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„Wir müssen Wissenschaftskommunikation multiperspektivischer gestalten“

23. März 2021

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Foto von Josef Zens. Er leitet die Öffentlichkeitsarbeit am Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ). Array

Josef Zens leitet die Öffentlichkeitsarbeit am Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ). Foto: GFZ

 

„Auf den Punkt gebracht“ – unter diesem Motto rückt das Forum Wissenschaftskommunikation 2021 das Zusammenspiel von Wissenschaftskommunikation und Sprache in den Fokus. Was steckt hinter dem Schwerpunktthema? Wir haben bei den Mitgliedern des Programmbeirats nachgefragt. Josef Zens leitet die Öffentlichkeitsarbeit am Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ). Mit ihm haben wir über inklusive Sprache, Framing und multiperspektivische Wissenschaftskommunikation gesprochen.

Das diesjährige Form Wissenschaftskommunikation hat den Schwerpunkt „Auf den Punkt gebracht – Wissenschaftskommunikation und Sprache“. Warum ist das Thema relevant?

Sprache ist in vielerlei Hinsicht ein relevantes Thema. Zum einen kann Sprache inklusiv sein, aber auch exkludieren. Denn Sprache vermittelt Realitäten oder auch Scheinrealitäten. Das zeigt sich beispielsweise, wenn man Kinder danach fragt, jemanden aus der Wissenschaft zu zeichnen. Häufig malen sie einen Einstein-Verschnitt, also einen alten, weißen Mann mit Kittel und Bart, und eben keine junge Frau aus dem Ausland, die auch im Labor arbeitet.

Sowohl die vermittelte Realität als auch die angesprochene Zielgruppe hängt aus meiner Sicht unmittelbar mit Sprache zusammen. Je nach Kommunikation kann es auch sein, dass sich Teile der Bevölkerung gar nicht wirklich angesprochen fühlen. Sie denken dann womöglich ‘Wissenschaft ist mir zu hoch, das werde ich nicht verstehen’.

Sie sprechen davon, dass Sprache inklusiv wirken kann. Wie gestalten wir Wissenschaftskommunikation inklusiver?

Aus meiner Sicht schaffen wir das, indem wir Wissenschaftskommunikation multiperspektivischer gestalten. Ich möchte das an einem Beispiel erklären. Ich hatte einmal eine Diskussion mit radikalen Tierversuchs-Gegner*innen, die vor meinem damaligen Institut protestiert haben. Wir haben sie zu uns in den Hörsaal eingeladen. Und dort saßen dann nicht die alten, weißbekittelten Laborleiter*innen, sondern Tierpfleger*innen und Doktorand*innen.

In der Diskussion kam der Vorwurf ‘Ihr macht doch diese Forschung nur wegen des Geldes’. Daraufhin ist eine junge Frau aus der Wissenschaft wütend aufgesprungen und antwortete ‘Geld? Ich habe hier eine halbe Stelle und arbeite 60 Stunden in der Woche. Ich möchte diesen verdammten Krebs besiegen’. Das ist eine Perspektive, die ich als Kommunikator überhaupt nicht einbringen kann. Diese Wut der Doktorandin ist viel authentischer und wirkungsvoller als zu sagen ‘Schauen Sie sich doch mal die Statistiken zum Thema an’.

Multiperspektivisch heißt in diesem Fall, dass ich die Leute mit der Realität in den Laboren konfrontiere und damit auch mit Menschen in Kontakt bringe, die sie auf ihre Art und Weise ansprechen.

Sprache kann nicht nur inklusiv sein, sondern auch Menschen ausschließen oder beeinflussen. Was muss man in Hinsicht auf Framing und auch Manipulationen beachten, wenn man Wissenschaft kommuniziert?

(zögert) Eine schwierige Frage. Aus meiner Sicht muss man sich darüber bewusst sein, wenn man kommuniziert, dass immer auch ein persönliches Wertesystem hinter den Arbeiten und der Kommunikation, auch der eigenen, steckt. Gerade wenn man Wissenschaft kommuniziert, die den Anspruch erhebt, objektiv oder neutral zu sein.

Ich sollte dabei immer bedenken, welche Reaktion ich mit meiner Kommunikation auslöse. Löse ich Hoffnungen aus? Löse ich Ängste aus? Verbinde ich als Wissenschaftler*in oder Kommunikator*in selbst Hoffnungen oder Ängste mit dem Thema? Gentechnik, Endlager, Gendiagnostik, da gibt es eine Reihe von Themen, die mit Ängsten oder Wertungen besetzt sind. Ist etwas gegen die Natur oder rein oder unrein: Das sind alles Wertungen, die – ob man will oder nicht – in der Wissenschaft und auch in der Kommunikation stattfinden.

 

Das diesjährige Forum Wissenschaftskommunikation findet vom 4. bis 6. Oktober 2021 in Hannover statt. Der Call for Proposals ist offen bis zum 26. März. 


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