Logo Wissenschaft im Dialog Wissenschaft im Dialog

Zurück zu „Blog“ Qrss

Weltall trifft auf Tiefsee - Die Showdebatte als Format der Wisskomm

09. November 2023

  • Erstellt von Kristin Küter und Alena Weil
  • 0
  • WiD-Labor
Der Säulensaal in der Leopoldina, Blick von oben Richtung Bühne. Auf der Bühne steht eine Frau und hält einen Vortrag. Hinter ihr sitzen sechs weitere Personen (fünf Wissenschaftler*innen und eine Moderatorin) Array

Gute Stimmung im voll besetzten Säulensaal der Leopoldina in Halle: Die große Showdebatte "Weltall vs. Tiefsee" auf dem Silbersalz Festival startet mit einem leidenschaftlichen Pitch der Tiefseeforscherin Antje Boetius.

Die Showdebatte verspricht unterhaltsame Wissenschaftskommunikation und Spaß für die ganze Familie. Wir haben das Format im Projekt Wissenschaft kontrovers ausprobiert - und Expert*innen für Weltall und Tiefsee zum Battle eingeladen. 

“Wenn Astronauten ein bisschen extra Zeit haben, dann gehen sie dahin, wo das große Abenteuer ist, nämlich in die Tiefsee!” - mit der ersten Präsentation von Antje Boetius, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts, ist die Stimmung in der Showdebatte “Tiefsee vs. Weltall” bereits gesetzt. Ihr Plädoyer für die Tiefsee bildet den leidenschaftlichen Auftakt für das Battle der Disziplinen. Das Publikum lässt sich mitreißen, klatscht und jubelt angesichts Boetius’ kämpferischer Haltung. 

Das Format soll einen spielerischen Wettkampf zwischen zwei Forschungsdisziplinen simulieren. Ziel ist es, wissenschaftliche Themen anschaulich zu vermitteln und für diverse Zielgruppen zugänglich zu machen. Vertreter*innen der Disziplinen treten in zwei Teams gegeneinander an und kämpfen um die Gunst des Publikums. Die Showdebatte zwischen Tiefsee und Weltall fand beim Silbersalz Festival in Halle (Saale) statt, in Kooperation mit Wissenschaft kontrovers und im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2023 - Unser Universum.

Im Wettstreit um die Gunst des Publikums

In kurzen Präsentationen von maximal sechs Minuten, sogenannten Pitches, versuchen die Expert*innen die Zuschauenden von ihrem Forschungsbereich zu überzeugen. Dafür sind (fast) alle Mittel erlaubt: So wird Astronaut Matthias Maurer etwa zum Abschluss seines Pitches philosophisch: “Wir alle sind aus Sternenstaub entstanden - und somit ist eine Reise ins All auch immer eine Reise zu uns selbst.” Walforscherin Helena Herr hingegen punktet beim Publikum mit Aufnahmen von Walgesängen und beeindruckenden Fakten zu den Säugetieren. Das sei das erste Mal, dass sie Menschen überzeugen müsse, dass Walforschung toll ist, sagt Herr. “Das ist eigentlich ein Selbstgänger.”

Für einen spontanen Schlagabtausch zwischen den Teams fordert Moderatorin Clarissa Corrêa da Silva die Teams zwischendurch immer wieder auf, sich auch gegenseitig Fragen zu stellen. Das Team Tiefsee greift dabei gleich zu den ganz großen Themen: Gibt es Zeichen von Leben im Weltall? Die Frage sei nicht, ob es sie gibt, sondern wann wir es finden, entgegnet Matthias Maurer. Durch die Zwischenfragen wird das Format aufgebrochen und ein lockerer Austausch zwischen den Teams möglich. Der Wettkampfcharakter bleibt bestehen, wenn die Kontrahent*innen sich gegenseitig befragen - teils mit echtem Interesse, teils mit kritischem Unterton oder auch augenzwinkernden Forderungen. So weist das Team Tiefsee darauf hin, dass Wale einst für die Raumfahrt ausgebeutet und als Raketenschmiermittel eingesetzt wurden. "Ihr schuldet uns also was!", sagt Boetius in Richtung Team Weltall.

Nachdem alle Expert*innen ihre Plädoyers für die jeweilige Disziplin beendet haben, ist im zweiten Teil der Debatte das Publikum aufgefordert, Fragen an die Teams zu stellen. “Wieso altert man auf der ISS und im Weltraum schneller?”, möchte ein junger Zuschauer wissen. ESA-Astronaut Maurer erklärt, dass es hierzu noch viele offene Fragen in der Forschung gibt. Das Team Tiefsee nutzt die Gelegenheit für einen - nicht ganz ernst gemeinten - Konter: “In der Tiefsee wird man immer jünger beim Forschen!” 

Ein Wisskomm-Format für die ganze Familie 

Situationen wie diese sorgen für gute Stimmung im Publikum. So beweist die Showdebatte, wie unterhaltsam Wissenschaftskommunikation sein kann. Kurzweilig und niedrigschwellig vermittelt das Format den Zuschauenden neueste Forschungsergebnisse und -methoden. Durch den inszenierten Wettbewerb und den Ablauf der Veranstaltung werden die Wissenschaftler*innen motiviert, ihre Arbeit anschaulich, verständlich und humorvoll zu präsentieren. Wissenschaftskommunikation gewinnt so eine gewisse Leichtigkeit. Der Wettkampfcharakter fördert zudem die Sympathie und Identifikation des Publikums mit den Expert*innen. Auf diese Weise kann das Format Neugier für verschiedenste wissenschaftliche Themen wecken. Darüber hinaus kann durch den spielerischen Ansatz ein diverses Publikum erreicht werden. Wenn man Termin, Ort und Uhrzeit gut wählt, werden auch Kinder, Familien und Menschen ohne akademischen Hintergrund angesprochen. 

Blick auf die Bühne bei der Showdebatte auf dem Silbersalz Festival. Teams von jeweils drei Wissenschaftler*innen sitzen sich an zwei Tischen gegenüber und lachen. Mit auf der Bühne steht die Moderatorin.
Gute Laune trotz Konkurrenzkampf: Die beteiligten Expert*innen haben sichtlich Spaß am Format.

Nicht nur das Publikum hat Spaß am Schlagabtausch: Auch die Expert*innen genießen den Wettkampf. Ihre Motivation und Vorfreude war schon in der Vorbereitung der Veranstaltung zu spüren. Das zeigt auch: Die Wahl der teilnehmenden Expert*innen ist maßgeblich für den Erfolg des Events. Wie engagiert sind sie? Lassen sie sich auf das Format ein? Können sie ihre Forschung anschaulich, pointiert und humorvoll darstellen? Bei der Planung einer Showdebatte empfiehlt es sich also, viel Zeit in die Auswahl der Expert*innen zu investieren und diese vorab gut zu briefen. Von Vorteil kann es zudem sein, wenn die Forschenden sich bereits vor dem Battle kennen und so als eingespieltes Team auftreten können. Eine weitere Einschränkung liegt im Thema: Nicht jedes Forschungsthema eignet sich für ein solches Battle, manche Bereiche sind möglicherweise zu abstrakt, wenig bildgewaltig oder lassen sich nicht gut gegenüberstellen. Bei der Silbersalz-Debatte treffen zwei Forschungsbereiche aufeinander, die ohnehin viel Faszination ausüben, sich gut darstellen lassen und darüber hinaus viele thematische Überschneidungen bieten. 

Die Zeit im Säulensaal der Leopoldina in Halle verfliegt förmlich und ehe man sich versieht, ist die 90-minütige Showdebatte vorbei. Zum Abschluss darf das Publikum per Applaus abstimmen, welches Team am meisten überzeugt hat. Die Entscheidung ist knapp - und so erklärt Moderatorin da Silva kurzerhand beide Teams zu Gewinner*innen. Denn aller Konkurrenz zum Trotz kann die Showdebatte auch viele Gemeinsamkeiten der Disziplinen aufzeigen. Etwa wenn es um die Frage geht: Wie entsteht Leben? Hier gebe es viel gemeinsame Forschung, sagte Antje Boetius. Astronaut Matthias Maurer betont: “Wissenschaft geht immer Hand in Hand miteinander. Und deshalb ist es immer: All UND Meer - und alles was dazu gehört.”

Die ganze Debatte gibt es zum Nachschauen als Stream vom MDR in der ARD Mediathek. 

 

Showdebatte: Weltall vs. Tiefsee - Wo wartet die nächste große Entdeckung?
Am 28. Oktober 2023 in der Leopoldina in Halle (Saale) im Rahmen des Silbersalz Science & Media Festivals 

Für das Team Weltall waren dabei: Dr. Matthias Maurer, Astronaut, ESA; Volker Schmid, Raumfahrttechniker, DLR; Prof. Dr. Lena Noack, Planetare Geodynamik, Planetologie und Fernerkundung, FU Berlin

Für das Team Tiefsee waren dabei: Prof. Dr. Antje Boetius, Meeresbiologin, Direktorin AWI; Prof. Dr. Colin Devey, Geologe, Dynamik des Ozeanbodens, GEOMAR; Dr. Helena Herr, Walforscherin, Marine Ökosystem- und Fischereiwissenschaften, Universität Hamburg


0 Kommentare

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben