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Wissenschaft für Kinder – in den Schulen und auf den Straßen

22. August 2019

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Foto: Clara Teich

Am 23. August organisiert „Wissenschaft für alle“ in Berlin-Spandau eine Forschungsrallye für Groß und Klein. Zuvor besucht das Team zwei Grundschulen an ihren Projekttagen, um mit den Kindern Wissenschaft zu machen – und Input für die Rallye zu sammeln.

Als Volontärin habe ich den Vorteil, viele unterschiedliche Sachen ausprobieren zu dürfen. Manchmal sogar gleich ein anderes Unternehmen. Ich arbeite für gewöhnlich für die Stiftung „Haus der kleinen Forscher“, im August hatte ich aber das Vergnügen, zwei Wochen bei Wissenschaft im Dialog in das Projekt „Wissenschaft für alle“ reinzuschnuppern. Wissenschaftskommunikation erreicht häufig Menschen, die sowieso Interesse an Wissenschaft haben. Warum einige Bevölkerungsgruppen gar nicht erreicht werden und wie man das ändern kann, damit beschäftigt sich dieses Projekt.

Was bald ansteht: Das Team von „Wissenschaft für alle“ organisiert am 23. August eine Forschungsrallye in einem Spandauer Kiez für Grundschulkinder und ihre Eltern. Viele Menschen, die hier in Falkenhagener Feld West leben, sind sozial stark benachteiligt. So lag 2017 die Arbeitslosenquote bei über 8 % (Berlin gesamt: 5 %) und 42 % der Bewohner*innen bezogen Transferleistungen (Berlin gesamt: 30 %). Bei der Forschungsrallye hofft das Team: Kinder bringen Freude und Interesse am Tüfteln und Entdecken mit – und wenn sie auch noch ihre Eltern mitbringen, können auch diese mit Wissenschaftskommunikation erreicht werden. So zumindest die Theorie.

Um die Rallye-Stationen für alle spannend zu gestalten, sucht das Team Input, na klar, bei den Kindern selbst. Es stehen Projekttage an zwei Spandauer Grundschulen an – und ich darf als Hospitantin diese Schulbesuche begleiten. Hier kommt die Wissenschaft direkt in den Unterricht: Forschende, Kommunikatorinnen und Kommunikatoren von verschiedenen Institutionen wie der FU Berlin, der Beuth Hochschule für Technik Berlin oder dem Museum für Kommunikation gestalten eine Doppelstunde mit spannenden Experimenten.

Leitet Honig Strom? Die Kinder finden es heraus. Foto: Clara Teich/WiD

Honig-Sensorik, Leuchtwürfel löten und Versuche zu Geräuschen und Akustik stehen auf dem Programm. Und die Kinder sind voll dabei. Sie probieren Honig, diskutieren über Farbe und Konsistenz und füllen konzentriert die Dokumentation dazu aus. Ich hätte mehr Finger in Honigtöpfen erwartet. Stattdessen lassen die Mädchen und Jungen sich von den Studentinnen und Studenten der FU Berlin durch den Versuch leiten und fragen auch interessiert nach, wenn sie etwas beschäftigt – zum Beispiel, was mit der Biene passiert, wenn sie sticht oder wieso die Waben sechseckig sind.

Beim Löten mit den Ingenieuren von der Beuth Hochschule sollen die Kinder in Zweierteams arbeiten. Ein Mädchen meldet sich, sie habe keinen Partner. Die Klassenlehrerin schickt einen Jungen zu ihr, der ebenfalls allein saß. Dem Gesichtsausdruck der beiden ist deutlich zu entnehmen, wie zufrieden sie damit sind. Nämlich – gar nicht! Sobald es an den Versuch geht, ist das vergessen. Wie auch die anderen Kinder im Raum arbeiten die beiden gemeinsam hoch konzentriert an ihren Würfeln, Differenzen scheint es nie gegeben zu haben. „Das ist ganz toll zu sehen! Wie gespannt und konzentriert die Kinder arbeiten. Und es erreicht Kinder, sie sonst keinen Kontakt zueinander haben,“ findet auch Nicole Kramming, die Lehrerin der Klasse.

Dieser Termin war jedoch nicht nur eine Premiere für die Klasse. Normalerweise führt Prof. Dr. Sven Tschirley von der Beuth Hochschule diesen Termin im Schülerlabor durch. Alle Sachen spontan in einem Klassenraum aufbauen ist auch für ihn und seine Kollegen eine neue Situation. Sein Fazit am Ende der Stunde, als die Schülerinnen und Schüler stolz ihre Würfel herumzeigen, fällt positiv aus: „Der Versuch ist ja schon lange erprobt. Und die Kinder haben gleich etwas mit Gebrauchswert, das kommt gut an.“

Experimente mit Akustik bringen einen Aspekt zwangsläufig mit: Es entstehen Geräusche. Und wenn viele Kinder in einem Klassenraum auf einmal Geräusche mit verschiedenen Gegenständen machen, wird es laut. Für mich ist es spannend zu beobachten, dass die Kinder zwar die Versuche nur teilweise so durchführen, wie es gedacht war und gleichzeitig viele Konflikte untereinander austragen, sie aber auch beginnen, ihren eigenen Fragen und Beobachtungen nachzugehen. Dem eigenen Herzschlag lauschen wird vielleicht schnell langweilig – aber wie klingt es eigentlich, wenn ich mit dem Trichter über meinen Pulli streife? Und können wir unsere Horch-Konstruktionen aus Schläuchen und Trichtern so verbinden, dass wir darüber kommunizieren können?

Foto: Clara Teich/WiD

Die Kinder haben wir also im Boot. Aber wo war hier eigentlich die Rallye? Der ursprüngliche Plan war, dass die Klassen mit dem Projektvormittag nicht nur Experimente erleben, sondern auch jeweils einen Rallye-Stand mitgestalten können. Das ist während der Versuche kein Thema. Und das ist auch nicht verwunderlich. Neunzig Minuten sind wenig Zeit, sie reichen hier gerade aus, damit die Kinder selbst löten, schmecken, hören können. Für eine tatsächliche Partizipation der Kinder müsste jetzt noch mehr Zeit zur Gestaltung sein. Zeit, um eigene Ideen zu entwickeln und umzusetzen, Gedanken weiterzuspinnen. Falls dieses Projekt erneut – vielleicht in anderen Stadtteilen? – durchgeführt wird, ist das eine wichtige Erkenntnis.

Dass die Rallye stattfinden wird und die Mädchen und Jungen dort gern mit ihren Eltern teilnehmen können, nehmen die Kinder jedoch sehr positiv auf. Schließlich wird es dort noch mehr spannende Experimente geben. Und die Eltern? Das werden wir dann vor Ort sehen.


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