch Wissenschaftler sehen, die Stories aus Laboren verschicken oder von einer Exkursion berichten. Zusammen mit Zeichnungen und Texten, bin ich mir sicher, dass auch wissenschaftliche Inhalte über Snapchat gut erklärbar sind. Und ja, man kann etwas schummeln, die Stories runterladen und auf YouTube wieder hochladen. Daher kann ich einige Beispiele aus der Wissenschaftskommunikation zeigen: Ein Besuch auf der MS Wissenschaft, ein Rundgang über das Europäisches Hansemuseum in Lübeck und eine Story über Citizen Science.

YouTube ist alles andere als neu, aber viele sehen noch nicht, dass YouTube nicht nur eine Video-Plattform, sondern ein soziales Netzwerk ist, sogar das meistgenutzte in Deutschland. User folgen, liken, kommentieren Videos und Kanäle, sie produzieren selber Inhalte, reagieren mit Videos auf Videos usw. Außerdem entstehen in keinem Netzwerk so viele usergenerierte Inhalte (etwa 400 Stunden Videomaterial pro Minute ), was YouTube auch für passive Nutzer so interessant macht.

Den Erfolg guter Kanäle machen besonders eine direkte Ansprache und eine aktive Kommunikation aus, und weniger teuer produzierte, glatte Imagefilme.

Unter den Videos von den Wissenschafts- und Nachhilfekanälen SimpleClub beispielsweise stellen die Nutzer Fragen, diskutieren miteinander und erzählen, wie sie dank der Videos ihr Abitur bestanden haben. Und die Jungs von SimpleClub antworten, diskutieren mit und beglückwünschen zum Abitur.

Die Plattformen sollten also nicht nur als weiterer Informationskanal genutzt werden. Ihren besonderen Reiz (und Mehrwert) erhalten sie dadurch, dass man die Mechanismen und Eigenarten der jeweiligen Kanäle erkennt und für sich einsetzen kann, um sich so in einer neuen Form dem Dialog mit den Usern zu stellen.


0 Kommentare

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben